Mancher historischer Moment kommt kaum merklich daher. Wie der Auftakt zum weltumspannenden synodalen Prozess in der Katholischen Kirche, der in diesen Tagen beginnt. Angelegt ist er auf zwei Jahre.

In dieser Zeit ist ein gutes halbes Jahr für Beratungen auf Ebene der Diözesen in aller Welt vorgesehen, ein weiteres Halbjahr für die kontinentale Ebene sowie entsprechende Auswertungen. Im Oktober 2023 werden die Erkenntnisse zur Vollversammlung der Bischofssynode in Rom zusammengetragen. Alles mit dem Ziel, möglichst viele zu beteiligen. „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe, Sendung“, so der Titel des Unterfangens, das weltweit das synodale Selbstverständnis der katholischen Kirche stärken und regional wie international wichtige Zukunftsthemen erarbeiten soll.

Ein Prozess für alle

Den offiziellen Startschuss zur Weltsynode gibt Papst Franziskus am kommenden Sonntag (10. Oktober) mit einer Messe im Petersdom. Eine Woche später soll weltweit jeder Bischof in seiner Diözese den lokalen Auftakt machen. Bereits am Samstagvormittag (9. Oktober) sind in der Synodenaula im Vatikan eine Feier und ein Workshop geplant. Neben dem Papst, Kardinal Jean-Claude Hollerich als Moderator der Synodenversammlung im Oktober 2023, äußern sich Gläubige aus verschiedenen Erdteilen. Auch Kardinal Christoph Schönborn, der dem vatikanischen Synodenrat angehört, reist zum Auftakt-Wochenende nach Rom.

In Österreich haben bereits mehrere Diözesen für den 17. Oktober zu Auftaktveranstaltungen und Gottesdiensten eingeladen. Auch erste Details der auf Diözesanebene stattfindenden ersten Phase des synodalen Prozesses werden bekannt. So startet die Kärntner Diözese Gurk-Klagenfurt mit Gesprächsrunden in zwölf Pfarren. In der Diözese Graz-Seckau setzt man unter anderem auf eine Befragung, an der man sich auch online per Fragebogen beteiligen wird können. Die gesammelten Anliegen sollen 2022 in einer diözesanen Versammlung beraten werden. Andere Diözesen wie beispielsweise Linz und Wien befinden sich schon länger in synodalen Prozessen und werden die Erfahrungen damit im Blick auf die Weltbischofssynode evaluieren.

Herausfordernd

Die Initiativen stehen neben organisatorischen Herausforderungen – wenig Zeit, personelle Ressourcen und Pandemie – vor einer doppelten Schwierigkeit. Erstens: Wie motiviert man Menschen, die entweder überarbeitet sind, desillusioniert, desinteressiert oder argwöhnisch? Zum zweiten stoßen sehr unterschiedliche Herangehensweisen aufeinander.

Was dabei eine Synode ausmacht, ist weniger klar zu sagen als was sie nicht ist: kein Parlament und mehr als bloße Mehrheitsentscheidungen. Der Heilige Geist setze auf Harmonie und Übereinstimmung, so Kardinal Grech bei der Präsentation der Vorbereitungsdokumente Anfang September. Er hoffe, „dass wir eines Tages viel weniger von Stimmrechten, Abstimmungen und Mehrheitsverhältnissen abhängen“.

An Äußerungen wie diesen zeigt sich die Ambivalenz des Projekts Weltsynode: Versinkt es in hehren Wünschen und theologischen Phrasen oder ermöglicht es tatsächlich eine bessere Umgangskultur in der Kirche? Die bestünde darin, mehr aufeinander zu hören, besonders auf jene, die sonst kaum zu Wort kommen. Gefragt sind Konsens statt Mehrheitsentscheidungen, Gebet, Beratung, Bibellesung, geistliche Unterscheidung, wie der Papst nicht müde wird zu betonen.

Wie es gelingen kann

Die zugrundeliegende Leitfrage für den synodalen Prozess ist komplex: Wie gestaltet man heute, auf verschiedenen kirchlichen Ebenen „jenes 'gemeinsame Gehen', das es der Kirche erlaubt, gemäß der ihr anvertrauten Sendung das Evangelium zu verkünden?“ Dazu hat das Generalsekretariat der Bischofssynode ein Vorbereitungsdokument sowie einen Leitfaden veröffentlicht; beide überschneiden sich inhaltlich. Sie bieten Zeitpläne, theologisch-biblische Grundlagen, methodische Hinweise und thematische Impulse. „Als Hilfe, nicht Vorgabe“, wie es aus dem Synodensekretariat heißt. In Rom setzt man diesmal sehr auf Eigeninitiative und Kreativität. Laut Papst Franziskus geht es beim synodalen Prozess der katholischen Weltkirche zunächst eher um einen neuen Stil kirchlichen Lebens als um konkrete inhaltliche Themen.

Ob das gelingt, wird sich in den kommenden Monaten zunächst in den Diözesen der Weltkirche zeigen. Auf „maximal zehn Seiten“, wie im vatikanischen Synoden-Leitfaden betont wird, sollen diese bis zum Frühjahr die Ergebnisse ihrer Überlegungen zusammenfassen. Die Ergebnisse dieser ersten Phase werden dann in den einzelnen Bischofskonferenzen zusammengeführt und an das Synodensekretariat in Rom übermittelt, wo ein erstes Arbeitspapier für den weiteren Verlauf der Weltsynode zusammengestellt wird.

Offizielle deutschsprachige Übersetzung der Vorbereitungsdokumente für die Weltsynode abrufbar unter www.synod.va

Quelle: kathpress.at / red