Sie sind übrigens golden und man bekommt sie beispielsweise zu Gesicht, wenn man die Jury beim Kurzfilmfestival „Alpinale“ in Bludenz überzeugt.

Man könnte ja meinen, dass es doch viel, viel leichter sein müsste, so einen Kurzfilm mal schnell zu drehen, zu schneiden und leinwandfertig zu machen. Um wie viel schwerer müsste es da doch sein, die Spannung über 2 Stunden zu halten, an was muss man bei einer „großen“ Produktion nicht alles denken. Da müsste doch so ein Kurzfilm ein „Klacks“ sein. Fehlanzeige! Kurzfilm ist eine echte Herausforderung. Manchmal vielleicht sogar noch mehr, als bei seinen großen Pendants. Denn anders als beim Machwerk in Spielfilmlänge hat man beim Kurzfilm eben nur gut 30 Minuten Zeit: um eine Geschichte zu erzählen, um den Charakteren die Chance zu geben, sich zu entwickeln, um Details einzuführen und dann auch wieder aufzulösen, … Einen guten Kurzfilm produziert man nicht mal so nebenbei.     

Güteklasse A

Richtig gute Kurzfilme hat übrigens derzeit das Alpinale-Filmfestival in Bludenz im Programm. In sieben Kategorien – vom internationalen Kurzfilmwettbewerb über die Vorarlberg Shorts bis hin zum Kinderkurzfilmwettbewerb und dem Preis für den besten Horrorfilm – werden in den kommenden Tagen die „Goldenen Einhörner“ verliehen. Und eines lässt sich bereits jetzt feststellen: das Niveau stimmt, die Qualität ist erste Sahne.

Eine kurze Kurzfilm-Rundschau  

Gestartet wird da beispielsweise mit „White Eye“, einer israelischen Produktion. Eigentlich geht es ja nur um ein Fahrrad, das gestohlen wurde und nach ca. einem Monat wieder auftaucht. Und ganz eigentlich geht es um den Mann, dessen Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist, der seine kleine Tochter täglich mit besagtem Rad zum Kindergarten fährt und am Abend wieder nach Hause fährt, der in einem Fleischgroßhandel arbeitet und am Schluss im Polizeiauto in eine ungewisse Zukunft verschwindet.

Da ist aber auch der Animationsfilm „Precious“ aus Frankreich. Erzählt wird die Geschichte von Julie, einer Außenseiterin in ihrer Grundschulklasse. Dann aber kommt Emile dazu, ein autistischer Junge, der ab sofort neben Julie sitzt. Er ist jetzt der neue Außenseiter. Und obwohl sich Julie irgendwie mit Emile anfreundet, kommt am Schluss alles anders als erwartet. Auch Kurzfilme enden eben nicht immer „happy“.

Benztown AlpinaleVier Minuten Schmunzeln darf  man dann dafür bei „Benztown“, einer deutschen Produktion über Stuttgart und die Idee, was wohl passieren würde, wenn sich die Stadt einfach selbst gegen den überhand nehmenden Verkehr wehren könnte. Da verschwindet gerne schon mal ein Vehikel im gefräßigen Tunnel-Schlund. Soviel sei verraten.

 

10 Euro Zuschuss - Alpinale„10 Euro Zuschuss“ – übrigens eine Produktion aus Österreich – greift das aktuelle Thema der (verlängerten) Zivildiener in den Krankenhäusern auf, die hier auch durch Corona plötzlich und unvorbereitet zwischen Tod und Leben stehen.

Sympathisch und herrlich unverkrampft ist der französische Kurzfilm „Intermission“, in dem drei Jugendliche doch eigentlich einfach nur ins Kino wollen und notgedrungen in der ersten Vorstellung eines Cineasten-Clubs landen.

Sozialkritisch, emanzipiert, wunderschön

Und so lässt sich die Liste der Kurzfilmimpressionen fortsetzen. Da ist der britische Kurzfilm „Good thanks, you?“, der in Andeutungen die Geschichte einer Vergewaltigung erzählt  oder „Anna“, der einen kurzen Blick auf das Leben einer alleinerziehenden Mutter aus der Ukraine wirft, die schließlich tatsächlich an Dating-Parties mit Amerikanern auf der Suche nach der pflegeleichten Frau teilnimmt. Unglücklicherweise trifft sie dort auf ihre Teenie-Tochter, die hier ebenfalls ihr Glück versucht.

Arjun - Alpinale Sei es „Birds of Paradise“, das den letzten Tag vor einem Selbstmordattentat miterleben lässt oder „Masel Tov Cocktail“, der auf herrlich politisch unkorrekte Art und Weise das Leben eines jungen Juden in Deutschland zeigt – der Kurzfilm ist gut, er ist politisch, er ist gesellschaftskritisch, er ist selbständig und absolut emanzipiert. Besonders erwähnt werden muss an dieser Stelle auch einfach noch der wunderschön poetische Kurzfilm „Arjun“ aus Indien, der die Geschichte eines blinden Jungen erzählt, der das Malen für sich entdeckt.

Von Berlin und Cannes nach Bludenz

Und man muss den Macherinnen und Machern rund um das Alpinale-Kurzfilmfestival wirklich gratulieren. Es ist toll, was hier auf die Beine gestellt wird. Nicht nur, dass sie – kaum ist das eine Festival vorbei, mit den Vorbereitungen für das nächste beginnen. Beinah ganzjährig werden Einreichungen gesichtet, vorsortiert und dann im Programm platziert. Es werden Jahr für Jahr Fachfrauen und Fachmännern für die Jury gesucht und gefunden  und es wird unaufhörlich an der Weiterentwicklung des Festivals gearbeitet. Das lässt sich auch gut und gerne an den Einreichungen ablesen, die teilweise bereits mit Prämierungen aus Berlin oder Cannes nach Bludenz anreisen.

Sie engagiere sich, „damit ich mit kreativen Menschen etwas bewegen und manchmal auch experimentieren kann, weil der Kurzfilm ein fabelhaftes Konzentrat auf der Leinwand präsentiert und weil Kurzfilme ganz einfach großes Kino sind“, erklärt Festivalintendantin Manuela Mylonas. Dieses Engagement aller merkt man dem Festival an, das heuer in seine 36. Auflage startet.

Toi-Toi-Toi, kann man da den VeranstalterInnen nur wünschen. Und allen Kurzfilminteressierten sei gesagt: Hingehen, es lohnt sich!

Filmstills aus: "Benztown" von Gottfried Mentor, "10 Euro Zuschuss" von Elias Rauchenberger und "Arjun" von Shivraj Waichal

Die Fachjury 2021

Jury Wettbewerb international

  • Gerlando Infuso (Regisseur von Animationsfilmen)
  • Lotte Kircher (Programmer Youth Competition Internationale Kurzfilmtage Winterthur)
  • Denis Mujovic (Produzent)

Fachjury Vorarlberg-Shorts, Horror und VR-Shorts

  • Felix Kalaivanan (Drehbuchautor und Editor)
  • Anna Starzinger (Schauspielerin und Musikerin)
  • Thomas Taborsky (Filmkritiker und Übersetzer)

Das „Alpinale“-Kurzfilmfestival

10.- 14 August
Remiseplatz in Bludenz

Karten und Tagesprogramm unter: www.alpinale.at