Was passiert mit einer Wirtschaft, die nur dann funktionieren kann, wenn sie wächst? Und was passiert, wenn das Wachstum irgendwann einmal ausbleibt? Diesen Fragen wurde beim dritten Arbogaster Wirtschaftsgespräch Ende Oktober nachgegangen.

Das Podium konnte sich dabei sehen lassen. So konnte Moderatorin Ursula Kremmel neben Clarissa Steurer, der Gründerin der Firma clarissakork und Christoph Hinteregger (ehem. Doppelmayr) auch den Schweizer Ökonomen Mathias Binswanger und Heini Staudinger, der sich als Unternehmer (Waldviertler Werkstätten) für alternatives Wirtschaften einsetzt, begrüßen.

Für Hinteregger, der seit 2017 in Pension ist, zuvor aber für Doppelmayr und die Vorarlberger Industrie federführend tätig war, ist dabei klar, dass es aktuell überall um Wachstum geht. Nicht nur im betriebswissenschaftlichen Sinne, sondern auch was die Politik betrifft - egal zu welchem Preis. "Das habe ich am schmerzhaftesten bei Kollektivvertragsverhandlungen erfahren", sagt er. Wo es nicht möglich gewesen sei, ein partnerschaftliches Modell zu kreieren - man wollte immer mehr, egal wie gut es für das Unternehmen läuft.

Dass das kapitalistische System mit ausbleibendem Wachstum nicht funktioniert, zeigte Ökonom Binswanger am Beispiel Griechenland auf - dieses sei eines der wenigen Beispiele, wo eine Wirtschaft über mehrere Jahre nicht gewachsen sei. "Das Ergebnis war, dass die Arbeitslosigkeit auf 30 Prozent gestiegen ist und ein Drittel der Unternehmen in Konkurs gegangen sind", sagt er. Dieses Wachstum sei ja das eigentliche Dilemma - andererseits gehe es nicht ohne, andererseits geht das Wachstum auf Kosten der Umwelt. Und die Menschen selbst werden auch nicht glücklicher durch absoluten Mehrbesitz. "Da ist die Tretmühle eine wichtige Metapher", sagt der Wissenschaftler. "Man denkt sich, wenn ich 50.000 oder 100.000 Euro mehr verdiene, dann bin ich glücklicher. Aber in Wahrheit tritt man ander selben Stelle."

Lösungen oder Alternativen für das stete Wachstum präsentierten die Podiumsgäste aber nicht - es blieb bei Ansätzen, wie das Problem entschärft werden könnte. Binswanger plädierte beispielsweise dafür, dass Aktiengesellschaften, die ja genau auf dem Prinzip des Wachstums fundieren, aufgelöst werden müssten. Als Alternative dazu sollten Genossenschaften forciert werden - wobei Binswanger auch hier betonen musste, dass das zwar für kleine Unternehmen funkionieren kann, für große Konzerne aber noch keine Lösung ist. Für Staudinger gibt es drei Lösungen des Problems - entweder man hofft darauf, dass die Wirtschafstreibenden von selbst darauf kommen, dass das System langfristig nicht funkttionieren kann. Sein zweiter Ansatz ist, dass man das System einfach mal an die Wand fahren lässt. Und die dritte Option wäre die Revolution. "Die Gruppe derer, die glaubt, dass sich das alles nicht mehr ausgeht, ist am wachsen", sagt Staudinger. "Die Vorwürfe der Jungend werden auch heftiger werden. Sie sehen ja, dass die Menschen mit den weißen Haaren ihre Zukunft zerstören."

Die Frage nach dem Zwang des Wachstums blieb am Abend aber offen bzw. war der Stein der Weisen nicht gefunden worden, wie Moderatorin Kremmel passend schloss. Was blieb, war die Erkenntnis, dass der Mensch das Maß der Dinge ist. Wie so oft, wenn für ein Problem noch keine Lösung gefunden wurde.