Wie kommt das Gute in die Welt? Und was können wir selbst dazu beitragen? Mit Fragen wie diesen beschäftigten sich ca. 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den verschiedenen Bereichen der Pastoral und des Religionsunterrichts vom 3.-4. September beim Herbstsymposion 2012 im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast, Götzis.

Der ökologische Fußabdruck, der Welterschöpfungstag und die Frage wie wir mit Ressourcen umgehen, sind nicht erst seit heute Thema unserer Gesellschaft. Bereits 2009 stellte der Biophysiker Stephan Klein in der Zeitung "Die Zeit" die Frage, wie das Gute in die Welt kommt. Was wir dazu beitragen können und wie ein glückliches Leben aussieht, war Thema des diesjährigen Herbstsymposions.

Ausdauer und Freundlichkeit
"Geschichten bewegen im Normalfall mehr als Argumente", begrüßt Pastoralamtsleiter Dr. Walter Schmolly die drei Personen, die ihre persönlichen Geschichten zu "Initiativen der Veränderung" erzählen werden. Hildegard Breiner beispielweise, engagiert sich seit über 40 Jahren für die Umwelt - und Anti-AKW-Bewegung. "Freundlichkeit öffnet Türen, die dem Fanatismus eher verschlossen bleiben", erklärt sie ihren Grundsatz - obwohl die Demonstrationen und das Auftreten ebenfalls wichtig seien. "Ausdauer ist die Macht der Ohnmächtigen" ist der andere Grundsatz. 

Exkurse in Politik und Wirtschaft
Mag. Gerald Fitz (Vorstand der Haberkorn GmbH, Wolfurt) sprach über nachhaltiges Handeln in einem Unternehmen und hielt dabei die wesentlichen Säulen  von „Nachhaltig Handeln“ des Unternehmens fest: wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern, bewusste Gestaltung von Sortiment und Services und ressourcenschonende Prozesse. "Wachstum im Wandel" als Thema in Politik und Verwaltung hatte die Geschichte von  Dr. Kriemhild Büchel-Kapeller vom Büro für Zukunftsfragen zum Inhalt. Dieses wolle Impulse für nachhaltige Zukunftsentwicklung im Sinne von enkeltauglicher Zukunftsentwicklung geben. "Es braucht ein Miteinander damit Beteiligung geschieht", hielt sie fest. Wohlstand sei nicht mit Wohlbefinden gleichzusetzen, weshalb der Wohlstand neu bewertet werden müsse.

Kirche - die älteste NGO
Die Gesellschaft braucht moralische Ethik mehr denn je, eröffnete Univ. Prof. Dr. Michael Rosenberger seinen Vortrag darüber, wer heute leidet und wo man nicht wegschauen darf. Glaube und Sitte sei das Kernthema der Kirche, die damit eine wichtige Aufgabe erfülle. Allerdings sei sie heute nicht mehr die einzige Institution, die dafür zuständig sei, weshalb es besonders wichtig ist, dass sie diskursfähig ist. Die Kirche verfüge über einen großen Erfahrungsschatz, denn sie sei "die größte NGO der Welt - und die älteste", so Rosenberger. 

Wo dürfen wir nicht wegschauen?
Über eine Milliarde Menschen hungern auf der Welt. Fünf Millionen Familien sind in Brasilien von Landlosigkeit betroffen, weil ihnen ihr Land durch Mechanismen der modernen Rechtssprechung genommen wurde. Obwohl Lebensmittel auf dem Land angebaut werden, gibt es paradoxerweise mehr Hungernde auf dem Land, als in den Städten. Land grabbing, Bürgerkriege und Unterdrückung stehen täglich "auf dem Plan". "Die großen Probleme der Menschheit lassen sich nicht ohne die Genderfrage lösen", hält Rosenberger fest. Er zeichnet die Linie der Unterdrückung nach: Arme, Frauen, Tiere. Regendwaldrodung und das Artensterben der Tiere (80% aller Tiere und Pflanzenarten sind bedroht) runden das düstere Bild, das Rosenberger zeichnet, ab.

Der barmherzige Samariter
Wie wichtig das "Sehen" ist, zeigte Rosenberger am Beispiel des barmherzigen Samariters, der nicht nur sah, sonder auch Mitleid hatte. Richtig zu sehen sei der erste Schritt um einem Problem zu begegnen. Man könne etwas wahrnehmen und trotzdem wegschauen oder verharmlosen. Eine Schule des Sehens sei ein wichtiger Schritt um die Dramatik zu erfassen, sie ernstzunehmen und Mitleid zu empfinden.

Machs wie Gott, sei barmherzig
Das Wort "Mitleid" lasse sich aus dem hebräsichen ableiten und bedeute "sich an die Nieren gehen lassen" bzw. auch es an sich ranzulassen. "Wir Christen sollten in eine Schule der Barmherzigkeit gehen", fasste Rosenberger zusammen. Die Logik des Lukasevangeliums sei schießlich "seid barmherzig". Der Vater symbolisiere im Gleichnis Gott, der Samariter "uns". Ergo: Machs wie Gott, sei barmherzig. Wichtig sei zudem zwischen Schuld und Geschick zu unterscheiden, denn nicht alles ist auf menschliche Schuld ruckführbar.

Rosenberger betonte zudem, dass es Unheil gibt, das nicht die Schuld von Individueen, sondern die Folge falschgestalteter Strukturen und Systeme sei. Die Terms of trade, also die Weltmärkte, stimmen nicht und müssen verändert , also anders reguliert, werden. Die Regulierungsmechanismen müssen hierfür genau angeschaut werden und Instrumente gefunden werden, um die Märkte umzugestalten.

Glücklich oder nicht
"Wir sind alle völlig unbelehrbar", erklärte dafür der Trainer und Dozent für Führen, Lernen und Persönlichkeitsentwicklung, Dr. Hubert Klingenberger bevor er in die Welt der Biografiearbeit einführte. Biografie sei die Lebensgeschichte, die aus Lebensgeschichte besteht und die nicht unbedingt immer der Wahrheit entspricht. Nicht zuletzt durch die erhöhte Lebenserwartung haben wir Gestaltungsräume gewonnen, aber damit eben auch Gestaltungspflichten. Die Frage: was ist ein gutes, geglücktes Leben steht dabei im Mittelpunkt - und glücklich heißt nicht nur ein erfolgreiches Leben im Sinne von Erfolg. Etwas im Leben zu leisten könne auch heißen etwas zuzulassen, durchzuhalten oder einfach nur loszulassen.