Der Vatikan hat ein eigenes Meldesystem für sexuellen Missbrauch für den Bereich seines Staatsgebiets und der Kurieneinrichtungen angekündigt. Das System solle bis Jahresende in Betrieb gehen und „öffentlich, dauerhaft und leicht zugänglich“ sein, wie die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ am Mittwoch meldete. Die Zuständigkeit erstreckt sich demnach auch auf Einrichtungen des Heiligen Stuhls außerhalb des vatikanischen Territoriums, beispielsweise Vatikanbotschaften.

Zum Referenten für den Schutz Minderjähriger wurde laut der Zeitung bereits im Juni der Sekretär der päpstlichen Kinderschutzkommission ernannt, der US-amerikanische Geistliche und Kirchenrechtler Robert Oliver. Mögliche Verdachtsmeldungen an ihn umfassen eine Gefährdung Minderjähriger oder Schutzbedürftiger, erfolgten Missbrauch in Zusammenhang mit pastoralen Aktivitäten und Versäumnisse von Amtspersonen.

Anzeige ist Pflicht

Wie der „Osservatore“ weiter berichtete, schickte Kardinalvikar Angelo Comastri ein Rundschreiben zum Verfahren bei Missbrauchsverdacht an sämtliche Leiter von Kurienbehörden und an die geistlichen Assistenten im Vatikan. Comastri ist Stellvertreter des Papstes für den kirchlichen Bereich im Vatikanstaat und laut den vatikanischen Kinderschutz-Leitlinien für die Verfolgung von Missbrauchsfällen verantwortlich.

Gemeinsam mit den Leitlinien, die sich auf den kirchlichen Bereich beziehen, erließ Papst Franziskus am 26. März auch entsprechende Anweisungen für den weltlichen Bereich im Vatikanstaat sowie für die römische Kurie, also die Leitungseinrichtungen der katholischen Kirche. Dabei gilt eine Anzeigepflicht für Straftaten, die auf dem Territorium des Vatikanstaats, von dort ansässigen Personen oder von Mitarbeitern der Kurie oder mit ihr verbundener Einrichtungen begangen wurden.

Kritik an Maßnahmen

Die im Nachgang des Missbrauchsgipfels vom Vatikan veröffentlichten Kirchenrechtsnormen („Motu proprio“) gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche waren kritisiert worden, weil beispielsweise keine Anzeigepflicht bei weltlichen Strafverfolgungsbehörden vorgesehen ist. Diese Einwände waren u. a. von Bischof Benno Elbs als Leiter der Arbeitsgruppe für Opferschutz der österreichischen Bischofskonferenz zurückgewiesen worden. Der Schutz der Opfer habe oberste Priorität, erklärte er. Weil die Gefahr bestünde, dass ein verpflichtendes Strafrechtsverfahren manche/n retraumatisieren könnte, dürfe es keinesfalls gegen den ausdrücklichen Willen eines Opfers durchgesetzt werden.

In Österreich sind Ombudsstellen bereits seit Jahren aktiv. Mehr dazu »

Quelle: kathpress.at / red