"Wer kann, geht fort", beschreibt Erzbischof Jean-Clement Jeanbart die Situation in der syrischen Stadt Aleppo. Es fehlt an Lebensnotwendigem, die rivalisierenden Gruppen halten sich ständig unter Beschuss. Der Osten der Stadt ist in Händen verschiedener Gruppierungen, die unter sich uneins sind, sodass ein Dialog praktisch nicht möglich ist. Ein Bild der Trostlosigkeit.

Ein düsteres Bild der Situation in der syrischen Millionenstadt Aleppo zeichnet der griechisch-katholische melkitische Erzbischof der Stadt, Jean-Clement Jeanbart. Im Gespräch mit "Radio Vatikan" betonte der unierte Erzbischof kürzlich in Rom, die Menschen hielten es in der Stadt nicht mehr aus, "wer kann, geht fort". Die westlichen Stadtteile stehen unter der Kontrolle der Regierung, die östlichen sind in der Hand der Rebellen, d.h. heute praktisch der dschihadistischen Gruppierungen.

Wörtlich meinte Jeanbart: "Die Lage wird schlimmer, denn die Lebensbedingungen der Menschen sind immer dramatischer. Wir haben nur noch eine Stunde Strom am Tag - und eine Stunde Wasserversorgung. An manchen Tagen gibt es aber auch weder Strom noch Wasser. Nahrung wird knapp, der Winter ist dieses Jahr sehr hart, es gibt kein Benzin und nichts, mit dem man sich wärmen könnte. Die Kinder, die alten Leute sitzen also ständig in Decken gewickelt herum."

Die Regierung werfe außerdem Bomben über den Stadtteilen ab, die von den Dschihadisten gehalten werden, und die Dschihadisten würden durch Granaten- und Mörserbeschuss der Stadtteile, die unter der Kontrolle der Regierung sind, antworten. "Und in diesen Stadtteilen wohnen wir: Das sind die christlichen Viertel. Und wir bekommen diesen ständigen Beschuss ab, auch meine Kathedrale und andere Kirchen sind beschädigt worden".

Der Exodus aus Aleppo nehme ständig zu. Früher habe es noch Hoffnung auf eine Lösung gegeben, aber "an Ort und Stelle sieht man schnell, dass sich nichts ändert". Zum Chaos in und um Aleppo trägt nach Ansicht des Erzbischofs bei, dass die Rebellen schon seit langem in viele verschiedene Grüppchen zerfallen sind: "Das hilft natürlich nicht, wenn man einen Dialog organisieren will: Für einen Dialog braucht man ja klare Ansprechpartner. Ich habe allerdings den Eindruck, dass bei den Rebellen Bemühungen im Gang sind, sich wenigstens auf einen gemeinsamen Sprecher zu einigen."

Trotzdem wisse im Moment niemand, "wer wen gerade entführt hat, in welcher Region etwa die beiden entführten Metropoliten - Mar Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi - festgehalten werden, und unter der Kontrolle welcher Seite". Die beiden Metropoliten waren im April 2013 von "Unbekannten" entführt worden.

kathpress