Die in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften wollen künftig noch enger zusammenarbeiten, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land zu stärken und sich zugleich weltweit für mehr Religionsfreiheit einzusetzen. Das ergab die erste Dialogrunde von Vertretern der 16 Religionsgemeinschaften mit Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz. In Österreich gebe es eine gute Tradition des Dialogs zwischen den Religionen, so Kurz. Diese Tradition solle nun noch intensiviert werden.

Bild rechts (von links nach rechts): Michael Bünker (Bischof der evangelischen Kirche A.B), Fuat Sanac (Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft), Kardinal Christoph Schönborn, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz, Arsenios Kardamakis (griechisch-orthodoxer Metropolit) und Oskar Deutsch (Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde).

Er erhoffe sich davon nicht nur Fortschritte bei der Integration von Migranten in Österreich, sondern wolle auch die österreichische Außenpolitik verstärkt profilieren. "Wir wollen Religionsfreiheit zu einem Thema machen und uns weltweit für eine stärkere Beachtung dieses grundlegenden Menschenrechts einsetzen", so der Außenminister.

Grundhaltung des Respekts und der Achtung
Kardinal Christoph Schönborn würdigte die neue Initiative. Damit werde auch der EU-Vertrag von Lissabon, wonach es einen strukturierten Dialog zwischen Religionsgemeinschaften und Politik geben soll, in die nationale Praxis umgesetzt.  Eine Grundhaltung des Respekts und der Achtung der religiösen Überzeugung des anderen sei die Basis für jedes Zusammenleben, so der Kardinal weiter. Zugleich betonte er, dass religiöse Symbole im öffentlichen Raum ihren Platz haben müssten. Die jüngste Debatten über Kreuze in Klassenzimmern, religiöse Beschneidungen oder das Kopftuch würden zeigen, dass dies aber keine Selbstverständlichkeit sei.

Christen, Juden und Muslime für Dialogintiative
Metropolit Arsenios (Kardamakis) sagte der neuen Dialog-Initiative die volle Unterstützung der Orthodoxen Kirche zu. Religion sei immer wieder für Kriege missbraucht worden, sie könne, ja müsse aber vielmehr Teil der Versöhnung sein, so der griechisch-orthodoxe Metropolit.  Ohne Beschneidung und Schächten, die beide Säulen des jüdischen Lebens sind, sei jüdisches Leben in Europa nicht möglich, betonte Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Der jüngste Terror-Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel zeige, "dass man leider noch immer nicht überall in Freiheit und Frieden leben kann". Gerade auch nach der jüngsten Europawahl, die zumindest einen kleinen Rechtsruck gebracht habe, sei die Politik umso mehr dazu aufgerufen, gegen Antisemitismus und Rassismus anzukämpfen und entschieden für Religionsfreiheit einzutreten, so Deutsch.

Antisemitismus  - ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Fuat Sanac, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, bekundete die Bereitschaft der Muslime im Land, sich für Religionsfreiheit und gegen jede Form von Antisemitismus einzusetzen. "Wir sind eine kleine Gemeinde, aber in Österreich tun wir unser Bestes, um den Antisemitismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bekämpfen." Er hoffe auf eine baldige Novellierung des Islam-Gesetzes. Wenn dieses an moderne Herausforderungen angepasst wird, würde das wesentlich zur Integration der Muslime in Österreich beitragen.

Pluralität
Der lutherische Bischof Michael Bünker würdigte ebenfalls die neue Dialog-Initiative. Diese bringe die Pluralität der Religionsgemeinschaften in Österreich zum Ausdruck. Dieser Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und staatlichen Stellen sei nicht selbstverständlich, liege aber im Interesse aller Menschen im Land, so Bünker. „Österreich hat eine Vorreiterrolle, was das friedliche Zusammenleben der Religionen betrifft“, lobte Kurz die heimische Situation und wurde von den anderen Vertretern in dieser Meinung bestärkt. 

Religion ist immer Teil der Lösung
Kurz will auch außenpolitisch aktiv werden, um die Religionsfreiheit international zu stärken. Das könne auf bilateraler Ebene, aber auch über Organisationen wie die UNO oder den Europarat geschehen. Erst einmal soll eine Arbeitsgruppe ab Juni zu diesem ersten großen Thema Vorschläge erarbeiten. „Religion ist immer als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems zu sehen“, definierte der Außenminister seine Sicht auf die Dinge. Freie Religionsausübung fördere zudem die Integration in die Gesellschaft.

Ein Ergebnis der ersten Dialog-Runde der Religionen: Im Juni soll eine Expertenkommission ihre Arbeit aufnehmen, die sich dem Thema Religionsfreiheit widmen wird. U.a. sollen Strategien entwickelt werden, wie in der österreichischen Außenpolitik dieses Anliegen noch besser umgesetzt werden kann. (red/kathpress/religion.orf.at)