Wiener Caritasdirektor appelliert im "Kurier"-Interview an die Bevölkerung, ebenso großzügig zu helfen wie im Fall Haitis

Wien-Islamabad (KAP) Einen Appell, jetzt nicht auf die Millionen notleidenden Kinder, Frauen und Männer in Pakistan zu "vergessen", hat der Wiener Caritasdirektor Msgr. Michael Landau an die österreichische Bevölkerung gerichtet. Durch die schwierige politische Lage in Pakistan sei die internationale Hilfe umso wichtiger, sagte Landau am Dienstag in einem "Kurier"-Interview: "Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen und wegsehen und die Menschen in Pakistan im Stich lassen." Die Österreicher hätten heuer bereits nach dem Erdbeben in Haiti "ein großartiges Zeichen der Solidarität und Mitmenschlichkeit gesetzt" und sollten dies jetzt auch in diesem Fall tun, so die Bitte Landaus.

Nach aktuell vorliegenden Informationen handelt es sich beim Hochwasser in Pakistan "um eine der ganz großen Katastrophen der vergangenen Jahre", hebt der Caritas-Direktor hervor. Die Spendengelder verwendet das internationale Caritas-Netzwerk in der jetzigen ersten Phase der Katastrophe für Sofort- und Nothilfe. 28.000 Familien werden mit Lebensmitteln, Trinkwasser bzw. Wasserreinigungstabletten und Hygieneartikeln versorgt. Die derzeitige Hauptsorge ist laut Landau: "So paradox das klingen mag, Wasser, das die Katastrophe ausgelöst hat, wird jetzt zum entscheidenden Faktor. Denn sauberes Trinkwasser ist jetzt Mangelware."

Die Caritas Österreich habe seit Montagnachmittag mit Thomas Preindl einen Logistikexperten im Katastrophengebiet. Nach den enormen Zerstörungen von Straßen, Brücken und der Überschwemmung ganzer Landstriche ist es laut Landau eine große Herausforderung, die Opfer so schnell wie möglich mit Nothilfepaketen zu erreichen. "Angesichts der enormen Seuchengefahr ist es ein Wettlauf mit der Zeit", erklärte der Wiener Caritasdirektor. "Unsere Leute schauen, dass die Hilfslieferungen so nahe wie möglich zu den betroffenen Menschen kommen. Tatsache ist in Pakistan, dass die letzten Kilometer oft nur noch mit Eseln oder zu Fuß zu bewältigen sind."

Die Caritas gehe nach einem eigenen Stufenplan vor, "der dem Spender die Sicherheit gibt, dass das Geld direkt bei den Hilfsbedürftigen ankommt". Man stütze sich auf verlässliche lokale Partnern, aber auch auf Caritas-Mitarbeiter aus Österreich vor Ort. "Alle Abrechnungen werden auf Punkt und Beistrich kontrolliert und von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft", wies Landau auf das Caritas-Sicherheitsnetz gegen missbräuchliche Verwendung von Spendengeldern hin.

Caritas-Einsatz im Taliban-Gebiet

Caritas-Fachmann Preindl sprach in einem "Österreich"-Interview von der "größten Flut, die dieses Land jemals betroffen hat". Die Caritas-Hilfe konzentriere sich derzeit auf das Swat-Tal, wo es vor zwei Wochen die erste Flutwelle gab. Das Tal liege im Einflussbereich der Taliban, der Einsatz dort sei gefährlich, so Preindl. "Die Lage der Menschen ist aber so verzweifelt. Es muss einfach geholfen werden."

Von einem "Wettlauf gegen den Dauerregen" spricht Caritas-Katastrophenhelferin Monika Kalcsics, die am Mittwoch ins pakistanische Überschwemmungsgebiet aufbricht. "Ein großes Problem der Katastrophe in Pakistan ist, dass ein Ende nicht absehbar ist. Wir wissen nicht, wann der Regen aufhört", erklärte Kalcsics im Gespräch mit "Kathpress" am Dienstag. "Während es im Norden weiterregnet, dehnt sich das Katastrophengebiet nun auch in die landwirtschaftlich bedeutenden südwestlichen Provinzen Belutschistan und Sindh aus. Der Südwesten gilt als die Kornkammer des Landes", hob die gebürtige Grazerin hervor, die ab kommenden Donnerstag wie der bereits vor Ort befindliche Tiroler Thomas Preindl das internationale Caritas-Team bei den Hilfsmaßnahmen unterstützen wird.

Im Norden seien viele Gebiete schon erreicht worden: "Hier geht es darum, dass die Menschen mit dem allernötigsten erreicht werden", so Kalcsics. Im gerade erst von der Flut getroffenen Südwesten gehe es erst einmal darum, "dass man überhaupt einmal schaut, was notwendig ist, damit die Menschen grundversorgt sind". In manchen Gegenden sei es nicht einmal möglich, für die Betroffenen ein Zeltlager einzurichten, weil es nicht genügend trockenen Boden gebe, berichtete die Caritas-Helferin: "Dann wohnen sie bei Familien, Bekannten, aber auch in vielen Kirchen sind Menschen untergebracht."

"Eine große Herausforderung bei der Katastrophe ist der noch immer teils sehr schwierige Zugang zu den Menschen", so Kalcsics. Vor allem im Norden seien Caritas-Mitarbeiter teilweise in Tagesmärschen in entlegene Dörfer vorgedrungen, um den Hilfsbedarf zu eruieren und Verteilungsplätze - etwa in Pfarren - festzulegen. In einem zweiten Schritt werden die Betroffenen dann informiert, wann und wo sie zu Hilfsgütern kommen. "Dort, wo man mit dem Lastwagen oder Pickup nicht mehr weiterkommt, werden die Hilfspakete zu Fuß oder per Esel weitertransportiert", informierte Kalcsics.

