Papst Franziskus Grundsatzrede anlässlich des 60. Jahrestags der Unterzeichnung der Römischen Verträge – „Seht die Menschen, die hier leben; die Krisen sind auch Chance; der Gedanke Europa ist nach wie vor groß! – gibt es zwei weitere Bekenntnisse zu Europa seitens der katholischen Kirche.

Erfolgsprojekt Europa

Für Michael Weninger, Priester in Wien und Mitarbeiter des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, ist die Europäische Union trotz aller Probleme ein Erfolgsprojekt. Im Gespräch mit der Kirchenzeitung der Diözese St. Pölten stellte er klar, dass es weniger die proklamierten Krisen seien, die ursächlich sind für Missstimmungen, sondern eine „Mentalität einer überbordenden Gier“.

Dies beträfe sowohl die Wirtschaft, wo der Mensch oft bloß als Kostenfaktor in der Kalkulation auftauche und so nahezu zwangsläufig auf der Strecke bleibe – wie auch den Menschen selbst, sobald Konsum und Reichtum Lebenszweck würden. Die mit der Angst, im eigenen Leben Abstriche machen zu müssen, verbundenen Ressentiments gegenüber Flüchtlingen seien irrational, so Weninger: „Noch nie ist es uns so gut gegangen wie zur gegenwärtigen Zeit.“

Verantwortung für Geschichte, Gegenwart und Zukunft

Wie auch Papst Franziskus ruft der Diplomat dazu auf, sich immer wieder bewusst zu machen, dass Europa gegenwärtig die längste Friedensperiode seiner Geschichte erlebt – und dass dies nicht zuletzt Verdienst derer sei, die sich an Ende des zweiten Weltkriegs für die europäische Idee eingesetzt hätten. Diese Erinnerung schickt Weninger auch in Richtung christdemokratischer Politiker, die mitunter als erste jene Verantwortung vergäßen, die wir alle an der Gestaltung der Gegenwart und damit Geschichte der Zukunft trügen. Diese Verantwortung gründe schließlich auch in der christlichen Grundausrichtung Europas.

Information ist alles

Eine Möglichkeit, sich als Bürger einzubringen, sei es, sich seiner „Holschuld“ gegenüber der EU gewahr zu werden: Dort, wo seitens der Institutionen nicht ausreichend über Wert, Sinn, Erfolge und Zukunftschancen der europäischen Unternehmung aufgeklärt würde, müssten wir dies einfordern: „Nur kritisieren und EU-verdrossen sein, das ist die falsche Haltung“, meint Weninger. Menschen hätten nahezu grenzenlose mediale Möglichkeiten, sich über die wahren Zustände, im Schlechten wie im Guten, zu informieren.

Ein Feiertag für die EU

Eine Miniaturausgabe des von Weninger im Interview angeregten gesamteuropäischen Feiertags begeht seit gestern die Vollversammlung der EU-Bischofskommission COMECE in Brüssel. Im Mittelpunt des Treffens steht die Zukunft der Europäischen Union – konkret: die Vorbereitung des COMECE-Kongresses mit dem Titel „Re-thinking Europe“, der vom 27. bis 29. Oktober 2017 im Vatikan stattfindet.

In der COMECE (lat. Commissio Episcopatum Communitatis Europensis) sind die Bischofskonferenzen aller 28 EU-Mitgliedsländer vertreten. Nach Artikel 17 des Vertrags von Lissabon steht sie im regelmäßigen Austausch mit den EU-Institutionen und trägt zu Gesetzesvorschlägen bei. (kathpress/red)