Vergangene Woche wurde Haus 1 in St. Arbogast leergeräumt. In den nächsten Monaten soll es saniert werden, um auch in Zukunft jungen Menschen Raum zu geben. Was hinter der Idee des Jugendhauses steckt, davon erzählen Josef Kittinger und Katharina Lenz.

Patricia Begle

Dass Haus 1 nun saniert wird, ist für Josef Kittinger eine große Erleichterung. Es war einfach abgewohnt. 55 Jahre sind eine lange Zeit, 300.000 junge Menschen sind eine große Zahl an Gästen. Dass die Mauern und damit auch die Ziegel, die einst von jungen Menschen noch selbst gebrannt wurden, stehen bleiben dürfen, ist für den Leiter des Bildungshauses ein Glück. Denn so wird die Verbindung zu den Grundmauern erhalten und auf dem aufgebaut, was besteht. Materiell und ideell.

Experimentierfeld

„Arbogast hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass jungen Menschen hier etwas zugetraut worden ist. Sie durften sich ausprobieren“, weiß Kittinger aus der Geschichte des Jugendhauses. Waren es während der ersten Jahrzehnte vor allem Fähigkeiten für die Leitung von Gruppen, gestaltet sich dieses „Sich-Ausprobieren“ heute vielseitiger. „Da kommt zum Beispiel eine 17-Jährige, die einen Workshop zum ‚Poetry-Slammen‘ anbieten will. Oder eine Band veranstaltet ein Konzert in der Kapelle, bei dem Strickpullover für Flüchtlinge als Eintrittskarten gelten“, erzählt Katharina Lenz. „Die Ideen kommen von den jungen Menschen. Sie machen hier die Erfahrung: ‚Ich kann das.‘“ Für die Leiterin von „freigeist - junge initiative arbogast“ bedeutet dies ein hohes Maß an Offenheit und Flexibilität. Gut ist, auch einen Plan B zu haben oder überhaupt zu improvisieren.

Kirche anders erleben

„Die Toleranz und Offenheit gegenüber unterschiedlichsten Lebensentwürfen hier in Arbogast ist manchmal für junge Leute, die der Kirche fern stehen, geradezu irritierend“, weiß Lenz aus eigener Erfahrung. „Eine Freundin, sie ist Atheistin, meinte einmal: ‚Du und deine Leute - ihr verändert mein Weltbild komplett...‘“ Insofern öffnet Arbogast so manche Türe, die durch negative Erfahrungen oder weitergegebene Vorurteile verschlossen blieb.

Wertschätzende Atmosphäre

Rund 7000 Jugendliche sind pro Jahr zu Besuch in Arbogast. Die damit verbundenen Erinnerungen sind meist positiv, auch wenn es sich um scheinbare Nebensächlichkeiten wie das „super Salatdressing“, das Tischtennis-Spielen oder die weiße Tischdecke am Mittagstisch handelt. Solche Erfahrungen bleiben und erleichtern den Schritt nach St. Arbogast im Erwachsenenalter. An diesen „Nebensächlichkeiten“ zeigt sich, wie wichtig das Ambiente ist. Es hat Auswirkungen - sowohl auf die Einzelnen als auch auf das Gruppengeschehen.
In dieser Hinsicht hat die Sanierung des Jugendhauses große Bedeutung für die hier stattfindende Bildungsarbeit. In schönen Räumlichkeiten fühlen sich Menschen wohl und wertgeschätzt. In einer solchen Atmosphäre können sie sich auf andere Menschen und Prozesse einlassen. Sie können lernen.

Gegenseitige Bereicherung

Gelernt werden kann aber auch von den Jugendlichen. „Junge Menschen haben sehr oft die Gabe, im Augenblick zu leben“, weiß Kittinger. „Sie stellen Zwänge in Frage in der Haltung ‚Das muss nicht so sein‘.“ „Und sie geben Mut“, ergänzt Lenz. „Mut, Fragen zu stellen und Mut, anders zu sein.“ Insofern ist es ein Glücksfall, dass in St. Arbogast Erwachsene und Jugendliche an einem Ort leben und lernen.

Syrische Freunde

Eine besondere Gruppe junger Menschen sind die Flüchtlinge, die seit September in Arbogast einen Ort der Begegnung gefunden haben. Der Kontakt entstand bei einem Treffen in Götzis, bei dem Kittinger nach den Bedürfnissen der jungen Männer fragte. „Deutsch, Sicherheit und Kontakt“, bekam er zur Antwort. Seitdem sind die Syrer regelmäßig im Bildungshaus. Die Aktivitäten sind vielfältig: Deutschkurs, Konzerte, gemeinsames Kochen. Sogar bei einem Kreis-Dialog waren sie mit dabei. „Es war der berührendste Dialog, den ich erlebt habe“, erzählt Kittinger. Mittlerweile sind Freundschaften entstanden. „Wir werden reich beschenkt durch die respektvolle und liebevolle Art“, zeigt sich der Leiter des Bildungshauses dankbar.
Für Organisator/innen des Umbaus war es klar, die syrischen Freunde über die Nachbarschaftshilfe der Caritas für die Ausräumarbeit zu engagieren. Für die Männer war es eine Freude.

Spendenkonto für die Sanierung:

Sparkasse der Stadt Feldkirch
IBAN AT12 2060 4001 0000 2252
BIC SPFKAT2BXXX
Verwendungszweck: „Ein Haus für die Jugend“

www.arbogast.at