Kirche und Innovation passen zusammen wie, ja, wie eigentlich? Für viele Menschen gar nicht. Zwei Theologen zeigen Pfarrgemeinden, wie sie mehr Menschen erreichen könnten und warum sie häufiger über den eigenen Tellerrand blicken sollten.

Wie lautet das "Killerwort", wenn es um Veränderungen in Pfarrgemeinden geht? "Das war schon immer so." Zumindest, wenn man dem Wiener Pastoraltheologe Prof. Johann Pock Glauben schenkt. Dabei sollten Pfarren häufiger über den eigenen Tellerrand hinaus blicken, um sich anhand von "best practise"-Beispielen besser auf die Herausforderungen der Seelsorge in und nach der Corona-Pandemie einzustellen. Im Interview mit dem Salzburger "Rupertusblatt" erzählt er, worum es wirklich geht: mehr "Freiräume" zu schaffen und zu nutzen, über Aufgabenverteilungen in den Gemeinden nachzudenken, Jugendliche verstärkt einzubinden und von anderen Einrichtungen, Personen und Konfessionen zu lernen.

Aus der Krise und von anderen lernen

"Wer hätte vor einem Jahr etwa gedacht, wie viel an Seelsorge über das Internet möglich ist?" Lernen könne man außerdem etwa von der Ritualforschung, die aufzeige, wie wichtig den Menschen gerade in Krisenzeiten qualitätsvolle Rituale seien. Hier habe die Kirche einen "reichen Erfahrungsschatz", insbesondere an den Grenzen des Lebens. "Und genau da wurde es in der Pandemie notwendig, Neues zu entwickeln. Zum Teil mit Online-Angeboten, zum Teil mit 'Ritualen to go' - also mit Anleitungen, wie man selbst kleine Feiern gestaltet."

Kirche an neuen Orten

Kirche müsse daher ein "Bewusstsein einer 'Kirche an neuen Orten'" entwickeln und begreifen, dass Seelsorge und religiöses Leben nicht nur in den Pfarren stattfinde, sondern an allen Orten möglich sei, an denen Christen arbeiten und leben. "Es braucht ein Verständnis von Kirche, die mit zwei Lungen atmet: der Versammlung - aber auch der Sendung nach außen: Kirche ist kein Selbstzweck - sie steht im Dienst der Verkündigung", so Pock abschließend. Einer dieser "Orte" ist beispielsweise die Sommerkirche, die in Vorarlberg übrigens auch heuer ab Juni "live dabei" ist.

In eine ähnliche Richtung geht der Theologe Georg Plank, der Pfarrgemeinden dabei helfen möchte, offener zu werden und mehr Menschen zu erreichen. Deshalb gründete er 2014 das Projekt "Pastoralinnovation". Gemeinsam mit seinen MitarbeiterInnen berät er interessierte Pfarrgemeinden und gibt Feedback, was verbessert werden kann. Im Gespräch mit dem Religionspodcast "Wer glaubt, wird selig" erzählt Plank unter anderem, wie die Gastfreundschaft einer Pfarre verbessert werden kann und warum auch er in der durch Corona ausgelösten Digitalisierung in der Kirche eine große Chance sieht.

"Ihr seid Betonierer und eingefroren in der Vergangenheit"

Die Kirche müsse immer für Innovationen offen sein, so Plank: "Die Kirche würde nicht mehr existieren, wenn sie das nicht gelebt hätte." Jede Organisation habe bewahrende und erneuernde Elemente. Diese sollen sich zwar aneinander reiben und eine Spannung aufbauen, sich dabei aber immer als Geschwister verstehen. "Wenn man nur das Bewahrende stärkt, passiert das, was die katholische Kirche oft, vielleicht manchmal zu Unrecht, zu hören bekommt: 'Ihr seid Betonierer und eingefroren in der Vergangenheit.'"

Oder doch nur "flüchtig und zeitgeistig"

Wer hingegen nur das Neue betont, werde hingegen schnell "flüchtig und zeitgeistig". Die Kirche habe sich trotz des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) schwer getan mit der Entwicklung der säkularen Welt. "Davon, was sich in der Welt an Innovation abspielt, haben die meisten kirchlichen Führungskräfte wenig Ahnung." Hier gelte es schon in der Ausbildung für den kirchlichen Dienst anzusetzen, so Plank. Er betont weiter, dass der Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung beim Thema Gastfreundschaft der Pfarrgemeinden oft groß sei. Warum das so ist und wie das oft leicht zu begehen wäre, können Sie im Podcast nachhören.

Wer hören möchte, was Johann Pock sonst noch zu erzählen hat, sollte die Chance nutzen und beim österreichweiten Pfarrgemeinderats-Kongress mit vier Online-Foren dabei sein.  Anlass bieten die österreichweiten Pfarrgemeinderatswahlen, die im März 2022 stattfinden werden.  (red/kathpress/katholisch.at)