Keine Luft mehr bekommen. Tage-, wochenlang ans Bett gefesselt zu sein. Nicht zu wissen, was der morgige Tag bringt: all das hat Papst Franziskus erlebt. Nicht etwa, weil den 83-Jährigen das Coronavirus erwischt hätte (Gott bewahre!), sondern weil er als junger Mann in einer ganz ähnlichen Lage war, wie mancher Covid-Patient heuer.

In einem Buch, das Anfang Dezember in mehreren Sprachen erscheint (auf Deutsch unter dem Titel „Wage zu träumen!“), berichtet Franziskus auf ungewöhnlich persönliche Weise von einschneidenden Krisen in seinem Leben. Dazu gehört eine Lungeninfektion, die im Alter von 20 Jahren einen Kampf „auf Leben und Tod“ bedeutete: „Ich weiß aus Erfahrung, wie sich am Coronavirus Erkrankte fühlen, die an einem Beatmungsgerät um Luft ringen“, schreibt das Kirchenoberhaupt. Die langwierige Behandlung, in deren Verlauf ein Teil seines rechten Lungenflügels entfernt wurde, vor allem jedoch das beherzte Eingreifen von zwei Krankenpflegerinnen habe ihn gelehrt, was die Anwendung der Wissenschaft, aber auch Wagemut in der Therapie bedeute. Versuche, ihm in dieser Situation Trost zuzusprechen, nennt der Papst im Rückblick „leere Worte mit guten Absichten“. Nichts habe ihn damals so berührt wie eine frühere Lehrerin und Katechetin, die schweigend an seinem Krankenbett ausgehalten habe.

Fern der Heimat

Aber diese existenzielle Lage sei nicht die einzige Krise im Leben des Papstes gewesen: Seinen Studienaufenthalt 1986 in Deutschland schildert er als Erfahrung eines Exils. Er habe sich wie „ein Fisch auf dem Trockenen“ gefühlt und gelernt, was er an seiner Heimat vermisse; den Sieg Argentiniens gegen Deutschland bei der Fußball-Weltmeisterschaft in jenem Jahr habe er als „einsamen Sieg“ erlebt, in der „Einsamkeit des Nicht-Dazugehörens“.

Ähnlich einschneidend beschreibt er seine Versetzung nach Cordoba 1990. Als Grund nennt Franziskus seinen Leitungsstil als Ordensprovinzial der Jesuiten und als Rektor der Theologischen Fakultät von San Miguel. Der Aufenthalt in Cordoba über „ein Jahr, zehn Monate und dreizehn Tage“ sei für ihn „eine Art Quarantäne, eine Isolation“ gewesen. Dies habe ihm aus heutiger Sicht gut getan: „Es brachte mich dazu, Ideen reifen zu lassen: Ich schrieb und betete viel.“

Die Kraft des Gebets

Als Erträge dieser Zeit nennt Franziskus die Fähigkeit zu beten, bestandene Versuchungen und die Lektüre der 16-bändigen „Geschichte der Päpste“ von Ludwig von Pastor. „Mit diesem Impfstoff hat der Herr mich vorbereitet. Wenn man einmal diese Geschichte kennt, kann einen nicht mehr viel überraschen, was in der römischen Kurie und der Kirche heute passiert“, schreibt der Papst.

Die Zeit in Cordoba sei für ihn eine „echte Läuterung“ gewesen, bekennt Franziskus. Dort habe er „mehr Toleranz, Verständnis, Fähigkeit zu vergeben“ gewonnen, aber auch „ein neues Mitgefühl mit Schwachen und Schutzlosen“ und „Geduld, viel Geduld“.
Auszüge aus dem Buch sind Montag in den italienischen Zeitungen „La Repubblica“ und „La Stampa“ erschienen.

Quelle: kathpress.at / red