100 Jahre Hermann Gmeiner, 210 Jahre Musikverein Alberschwende: Der Musikverein und SOS Kinderdorf feiern den großen Sohn Vorarlbergs beim 52. Bregenzerwälder Bezirksmusikfest in Alberschwende.

Wie kommt es, dass das SOS-Kinderdorf und ein Musikverein gemeinsame Sache machen? Nun, SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner stammt aus Alberschwende, ebenso der Musikverein. Am 23. Juni jährt sich Hermann Gmeiners Geburtstag zum 100. Mal, der Musikverein feiert heuer sein 210-jähriges Bestehen. Deshalb gibt es im Rahmen des großen Bregenzerwälder Bezirksmusikfestes, das von 27. bis 30. Juni  stattfindet und vom Musikverein Alberschwende durchgeführt wird, ein Jubiläumspreisjassen, dessen Teilerlös an das SOS-Kinderdorf fließt. Hermann Gmeiner soll übrigens selbst ein passionierter Jasser gewesen sein.

Um diese Zusammenarbeit vorzustellen und über den 100-Jahr-Jubilar zu informieren, luden SOS-Kinderdorf, der Musikverein und die Gemeinde Alberschwende zur gemeinsamen Pressekonferenz. Diese fand vor dem dunkelbraun geschindelten Hermann-Gmeiner-Geburtshaus im Ortsteil Tannen statt – und es war ein Hermann Gmeiner anwesend. Er ist ein Neffe des bekannten Onkels, ihm gehört das Geburtshaus und bis vor sieben Jahren wohnte seine Mutter – eine Schwägerin des Kinderdorf-Gründers – darin. Als der Junior ein Kind und Jugendlicher war, kam der Onkel zwei- bis dreimal pro Jahr zu Besuch, war immer sehr lieb zu dem Neffen und steckte ihm gerne mal ein Geschenk oder Geld zu. Bei Hermann Gmeiner Seniors Tod im Jahr 1986 war sein jüngerer Namensvetter 22 Jahre alt.

Not von Kindern kennengelernt

Hermann Gmeiner wurde am 23. Juni 1919 als fünftes von neun Kindern einer Bauernfamilie geboren. Nach der Volksschule besuchte er das Gymnasium in Feldkirch und wurde 1940 noch vor der Reifeprüfung zur deutschen Wehrmacht eingezogen. Als er vom Krieg zurückkehrte, holte er die Matura nach und begann 1946 in Innsbruck mit dem Medizinstudium. Kinderarzt wollte Hermann Gmeiner werden. Während der Studienjahre wirkte er in der Jugendarbeit mit und lernte die große Not vieler Kinder und Jugendlicher kennen, die nach dem Krieg niemand mehr hatten und auf sich allein gestellt waren.

Hermann Gmeiner wusste ganz genau, wie es ist, Halbwaise zu sein: Als er fünf Jahre alt war, starb seine Mutter. Von da an sorgte seine älteste Schwester Elsa für die Kinder. Sie lebte ihm vor, was später zum Kern seiner Idee wurde: die SOS-Kinderdorf-Mutter. Hermann Gmeiner wollte, dass Kinder, die nicht bei den Eltern aufwachsen konnten, nicht mehr in Heimen und Erziehungsanstalten untergebracht werden, sondern: Sie sollten im SOS-Kinderdorf ein neues Zuhause finden, wo sie mit einer SOS-Kinderdorf-Mutter und Geschwistern wie in einer Familie in der Dorfgemeinschaft heranwuchsen. Eine Idee, die sich weltweit bewährte, quer über alle Gesellschaften, Religionen und Kulturen hinweg. Heute wirkt SOS-Kinderdorf in 135 Ländern weltweit und betreut 600.000 in Not leidende Kinder, Jugendliche und Familien.