Laut einem Kollegen von der Caritas Pakistan funktionierten die Verteilungen sehr gut, manchmal würden die Menschen ungeduldig werden: "Die Leute kommen jetzt selbst drauf, dass die Krise wirklich eine Katastrophe ist und kein verstärkter Monsunregen", so Kalcsics: "Somit ist die Angst groß, denn nach dem Schock beginnen die Leute nun in die Zukunft zu schauen und erkennen, dass ihre Lebensgrundlage zerstört worden ist."

Salesianer "helfen, wo wir können"

Auch die Salesianer Don Boscos, die seit mehr als zehn Jahren mit Jugendsozialprojekten in Pakistan präsent sind, bitten um Unterstützung für die Hochwasseropfer. "Wir helfen, wo wir können", berichtete Salesianerpater Peter Zago, Projektpartner von "Jugend Eine Welt", der entwicklungspolitischen Jugendorganisation der Salesianer, in Pakistan: "Millionen Menschen leben unter freiem Himmel, ihnen ist nach der Katastrophe nichts geblieben. Sie müssen dringend mit dem Notwendigsten versorgt werden."

P. Zago arbeitet eng mit anderen Ordensgemeinschaften in Pakistan zusammen, gemeinsam organisieren sie Nothilfemaßnahmen für die Opfer. Er bittet die Österreicher eindringlich um Solidarität: "Bitte unterstützen Sie uns! Ihre Spende hilft Menschen in größter Not!"

Ruth Pfau: "Wachsende Verzweiflung"

Von "wachsender Verzweiflung" berichtet die deutsche katholische Ordensschwester und Lepraärztin Ruth Pfau aus Pakistan. "Das Elend der Menschen, die schon fast alles in den Fluten verloren haben, vergrößert sich noch weiter", so die Projektpartnerin des Aussätzigen-Hilfswerks Missio Austria, das die Sozialprojekte von Ruth Pfau mit 30.000 Euro unterstützt hat.

"Das Land versinkt im Elend, die Politiker kümmern sich noch immer um ihr eigenes Ansehen", berichtete die Wiener Sozialarbeiterin Claudia Villani, die derzeit als freiwillige Helferin bei Ruth Pfau im Einsatz ist. Die in Pakistan umtriebigen Taliban "nützen diese Not aus, um den Menschen zu sagen, diese Katastrophe sei eine Strafe Gottes, weil das Volk zu wenig auf sie höre", so Villani.

In den beiden Distrikten Charsadda und Nowshera nahe der Provinzhauptstadt Peshawar hätten mehr als 5.000 Familien bis auf ihr eigenes Leben fast alles verloren. Viele weitere Betroffene haben laut der Missio-Aussendung wenigstens einen Teil ihres Besitzes retten können. Die Helfer berichten von einem Mann, der sein Leben riskierte, um seine Büffel zu retten. Als die Soldaten, die die Menschen per Boot evakuierten, sich weigerten, auch die Tiere an Bord zu lassen, schickte er seine Familie allein los. Schwimmend erreichten der verzweifelte Mann und seine Büffel das Ufer: "Die Tiere gehören fast zur Familie, schließlich ernähren sie meine Kinder", habe er anschließend den Helfern gesagt.

Das Missio-Aussätzigen-Hilfswerk ruft zu Spenden auf, um die Not dieser Menschen schnell zu lindern und den Wiederaufbau nach der Flut unterstützen zu können. Mit mehr als 800 Mitarbeitern ist der Missio-Projektparner "Marie Adelaide Leprosy Centre" (MALC) am Ort vertreten.

Auch Diakonie im Krisengebiet

Auch die evangelische Diakonie Katastrophenhilfe hat eine umfassende Hilfsaktion gestartet und erreicht damit momentan etwa 60.000 Menschen in den am schwersten betroffenen Distrikten Nowshera, Charsadda und im Swat-Tal im Nordwesten des Landes. Diakonie-Mitarbeiter verteilen Nahrungsmittel, Zelte, Plastikplanen und Hygienesets an die Betroffenen, heißt es in einer Aussendung vom Dienstag. Ein Schwerpunkt sei die Trinkwasserversorgung: 25 mobile Wassertanks mit einem Fassungsvermögen von je 4.000 Liter seien bereits im Einsatz, 50 weitere sollen folgen.

Sobald die Wassermassen zurückgegangen sind, werde mit den Aufräumarbeiten begonnen. "Die Diakonie Katastrophenhilfe möchte sich auch stark beim Wiederaufbau engagieren, da die Menschen vor dem kommenden Winter in vernünftigen Unterkünften untergebracht werden müssen", hieß es. Die Diakonie habe seit fünf Jahren ein eigenes Projektbüro in Pakistan und sei auch im Verbund des globalen kirchlichen Netzwerks "ACT Alliance" (Action by Churches together) tätig.

 
Spenden

  • Caritas: PSK 7,700.004, BLZ 60.000, Kennwort "Hochwasser Pakistan"
  • "Jugend Eine Welt": PSK 92.083.767, BLZ 60.000, Kennwort "Flutkatastrophe Pakistan"
  • Missio-Aussätzigen-Hilfswerk: Kto. 11.111.114, Bankleitzahl: 58.000, Hypo Landesbank Vorarlberg Kennwort: Fluthilfe Pakistan
  • Diakonie Katastrophenhilfe: PSK 23.13.300, BLZ 60.000, Kennwort: "Pakistan"

(Quelle: Kathpress)