Vor knapp einem Jahr hatte Veronika Sutterlüty eine Idee. Man könnte doch eine Kinder-Kulturvermittlungsschiene ins Leben rufen. Bei der Idee blieb es nicht und Veronika Sutterlüty auch nicht lange allein mit diesem Projekt. Zum Glück! Denn seit Herbst gibt es KUNO - und KUNO hat es in sich.

Seit Herbst 2018 hat der Bregenzerwald – aber eigentlich ja auch das ganze Land – einen neuen Kulturveranstalter: KUNO. Wie gestaltete sich für Sie der Weg vom „So etwas sollte es geben“ hin zum „Das machen wir jetzt einfach“?
Veronika Sutterlüty: Die Idee entstand im Frühjahr 2018 als ich mit meinen zwei kleinen Mädchen eine Theaterveranstaltung des Kulturvereins Langenegg besuchte. Die Kinder waren war begeistert und haben den ganzen Weg nach Hause und auch danach noch das Piratenlied vor sich hin gesungen. Da machte es "Klick" und ich wusste bzw. hoffte, dass dafür Potenzial abseits der bereits bekannten Kulturinstitutionen ist.
Mit einem Konzept in der Tasche, das Kindern die Vielfalt der Kultur zeigt, heimische Künstler engagiert und mit den Locations auch vorhandene Ressourcen in der Region nutzt, klopfte ich bei der Gemeinde Egg an und fand sofort einen tollen Unterstützer und zeitgleich mit Katharina Rohner eine engagierte, kreative Partnerin für die Verwirklichung des Projektes.
Im Juli fand dann die Gründungsversammlung statt von KUNO. Mit Martina Berchtold, Angelika Felder, Katharina Körber, Zoltan Toth, Gerda Schnetzer-Sutterlüty, Flora Wodnar und Veronika Sutterlüty-Hilbe konnten gleich weitere sieben begeisterte KUNO-Vorstandsmitglieder gewonnen werden.


KUNO ist ja dezidiert auf Kultur(vermittlung) für Kinder ausgelegt. Über welche Altersspanne reden wir da oder anders gefragt: Kann man mit der Vermittlung von Kultur nicht früh genug anfangen?
Sutterlüty: Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf das Kindergarten-/Volksschulalter und möchten ganz bewusst keine strenge Altersbeschränkung machen. Ein Konzert kann für ein dreijähriges Kind genauso interessant sein wie für ein zehnjähriges. Bei manchen Veranstaltungen wie z. B. dem Kunstworkshop haben wir uns auf die "größeren" Kinder konzentriert, um das Arbeiten für die Kinder so attraktiv und intensiv wie möglich zu gestalten. Bei Gastspielen übernehmen wir dann die Altersempfehlung der jeweiligen Anbieter. Und ja, man kann nicht früh genug mit der Vermittlung von Kultur beginnen. Kultur beflügelt, fördert Selbstvertrauen, erweitert den Horizont, entführt in exotische Welten - ganz simple, zauberhafte Gründe, Kinder von Anfang an mit Kultur in Berührung zu bringen!

 
Der „Kulturbegriff“ ist für viele bis heute ein Elitenbegriff. Gleichzeitig wird immer wieder darauf hingewiesen, dass sowohl soziale als auch kulturelle Teilhabe jeder und jedem in einer Gesellschaft möglich sein muss. Wie definieren Sie Ihren Kulturbegriff und welchen Ansatz verfolgen Sie mit KUNO?
Sutterlüty: Mit dem Projekt KUNO wollen wir genau das ändern. Weg von der Elite und hin zur ganzen Bevölkerung. Dass Kultur nur einer bestimmten Schicht zugänglich war, stammt aus früheren Zeiten, als Kultur für die meisten Menschen nicht leistbar war und es zum guten Ton gehörte, sich bei Kulturveranstaltungen sehen zu lassen. Dieses Bild hält sich hartnäckig. Ein Grund dafür ist, dass Kultur nach wie vor, zumindest teilweise, auch noch sehr elitär vermittelt wird.
Mit verschiedenen Aktionen wie beispielsweise "Hunger auf Kunst und Kultur" möchten das Land, Interessengemeinschaften oder auch der Bund diese Barriere aus dem Weg schaffen. Meiner Meinung nach ein guter Ansatz, der aber definitiv noch tiefer gehen und mit zusätzlichen Programmen ergänzt werden kann, um das Bewusstsein für Kultur flächendeckend zu schaffen. KUNO probiert dies anhand eines vielfältigen und leistbaren Kulturangebotes, denn je früher Kinder mit Kultur in Verbindung kommen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass genau solche Barrieren entstehen und sich festsetzen. Zudem möchten wir Brücken schlagen, um Kultur alltäglich zu machen. Das Gastspiel des Vorarlberger Landestheaters findet beispielsweise im Skigebiet Schetteregg statt. Eine spannende Kombination, die vielleicht wieder den ein oder anderen hellhörig macht. Kultur darf nicht abgehoben sein, Kultur muss sich in seiner prächtigsten Form präsentieren können und für alle Menschen zugänglich sein - unabhängig von Herkunft, Bildung, Einkommen oder Religion.


