Am vergangenen Wochenende (20. und 21. Juli) fand die „Fachtagung Weltkirche“ im oberösterreichischen Benediktinerstift Lambach statt. Die beiden Tage standen unter dem Motto „Christsein in Minderheit: Impulse für ein missionarisches Leben“. Gäste aus drei Ländern brachten dazu ihre Erfahrungen ein: der indische Erzbischof William D’Souza, die in Ostdeutschland tätige Theologin Maria Widl und die ägyptische Sozial- und Kommunikationswissenschaftlerin Nagwa Farag.


Im Herzen der Menschen

Bereits bei der Eröffnung griff der Linzer Bischof Ludwig Schwarz den Gedanken der Mission auf und hob die Bedeutsamkeit der Missionstätigkeit der Kirche – auch nach Auffassung des II. Vatikanums – hervor: „Die Kirche ist ihrem Wesen nach missionarisch. Sie würde aufhören, die Kirche Jesu Christi zu sein, wenn das nicht ihr Anliegen wäre.“ Schwarz wies aber gleichzeitig darauf hin, dass es heutzutage, aufgrund des sich in Europa ausbreitenden religiösen Pluralismus, nicht mehr selbstverständlich sei, ein römisch-katholisch Glaubensbekenntnis zu haben und die Zeit der Volkskirche sich dem Ende zuneige. Aufgrund dessen sei es umso wichtiger, dass Ordensleute durch ihr eigenes Leben und Wirken glaubhaft als Missionare auftreten. Außerdem müsse die Kirche „selbst eine Lernende sein“ und „herausfinden, was sie für die Verkündigung von heute leisten muss, um Menschen zu erreichen. Man muss die befreiende Botschaft Jesu Christi in die Herzen der Menschen tragen.“


Städtisches abkupfern

Maria WidlBei ihrem Vortrag zum Thema „Religion und Gläubigkeit in säkularer Kultur“ stellte Maria Widl, die an der Universität in Erfurt lehrt, den Glauben im Dorf  jenem der Stadt gegenüber. Während Menschen im Dorf die dort vorherrschenden Werte und Zugehörigkeiten wie auch den Glauben fraglos übernehmen, so zeichnet sich in der Stadt ein ganz anderes Bild. Die Beziehungen sind oft zeitlich beschränkt, jedoch freiwillig, zielgerichtet und bewusst gestaltet. In der Stadt konkurriert die Kirche mit anderen (Glaubens-) Gruppen, die Hoffnung anbieten und der Glaube wird zum prophetischen Zeichen und Zeugnis.
Dieses prophetische Lebenszeugnis sowie eine Verantwortungsbereitschaft im städtischen Sinne erachtet Widl als Notwendigkeit, um zum Leben der Menschen etwas beitragen zu können. Von den eigenen Traditionen der dörflichen Strukturen sollte man sich nicht einschränken lassen, denn dadurch ist man weder jetzt noch in der Zukunft in der Lage, neue Mitglieder in bereits bestehende Gemeinden aufzunehmen geschweige denn, neue Gemeinschaften entstehen zu lassen.


Interesse an Gotteserfahrungen

Erzbischof William D'SouzaErzbischof William D’Souza SJ referierte zum Thema „Salz der Erde: Glaube, der in die Gesellschaft wirkt“ und führte dabei das Beispiel von der Diözese Patna im indischen Bundesstaat Bihar an.
Nur 0,26% der Bevölkerung sind Christen und somit eine klare Minderheit. Noch dazu gehören diese zur untersten Gesellschaftsschicht. Das religiöse Interesse der Menschen ist groß und D’Souza erachtet es als außerordentlich wichtig, dass die Christen von ihren tiefen Erfahrungen von Menschlichkeit und der Erfahrung Gottes ausgehen sollen, um so den Angehörigen anderer Religionen – die, solche Erfahrungen betreffend, speziell wissbegierig sind – begegnen zu können. Außerdem, meint D’Souza, dass die Kirche viele ihrer Mauern niederreißen müsse um überhaupt zur Erneuerung der indischen Gesellschaft beitragen zu können und nicht als Minderheit in ihren eigenen Anliegen und Glaubensformen eingeschränkt zu sein.


Lage in Ägypten

Nagwa FaragNagwa Farag beschrieb in ihrem Vortag „Früchte des Frühlings: Die Christen und die Revolution“ die Verhältnisse in Ägypten. Die Sozial- und Kommunikationswissenschaftlerin machte darauf aufmerksam, dass der hohe Analphabetismus immer noch ein Grund für die Unterdrückung von Menschen in ihrem Land sei. Besonders Frauen seien davon stark betroffen. Sie sprach auch das Problem der Genitalverstümmelung von muslimischen wie auch christlichen Frauen an.
Das Hauptaugenmerk legte Farag jedoch auf die Situation in Ägypten seit dem arabischen Frühling. Dabei wurde eine Veränderung des Staates in Richtung Demokratie und Menschenrechte angezielt. Alle BürgerInnen sollten so zivile Rechte erhalten und speziell Frauen sollten aus ihrer Abhängigkeit und Unterdrückung befreit werden. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der Politik der Muslimbruderschaft, aber, rücken die Ziele in weite Ferne. Deshalb betonte Farag auch die Wichtigkeit der internationalen Solidarität mit Ägypten, um so durch Staat und Kirche, Demokratie und Menschenrechte einzufordern.


Gemeinsame Verantstaltung

Die "Fachtagung Weltkirche" ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der Vereinigung der Frauenorden, der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften, der "Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft Austria" (MIVA) sowie der Koordinierungsstelle der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), in Zusammenarbeit mit der Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar, der Jesuitenmission, den Salesianern Don Boscos, den Steyler Missionaren und den Steyler Missionsschwestern.