Was bedeutet Muttersein jenseits des gängigen Rollenbildes und in einem nicht herkömmlichen Umfeld? Wer könnte dies besser beantworten als eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht und eine verantwortliche Position innehat: Mutter Hildegard Brehm ist Äbtissin der Zisterzienserinnenabtei Mariastern in Hohenweiler. Sie spricht über Ihre Aufgabe und was es bedeutet als Nonne auch Mutter zu sein.

Was bedeutet für Sie im alltäglichen Klosterleben Ihre Aufgabe als Mutter?

Ich empfinde es als inspirierend, als „Mutter Hildegard“angesprochen zu werden und nicht als Schwester Oberin. Muttersein beinhaltet für mich eine persönliche Beziehung, wie sie eine Mutter zu erwachsenen Töchtern hat. Liebe und Fürsorge sind gefragt, aber auch Freilassen und Ermutigung zu eigenem, selbstverantwortetem Leben und gegenseitiger Ergänzung.

Ist Muttersein in Ihrem klösterlichen Rahmen eher eine religiöse, spirituelle oder ganz praktische Aufgabenstellung?

Nach der Regel des heiligen Benedikt, an der wir uns ausrichten, ist „Mutter“ genau genommen das weibliche Pendant zu „Vater“. Und der „Vater“, der „Abt - Abbas“, das bedeutet das Wort nämlich, soll Christus gegenwärtig machen, der die innere Mitte unserer Gemeinschaften ist. Insofern ist der Titel „Mutter“ eine sehr schöne und zutiefst spirituelle Aufgabe, nämlich auf Christus zu verweisen. Aber natürlich ist das oft auch eine Überforderung. Da bin ich froh, dass wir alle, meine Mitschwestern und ich, in Gottes Erbarmen geborgen sind.

Was bedeutet das Dogma der „unbefleckten Empfängnis“ für Frauen und ihrem Selbstverständnis Mutter zu sein? Spielt dieses Dogma heute noch eine Rolle und hat es einen Einfluss auf junge Katholikinnen und ihr Umfeld?

Maria als die Unbefleckte ist für mich ein helles Gegenbild gegen alles Dunkle und Trübe in unserer Welt. Sie zeigt mir, wie einfach und schlicht die tiefste Berufung von uns allen als Christen ist: Christus zu empfangen, zu tragen und in die Welt zu bringen. Ich habe über meinem Bett eine Ikone von Maria als Christusträgerin hängen. Sie erinnert mich an diese Berufung. Ich beobachte, dass Maria als die Unbefleckte gerade für
junge Menschen ein sehr helles Ideal sein kann, wenn man sie in guter Weise damit vertraut macht. Sie ist dann in ihrem idealistischen Denken ein alternativer „Star“, dem sie nacheifern wollen, und das hilft ihnen, dass sie in eine gute Richtung unterwegs sind.

Muss eine Frau Mutter sein um als „wahre“ Frau akzeptiert zu werden? Aus religiöser und gerne Ihrer persönlichen Sicht.

Ich glaube, dass eine Frau nicht unbedingt Kinder haben muss, um Mutter zu sein. Und insofern würde ich es jeder Frau wünschen, ihre mütterliche Seite zu entwickeln, indem sie auf ihrem Platz Leben fördert, begleitet und behütet.

Wie sehen Sie die Rolle der heutigen Mütter? Was würden Sie diesen empfehlen, welchen Rat mit auf den Weg geben?
Mütter haben es heute nicht leicht, weil es kein allgemein gültiges Rollenbild mehr gibt. Ich würde ihnen sagen: Achten Sie auf die tiefste Sehnsucht Ihres Herzens, nichtauf gängige Rollenbilder, dann werden Sie herausfinden,wie Sie Mutter sein und durch Ihre Liebe Leben wecken und ihm zur Entfaltung verhelfen können.

 Äbtissin Mutter Hildegard