Die Leiterin der Katastrophenhilfe der Caritas Österreich Sabine Wartha im "Kathpress"-Interview: "Langsam kehrt so etwas wie Alltag ein" - Dreiköpfiges Caritas-Team bricht am Freitag nach Haiti auf

Wartha SabineWien (KAP) Die Caritas Österreich wird auch über die derzeitige akute Katastrophenhilfe hinaus in Haiti im Einsatz bleiben. Das hat die soeben aus Haiti zurückgekehrte Caritas-Katastrophenhelferin Sabine Wartha am Montag im Gespräch mit "Kathpress" betont. Zwar kehre derzeit "in kleinen Schritten so etwas wie Alltag" in Haiti ein, doch bedürfe der Wiederaufbau der humanitären Infrastruktur noch vieler großer Anstrengungen, die noch Jahre dauern werden und an denen sich auch die Caritas Österreich aktiv beteiligen wird. Der Fokus der österreichischen Aktivitäten wird dabei in der Kleinstadt Leogane, rund 30 Kilometer westlich der Hauptstadt Port-au-Prince, liegen.

Die Soforthilfe, die mit der regelmäßigen Verteilung von Lebensmitteln, Wasser und Dingen des täglichen Bedarfs einhergeht, werde noch auf unbestimmte Zeit weiterlaufen, so Wartha. Zugleich würden aber bereits mittel- und langfristige Programme erarbeitet, die u.a. die Errichtung von neuen Häusern, Schulen und Waisenhäuser vorsehen, so Wartha.

Unterstützung für die vielen hundert internationalen Caritas-Mitarbeiter, die derzeit in Haiti aktiv sind, kommt am Freitag erneut aus Österreich. Drei Helfer werden nach Haiti reisen und die derzeit vor Ort aktiven Caritas-Mitarbeiter Ruth Schöffl Thomas Preindl ablösen.

Waisenhäuser aufbauen statt Adoptionen

Ein Problem stelle weiterhin die Situation der Kinder, insbesondere der zahlreichen Waisenkinder, dar, berichtete Wartha. Dennoch sprach sie sich dezidiert gegen jede Form einer forcierten Adoptionspraxis aus, da diese die Kinder aus ihrem gewohnten kulturellen Umfeld reiße und nach dem Verlust der Eltern so ein weiterer Schock riskiert werde. "Unterstützen wir doch den Wiederaufbau der Waisenhäuser vor Ort", so der Appell der Caritas-Mitarbeiterin.

Beeindruckt zeigt sich Wartha von der Kooperation der Helfer und Hilfsorganisationen vor Ort. Es gebe eine "unglaubliche Solidarität" unter den Helfern, die sich "gegenseitig trösten, stützen, umarmen". Trost sei wichtig, da sich "alle Helfer einig sind, dass dies die schlimmste Katastrophe ist, die wir bislang erlebt haben", so Wartha.

Berichte über Gewalteskalationen und ein hohes Sicherheitsrisiko konnte die Caritas-Mitarbeiterin aktuell nicht bestätigen. Zwar gebe es immer wieder gerade bei den Verteilaktionen größere Unruhen, sie selbst habe sich jedoch in keiner Situation bedroht gefühlt, so Wartha. Insbesondere die UN-Soldaten seien der Bevölkerung gegenüber sehr hilfsbereit und agieren vorsichtig im Hintergrund. "Das Militär wird nicht als Bedrohung erfahren, sondern als Schutz und Hilfe".

Insgesamt kehre "langsam so etwas wie Alltag ein", berichtet Wartha weiter von ihrem Einsatz. Ablesbar sei dies nicht nur an den zahlreichen Baggern, die mittlerweile den Schutt von den Straßen räumen und einsturzgefährdete Häuser einreißen - auch haben Banken wie etwa die "Western Union"-Bank wieder die Pforten geöffnet, um so Auslands-Haitianern die Möglichkeit zu geben, ihren Angehörigen Geld zukommen zu lassen.

Beeindruckende Spendenbereitschaft

Diakonie-Direktor Michael Chalupka lobte am Montag die Solidarität der Österreicher mit den Erdbeben-Opfern in Haiti. Die Spendenbereitschaft sei "beeindruckend", so Chalupka, der gleichzeitig appellierte, weiterhin zu spenden: "Für den Wiederaufbau des zerstörten Landes werden wir einen sehr langen Atem brauchen."

Rainer Lang, der für die Diakonie-Katastrophenhilfe in Haiti ist, berichtete in einer Aussendung, dass die meisten Menschen in Port-au-Prince weiterhin im Freien schlafen. Obwohl die Hilfslieferungen "nach und nach" ankommen, sei der Bedarf an Medikamenten, Decken, Plastikplanen, Wasserkanistern und Nahrungsmittel für die Katastrophen-Opfer immer noch "enorm".

Es gebe wieder Benzin, auch Banken und Supermärkte seien teilweise wieder geöffnet, berichtete Lang. Probleme bereite aber weiterhin der schlechte Zustand der Straßen.

Vor allem in der Innenstadt von Port-au-Prince lägen zudem noch viele Tote unter den eingestürzten Gebäuden, so der Katastrophenhelfer. Verwesungsgeruch hänge in der Luft. "Viele Überlebende stehen nach wie vor unter Schock und können noch gar nicht das ganze Ausmaß der Katastrophe fassen", betonte Lang.

Link-Tipp
Auf kathpress.at finden Sie die Originaltöne von Katastrophenhelferin Sabine Wartha zum Nachhören

(Quelle: Kathpress)