Zehn Jahre sind eine lange Zeit. In zehn Jahren wird aus einem Volksschulkind ein junger Erwachsener. Binnen zehn Jahren wächst ein Tannenbaumsetzling auf stattliche 3,64 Meter – wenn man ihn nicht vorher kappt. Und zehn Jahre im 21. Jahrhundert sollten genügen, um ein erdbebengeschütteltes Land wieder halbwegs aufzubauen. Sollten.

Am 12. Jänner 2010 erschütterte ein Beben der Stärke 7,0 den Inselstaat Haiti. 220.000 Menschen starben, 300.000 wurden verletzt und 1,5 Millionen verloren ihr Dach über dem Kopf. „Diese Naturkatastrophe forderte am meisten Menschenleben im bisherigen 21. Jahrhundert“, erklärt Robert M. Moosbrugger von der Caritas Auslandshilfe. „Das Beben hat eine völlig unvorbereitete und verarmte Bevölkerung getroffen und innerhalb von wenigen Minuten hunderttausende Menschleben ausgelöscht. In dieser apokalyptischen Situation war Haiti auf internationale Solidarität und Hilfsbereitschaft angewiesen.“

Schnelle Hilfe

Und diese Hilfe kam: Weltweit konnten humanitäre Organisationen wie Caritas und SOS-Kinderdorf dank der Unterstützung zahlreicher Spender/innen Soforthilfe leisten. So wurden rund 90.000 Menschen bzw. 18.000 Familien in den ersten Monaten durch die Caritas mit medizinischer Hilfe, Nahrung, sauberem Wasser, Küchen- und Hygienesets sowie in Zusammenarbeit mit lokalen Projektpartnern mit Material für Notunterkünfte versorgt. Kein Jahr nach dem Beben zogen die ersten Familien in erdbebensichere Häuser ein, die von der Caritas unter Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung gebaut worden waren.
500 alleinstehende Kinder brachten Helfer/innen ins – dank stabiler Bauweise nur leicht beschädigte – SOS-Kinderdorf Santo nahe der Hauptstadt Port-au-Prince. Dort, sowie in Croix-des-Bouquets und Demas wurden außerdem an über 100 Standorten Lebensmittel verteilt. Insgesamt konnten dank des SOS-Kinderdorfs in den ersten Monaten nach dem Beben rund 24.000 Kinder zweimal täglich mit Mahlzeiten versorgt werden. Nach der unmittelbaren Nothilfe konzentrierte sich die Arbeit auf die Zusammenführungen von Kindern mit ihren Eltern. „Es ist sehr schön, dass über 240 Buben und Mädchen, die in den SOS-Kinderdörfern unmittelbar nach dem Beben aufgenommen wurden, später zu ihren Familien zurückkehren konnten“, sagt Celigny Darius, Leiter des SOS-Kinderdorf Haiti.

Ungewisse Gegenwart

Das ist die eine, positive Seite. Die andere: „Leider ist Haiti eines der Länder auf unserem Planeten, in dem in den letzten Dekaden kein Fortschritt im Lebensstandard der Bevölkerung zu sehen ist“, weiß Moosbrugger von der Caritas.
Aktuell wird das Land vor allem in der Hauptstadt Port-au-Prince durch andauernde Proteste erschüttert. Schulen und Universitäten sind immer wieder geschlossen und das Geschäftsleben in den Städten wird durch brennende Barrikaden blockiert. Die Vereinten Nationen warnen, dass 3,7 Millionen Menschen dringend Lebensmittel benötigten. Marie Lona Beaubrun, SOS-Kinderdorf-Mutter in Les Cayes, erzählt, dass sie die derzeitige Situation stark an die Zeit nach dem Erdbeben erinnere: „Die Kinder können nicht zur Schule, Menschen können nicht zur Arbeit gehen, das Leben ist extrem schwierig geworden.“

Weiter helfen

Darum sei es wichtig, die Unterstützung aufrecht zu erhalten. „Ohne Hilfe von außen ist derzeit nicht absehbar wie eine positive Entwicklungsspirale in Gang kommen könnte. Die internationale Gemeinschaft darf Haiti nicht vergessen“, appelliert Moosbrugger. Wichtig sei vor allem, dass in Projekte für Kinder und Schuldbildung sowie in Projekte zur Katastrophenvorsorge investiert werde. „Wir hoffen auf eine baldige Lösung der aktuellen Krise, damit die Kinder in Haiti zur Normalität zurückkehren können“, sagt auch Darius.

  • Spendenkonto Caritas: Raiffeisenbank Feldkirch IBAN AT32 3742 2000 0004 0006
    Kennwort: Hilfe für Haiti
  • Spendenkonto SOS-Kinderdorf: IBAN AT 62 1600 0001 0117 3240

Quelle: Caritas / SOS Kinderdorf / red