Ein Schilling im Montag von jedem

Vor 70 Jahren, am 25. April 1949, gründete Hermann Gmeiner in Innsbruck die „Societas Socialis“ und begann im selben Jahr mit dem Bau des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst. Da er von der öffentlichen Hand dazu keine Mittel erhalten hatte, wandte sich der Alberschwender direkt an die Bevölkerung und bat die Menschen um einen Schilling im Monat. „Gutes tun ist leicht, wenn viele helfen“ – davon war er überzeugt. Dank seiner charismatischen Persönlichkeit und Fähigkeit, Menschen zu begeistern, konnte er das nötige Geld immer wieder beschaffen.

Neben den beiden Jubiläen 100 Jahre Hermann Gmeiner und 70 Jahre SOS-Kinderdorf wird heuer auch dessen gedacht, dass das SOS-Kinderdorf seit 60 Jahren in Vorarlberg tätig ist. Der Schwerpunkt heute liegt in der Jugendarbeit. 40 Jugendliche werden in Wohngruppen der karitativen Organisation in Vorarlberg unterstützt und begleitet. Des weiteren bietet sie die Notrufnummer 147 „Rat auf Draht“ an, unter der Kinder, Jugendliche oder deren Bezugspersonen beraten werden. Die Themen spannen sich von Problemen mit dem Smartphone über Liebeskummer bis hin zu Gewalt in der Familie und Suizidgedanken.

Gemeinsam etwas bewegen

„Redet nicht, sondern macht etwas“ oder „Alles Große in dieser Welt entsteht dort, wo jemand mehr tut, als er muss“ sind bekannte Zitate von Hermann Gmeiner. Er sowie seine Mitstreiter/innen haben danach gelebt – und sich trotz manch rauem Gegenwind nicht unterkriegen lassen. Dies begeistert heute noch, meinte Wolfgang Katsch, Geschäftsleiter West des SOS-Kinderdorfes, bei der Pressekonferenz. Er unterstrich auch die Wichtigkeit des Zusammenhaltes: „Wenn man zusammenhält, kann man sehr viel erreichen“. In diesem Sinne freute er sich darüber, dass „die Alberschwender die Sache gemeinsam angehen und etwas bewegen“. Die beiden Abgeordneten des Musikvereins Alberschwende, Andreas Sutterlüti und Benjamin Bereuter, wiederum betonten, dass sie als Alberschwender Musikanten die Verpflichtung zu helfen verspüren. Beim viertätigen Musikfest, dessen Motto „Musig ischt Trumpf“ lautet, steht der Samstag – 29. Juni – im Zeichen des Preisjassens. Es kann aber schon seit Mai in Gasthäusern der Region oder privat gespielt werden. Vier Spieler bilden eine Liste, je Liste werden vier Euro an das SOS-Kinderdorf gespendet.

Quelle der Kraft und Inspiration

Von Seiten der Gemeinde Alberschwende war Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann bei der Pressekonferenz vertreten. Sie freute sich über diese schöne Geste der Zusammenarbeit von Musikverein und SOS-Kinderdorf und betonte, dass die Gemeinde sehr stolz auf ihren berühmten Sohn sei. Dieser ist für sie eine geistige Leitfigur geworden, vor allem bei der Arbeit zur Unterbringung und Integration von geflüchteten Menschen. Als die Bürgermeisterin im Jahr 2015 – dem Jahr, in dem die Gemeinde Alberschwende die Abschiebung von fünf syrischen Flüchtlingen nach Ungarn verhinderte – bei einer Sitzung auf ein Bildnis des Kinderdorf-Gründers blickte, spürte sie plötzlich: „Er will mir etwas sagen“. Ihr fiel sein Spruch ein „Man muss dort stehen, wo einen die Welt am notwendigsten braucht.“ Das gab ihr Kraft und Mut, sich für die Flüchtlinge einzusetzen. Dies zeigt: Hermann Gmeiner mit seinen Überzeugungen sowie Taten wirkt und inspiriert heute noch.