Was macht ein tunesischer König im 16. Jahrhundert in einer Stadt wie Innsbruck? Wer wurde vor dem Goldenen Dachl 1536 auf einem Scheiterhaufen als Ketzer verbrannt? Und was heißt hier "Grüss Göttin"? Man muss gar nicht weit reisen, um Interessantes zu entdecken - zum Beispiel bei den multireligiösen Spaziergängen in Innsbruck. Die "gehen" auch von zu Hause aus.

Ja, natürlich sind "echte" Spaziergänge schön - vor allem, wenn sie durch wunderbare Landschaften führen und man dabei vielleicht sogar noch etwas lernen kann. Aber manchmal darf oder muss es auch einer "von zu Hause aus" sein. Oder Sie kaufen sich  schnell ein Zugticket und unternehmen einen Tagesausflug nach Innsbruck. So oder so - die "multireligiöses Spaziergänge" laden zum Erkunden einer Stadt ein, die eigentlich ziemlich nah liegt und viel Interessantes verbirgt. Sogar für Einheimische.

Langer oder kurzer Spaziergang gefällig?

Zwei Routen führen online als Stadtspaziergänge durch Innsbruck. Eine rote, die für jene gedacht ist, die die Innsbruck schon gut kennen (oder zu kennen glauben) und Lust auf Neuentdeckungen haben, die zweite, blaue  Route haben Studierende für Gäste oder "Neu-InnsbruckerInnen" konzipiert. Sie führen an mehr oder weniger bekannten Orten religiösen Lebens und Ausdrucks - und das gleich mehrerer Religionen.

Der Scheiterhaufen beim Goldenen Dachl

Fast jeder kennt das Goldene Dachl, aber nur die Wenigsten nehmen bewusst auch die darunter angebrachte Tafel wahr: es handelt sich um eine Gedenktafel für Jakob Huter, der hier 1536 auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Als Prediger zog Huter durch das Pustertal und gründete dort kleine Gemeinden, die sich als frei und nur dem Evangelium verpflichtet verstanden. Die Obrigkeit fürchtete revolutionäre Umtriebe und so wurden er und andere Täufer verfolgt. Da er auch unter Folter nicht widerrief, wurde er 25. Februar 1536 hingerichtet.

Ein tunesischer König unterwegs

Katholische Kardinäle, Bischöfe und Herzoge - sie alle residierten laut Namenstafel an der Fassade Gasthof-Hotel Goldener Adler. Doch was machte Mulā-y Hasan, seines Zeichens tunesischer König im 16. Jahrhundert in einer Stadt wie Innsbruck? 1548 legte er hier einen Zwischenstopp auf seinem Weg von Tunis (im heutigen Tunesien) zum Reichstag zu Augsburg (1547/1548) ein, um sich dort mit Kaiser Karl V. zu treffen. Und deshalb steht auch er auf der Tafel.

Jesus - nackt und ohne Wunden

Ein nackter Christus- ohne Lendenschurz, Tuch und vor allem ohne Wunden erregte in den 1980er Jahren viel Ärger. Auf der zentralen Innsbrucker Innbrücke sollte das Kunstwerk des Tiroler Bildhauer Rudi Wach das alte Kreuz ersetzen, das bei einer Überschwemmungskatastrophe zerstört wurde. 21 Jahre durfte dieser Jesus am Kreuz nicht an seinem ursprünglichen Bestimmungsort stehen - seit 2007 ist dies nun wieder möglich.

Grüss Göttin!

Ebenfalls für große Diskussionen sorgte das Schild der Tiroler Künstlerin Ursula Beiler, das eins am Weg zur Autobahn stand. Und nicht, weil es groß und auffällig schwarz-weiß-pink gestaltet ist.  „GRÜSS GÖTTIN“ ist auf dem Schild zu lesen, das zum Nachdenken anregen, tradierte Gottesbilder hinterfragen und die „weibliche Seite Gottes“ zur Geltung bringen möchte.  Über 65 Mal wurde die Tafel schwarz besprüht, verändert oder zerstört - aber sie steht immer noch. Sauber und mahnend.

Interessiert? Wo man viele Marienbildnisse im Wald, Buddhisten als Graffiti oder Qigong im Hofgarten machen kann und welche Geschichten hinter den vielen Friedhöfen stecken,  finden, lesen und sehen Sie bei den multireligiösen Spaziergängen:

Hier geht's zu den multireligiösen Spaziergängen »

Fotocredit: Shadowgate / flickr.com (CC BY 2.0)