Heilige Stätten müssen geschützt werden. Das forderten VertreterInnen des Reformjudentums und die Benediktinergemeinschaft in Tabgha. Anlass dafür war ein Brandanschlag auf das deutsche Kloster am See Genezareth.

Jüdisch-christlicher Schulterschluss auf dem Zionsberg: Nach dem Brandanschlag auf das deutsche Benediktinerkloster in Tabgha am See Genezareth vor zehn Tagen haben Vertreter des Reformjudentums und die Benediktinergemeinschaft am Sonntag rasche Aufklärung und den Schutz der heiligen Stätten aller Glaubensrichtungen im Land gefordert. Der Anschlag sei ein Weckruf für die israelische Gesellschaft, sagte der Präsident der "Union für Reform-Judentum", Rabbiner Rick Jacobs, bei einem Solidaritätsbesuch in der Jerusalemer Dormitio-Abtei.

Vielfalt in Jeruslem erhalten

Zu der Delegation, die den Benediktinern unter anderem 1.700 Unterschriften und Solidaritätsbekundungen von Reformjuden aus aller Welt überreichte, gehörten auch die Dekanin des "Hebrew Union College" in Jerusalem, Rabbinerin Naamah Kelman, sowie Anat Hoffman, Direktorin des "Israel Religious Action Center" (IRAC) und Vorsitzende der Frauenrechtsorganisation "Women of the Wall".

Kelman verurteilte die Brandstiftung als gottlos. Das Heilige Land sei kein Heiliges Land ohne die Präsenz von Christen, Muslimen und Juden, ebenso "wie Jerusalem nicht existieren kann ohne Kirchen, Moscheen und Synagogen", so die Rabbinerin. "Unsere Hoffnung und Aufgabe ist es, Jerusalem in seiner Vielfalt am Leben zu erhalten, nicht Mauern zu bauen, sondern sie abzubauen."

Es reiche nicht aus, die Taten zu verurteilen, sagte Jacobs, der zwei Millionen Reformjuden in Nordamerika repräsentiert, der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). In Anbetracht der Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren mehr als 40 Übergriffe auf religiöse Stätten gegeben habe, müsse alles daran gesetzt werden, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. "Es handelt sich um eine kleine Gruppe, aber die Tatsache, dass sie ohne Strafverfolgung ihre Taten im Namen des Judentums und des jüdischen Volkes fortsetzen können, ist sehr schmerzlich und beschämend", so Jacobs. Die reformjüdische Delegation hatte ihre Forderungen zuvor bei einem Treffen mit Israels Präsident Reuven Rivlin, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Minister für öffentliche Sicherheit, Gilad Erdan, vorgebracht.

Dass es zehn Tage nach dem Anschlag noch keine Ermittlungsergebnisse gebe, hinterlasse "ein Gefühl der Bitterkeit" - auch vor dem Hintergrund, dass es sich nicht um den ersten Übergriff auf die Benediktinergemeinschaft gehandelt habe, sagte Klostersprecher Nikodemus Schnabel. Der Anschlag sei nicht nur ein Angriff auf eine heilige Stätte, sondern "eine Attacke gegen ein ganzes Gesellschaftskonzept, gegen Werte wie Religionsfreiheit, Demokratie und Menschlichkeit". Schnabel forderte Israel auf, der für die Übergriffe verantwortlichen radikalen Minderheit deutliche Grenzen zu setzen, "so wie wir in Deutschland klar machen, dass es keinen Platz für Antisemitismus gibt. Dieselbe Sensibilität wünsche ich mir für dieses Land".

Zeichen der Solidarität

Positiv werteten die Benediktiner die vielen Solidaritätsbekundungen. Die Reaktionen, "die wir nach dem Anschlag aus weiten Teilen der Bevölkerung erhalten haben - von Juden, Muslimen, Christen, Drusen, religiösen wie säkularen Gemeinschaften, sind ein wichtiges und berührendes Zeichen", so Schnabel.

Einig waren sich die jüdischen Vertreter und die Benediktiner auch in diesem Punkt: Um des Landes willen dürfe die Antwort nicht Abschottung heißen. Es reiche nicht, dem Hass vorzubeugen, sagte Jacobs, sondern "wir müssen uns aktiv einsetzen für interreligiösen Respekt".

Vorbild dafür ist nach Worten des Rabbiners Papst Franziskus, "einer der inspirierendsten Religionsführer überhaupt und unser Lehrer, der eine ganze Welt gelehrt hat, was es bedeutet, ein Mensch des Glaubens zu sein, für jene am Rand der Gesellschaft Sorge zu tragen und nicht nur von der eigenen Glaubensrichtung zu lernen". Es gelte, in Israel diese Brücken zu bauen. "Wir müssen jene in diesem Staat lehren, nicht angsterfüllt zu sein", so Jacobs, der die Benediktiner zum Bleiben ermutigte. "Wir wollen, dass ihr euren Glauben teilt und der Welt zeigt, dass die katholische Kirche ein unglaublicher spiritueller Reichtum für die Welt ist."


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