Harte und klare Worte fand der burgenländische Bischof Ägidius Zisfkovics anlässlich des Todes zahlreicher Flüchtlinge auf der A4. Die Ursachen dafür sieht der "Europabischof" auch in der "derzeitigen europäischen Untätigkeit", er spricht von einer "subtilen Form der Mittäterschaft".

Erschüttert hat der burgenländische Bischof Ägidius Zisfkovics auf den Fund auf der A4 reagiert. Er bete für die im Schlepperfahrzeug verstorbenen Menschen, "die auf der Suche nach einer besseren Zukunft Opfer skrupelloser Netzwerke und einer versagenden europäischen Politik geworden sind". Vorfälle wie jener auf der A4 seien schließlich erst durch die "derzeitige europäische Untätigkeit" möglich gemacht, die "eine subtile Form der Mittäterschaft sei", so Österreichs "Europabischof" in seiner Stellungnahme am Donnerstag. "Vieles, was wir heute in diesem Drama erleben, ist ein Auswuchs europäischer Politik", so Zsifkovics: "Das Maß ist voll!"

Durch derartige "untragbare" Vorfälle rücke "das Grauen der Flüchtlingstragödie zunehmend in die Lebenswirklichkeit Europas und seiner Länder", betonte der Bischof. "Erstickende und ertrinkende Kinder, Frauen und Männer sind nun keine Fernereignisse mehr, die von der Politik als 'Europa nichts angehend' abgetan werden könnten."

Als Bischof einer Diözese, die mit ihrem Flüchtlingsprogramm bereits "an die Grenzen ihrer humanitären Möglichkeiten geht", sehe er, "dass wir die seelischen Wunden der Menschen zwar versorgen und ihre Herzen mit einem Dach über dem Kopf ein wenig erwärmen können". Die "große Lösung dieser epochalen zivilisatorischen Herausforderung" müsse aber eine europäische Dimension haben, so Zsifkovics, der in der österreichischen Bischofskonferenz für die Europaagenden zuständig ist und Österreich in der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft COMECE vertritt.

Er forderte eine gesamteuropäische Strategie als Antwort auf die aktuelle Flüchtlingskatastrophe. Diese Strategie müsse auch seitens Österreichs Bundesregierung "mit viel mehr Entschiedenheit als bisher" von der EU eingefordert werden und könne weder das Zerstören von Schlepperbooten noch ein Festungsgedanke oder Mauerbau sein. Vielmehr müsse sich die EU "mit allen Aspekten der Tragödie, auch den Ursachen der Massenflucht, auseinandersetzen und eine nachhaltige Perspektive im Auge haben, die einzelne europäische Länder - wie Griechenland und Italien - nicht unverkraftbar mehr belastet als andere".

Längst habe Europa seine Unschuld verloren, so der Bischof weiter: "Der europäische Gedanke, ein Raum des Friedens, der Freiheit und des Rechts zu sein, wird pervertiert durch die humane Visionslosigkeit der europäischen Eliten."

Humanitäre Visa

Die Caritas fordert nach der Flüchtlingstragödie auf der burgenländischen A4 die Erteilung humanitärer Visa, die eine sichere Einreise in die EU ermöglichen. Denn klar sei: "Wer Schleppern das Handwerk legen will, muss für rasche, sichere Zugänge zu Asylverfahren Sorge tragen", betonte Caritas-Präsident Michael Landau in einer Aussendung am Donnerstag. Besonders für verletzliche Gruppen, wie Kinder und kranke Menschen, müsse ein sicherer Weg für die Einreise in die EU gelegt werden.

Gleichzeitig forderte Landau "verlässliche und ausreichende Hilfe" für die Nachbarländer Syriens, in die aktuell vier Millionen Menschen vor den "Schrecken des Bürgerkriegs geflohen sind". Die nicht ausreichende Unterstützung vor Ort zwinge die Flüchtlinge, ihre Flucht nach Europa fortzusetzen. "Jeder Tote ist eine Mahnung, zugleich gilt den Opfern und ihren Familien unser Mitgefühl. Das Sterben an den Grenzen und in Europa muss ein Ende haben."

Auf der A4 im Burgenland ist Donnerstagvormittag ein Schlepperfahrzeug mit toten Flüchtlingen entdeckt worden. Die Polizei gab die Zahl der Toten vorerst zwischen 20 und 50 an. Die Personen dürften laut Medien in dem LKW erstickt sein. Ein Mitarbeiter des Streckendienstes hatte die Beamten verständigt, weil der LKW bereits seit längerem auf dem Seitenstreifen stand. Die Polizisten nahmen bei dem Fahrzeug bereits Verwesungsgeruch wahr. Ob die Flüchtlinge schon während des Transports erstickten, ist vorerst ungeklärt; der Fahrer des Wagens ist flüchtig. Nähere Einzelheiten über die Hintergründe wurden vorerst nicht bekannt.