KUNO ist ja auch was das Finanzielle betrifft sehr familienfreundlich.
Sutterlüty: Hohe Eintrittspreise sind weitere Vorurteile gegenüber Kultur. KUNO-Veranstaltungen können dank zahlreicher Pat/innen und Unterstützer/innen auf 4 Euro pro Ticket fixiert werden. Somit möchten wir Kultur für alle zugänglich machen. Der Eintrittspreis ist für viele Menschen ein sehr entscheidender Faktor, ob eine Kulturveranstaltung besucht wird oder nicht.
Aus diesem Grund haben wir ein Patenschaftskonzept entwickelt, bei dem uns heimische Unternehmen mit einem Beitrag unterstützen und somit qualitativ hochwertige Kultur zu einem bezahlbaren Preis - auch mit mehreren Kindern oder der ganzen Familie - möglich machen.
 

Sie beschränken sich mit KUNO ja nicht auf eine Sparte. Da wird erzählt, vorgelesen, Theater gespielt, Musik gemacht etc. Die Kreativität der kleinen Zuschauer/innen soll also nicht nur bedient, sondern auch gefördert werden?
Sutterlüty: Wir sind darauf bedacht, ein nachhaltiges Kulturprogramm zu kreieren und möchten gezielt weg vom reinen, einfachen Konsum von Kultur. Kinder lassen sich gerne überraschen und so haben wir beim Eröffnungskonzert Handorgel und elektronische Loops kombiniert. Bei der "Pippi Langstrumpf"-Filmvorführung fand im Vorfeld ein Vermittlungsprogramm in den Volksschulen statt. Beim nächsten Kunstprojekt im Postatelier werden Kinder von der Kunsthistorikerin Angelika Felder und der Designerin Daniela Fetz begleitet, anfangs in die Thematik eingeführt, mit unkonventionellen Materialien in Berührung gebracht und präsentieren dann ihr eigenes Kunstwerk in der anschließenden Vernissage! Der ganze Zyklus wird also aufgezeigt.
 

KUNO legt also im Kindesalter den Grundstein dafür, dass Kultur später kein Fremdwort bleibt?
Sutterlüty: Die KUNO-Philosophie beinhaltet auch diesen Punkt. Barrieren zu Kultur abbauen, Hemmschwellen niedrig halten und die ganze Bevölkerung ansprechen. Je früher der Kontakt zu Kultur entsteht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch im Erwachsenenalter ein selbstverständlicher Zugang zu Kultur bleibt. Es ist quasi auch eine Kulturpublikumsgenerierung für die Zukunft. Zudem gibt es meiner Meinung nach kein besseres Publikum als Kinder: kritisch, ehrlich, unverblümt, direkt und spontan. Herrlich!
 
 
Dass KUNO im Bregenzerwald das Licht der Welt erblickte, ist ja kein Zufall. Wie wichtig ist es, dass auch in den Tälern die Palette an Kinderkulturangeboten reich gedeckt ist?
Sutterlüty: Es ist dahingehend kein Zufall, weil der Großteil der KUNO-Truppe vom Bregenzerwald ist bzw. einen Bezug zum Bregenzerwald hat. Mit der Gemeinde Egg fanden wir Unterstützer der ersten Stunde und somit entschieden wir uns dann für diese Region. Es gibt ein kleines Angebot an Kinderkulturveranstaltungen im Bregenzerwald und wir sehen uns da als tolle Ergänzung auch zu den gängigen Freizeitangeboten im Sportbereich, die hier im Bregenzerwald sehr vielfältig sind. Der große Besucherandrang - in den ersten drei Monaten waren es knapp 700 Besucher aus dem ganzen Land - bestätigt uns in unserem Tun und der Bregenzerwald erweist sich wiedermal als offene und vielfältige Region.

 
Sie arbeiten vor allem mit Künstler/innen aus der Region zusammen. Wie wichtig ist Ihnen diese Verankerung?
Sutterlüty: Wir haben wahnsinnig viele Talente in der Region, diese aufzuzeigen und zu engagieren ist für uns eine Selbstverständlichkeit! Ob große Band oder kleine Theaterformation, Beginner oder Profis: Wir möchten eine Bühne für qualitative Kulturveranstaltungen anbieten und die Region soll vor sowie auf der Bühne vertreten sein. Mit Sonus Brass kommt zum Beispiel im April ein mehrfach ausgezeichnetes Blech-Ensemble zu uns: Allesamt aus Vorarlberg und vor Kurzem noch in der Elbphilharmonie Hamburg zu Gast!
 

Was wünschen Sie KUNO für das nächste Jahr?
Sutterlüty: Ein vielfältiges Publikum, Menschen die durch unser Angebot Zugang zu Kultur erhalten, begeisterte Kinder und Erwachsene, fantastische KünstlerInnen, weiterhin tolle Unterstützer und vor allem noch ganz viele wunderbare Ideen des tollen KUNO-Teams!