Viel Wirbel wurde in den vergangenen Tagen um den Beitrag des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum neuen Buch des Kurienkardinals Robert Sarah gemacht. Dabei ist manches ein wenig durcheinander gegangen...

Catholic Church of England and WalesM.Mazur/www.thepapalvis / flickr.com / CC BY-NC-SA 2.0

„Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.“ Das notierte Mark Twain vor mehr als hundert Jahren. Man könnte meinen, er hätte von der Sache mit Benedikt und dem Zölibat gewusst…

Noch bevor der Text des emeritierten Papstes zu Priestertum und Zölibat überhaupt richtig erschienen war, wogten die Wellen hoch: „Affront gegen Franziskus!“ „Benedikt fällt Nachfolger in den Rücken!“ „Skandal!

Benedikt nicht Co-Autor

Das „corpus delicti“ – Benedikts Beitrag zum Buch „Des profondeurs de nos coeurs“ (Aus den Tiefen unserer Herzen. Priestertum, Zölibat und die Krise der katholischen Kirche) – ist inzwischen auf Deutsch publiziert worden. Die in Würzburg erscheinende und vom ehemaligen Papst geförderte Wochenzeitung „Die Tagespost“ veröffentlichte den Text am Mittwoch vorab (nachzulesen hier »).

Da wäre zum Einen die Sache mit der Autorenschaft: Das Buch wird von Kurienkardinal Robert Sarah herausgegeben, der zunächst Benedikt XVI. als Mitautor genannt und für Verwirrung gesorgt hatte. Das war seitens des Privatsekretärs Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein, rasch dementiert worden. Es habe nie entsprechende Absprachen oder Verträge über eine Co-Autorenschaft gegeben, so Gänswein. Auf Deutsch soll das Buch am 21. Februar im „fe-Medienverlag“ veröffentlicht werden. Als Autor ist hier einzig der auch auf dem Titelbild zu sehende Kardinal Sarah angegeben. Neben dessen Foto findet sich der Zusatz „Mit einem Beitrag von Benedikt XVI.“

Kein Angriff auf Franziskus

Und dann der Text: In seinem Aufsatz mit dem Titel „Das katholische Priestertum“ entwickelt der ehemalige Papst die priesterliche Ehelosigkeit aus dem alttestamentlichen Priestertum heraus, räumt aber auch Begründungsprobleme in der Gegenwart ein. Auf eine mögliche Weihezulassung für verheiratete Männer, wie sie im Oktober auf der Amazonien-Synode im Vatikan diskutiert wurde, geht der Text nicht ein. Er trägt das Datum vom 17. September 2019.

Da die Aussagen Benedikts XVI. zum Zölibat vielfach als Affront gegen Papst Franziskus gedeutet wurden, hatten sie eine Debatte um das Verhältnis Benedikts XVI. zu seinem Nachfolger ausgelöst. Franziskus erwägt im Nachgang der Amazonien-Synode, eine Priesterweihe verheirateter Diakone in seelsorglichen Notlagen zuzulassen.

Benedikt XVI. beschreibt in dem Aufsatz das christliche Priesteramt als Neudeutung, bei der in der Figur Jesu als Hohepriester „die prophetische Kultkritik und die von Mose ausgehende kultische Tradition sich verschmelzen“. Die Verhältnisbestimmung zum alttestamentlichen Priesteramt sei allerdings nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) „auch für die katholische Kirche unausweichlich geworden“. Das Ämterverständnis sei „mit einer ungeheuren Dringlichkeit auf uns hereingestürzt“ und „bis heute zur anhaltenden Krise des Priestertums in der Kirche geworden“.

Alttestamentarische Herleitung

Zur Begründung des Zölibats verweist Benedikt XVI. unter anderem auf den „Zusammenhang von sexueller Enthaltung und Gottesdienst“; dieser sei „im allgemeinen Bewusstsein Israels durchaus klar“ gewesen. Auch bei heutigen katholischen Priestern stehe das ganze Leben „in der Berührung mit dem göttlichen Geheimnis“ und verlange so „eine Ausschließlichkeit für Gott, die eine andere, das ganze Leben umgreifende Bindung wie die Ehe neben sich ausschließt“. Dabei wendet sich Benedikt XVI. ausdrücklich gegen eine „negative Einschätzung des Leibes und der Sexualität“; allerdings beanspruchten der Priesterdienst und die Ehe den Menschen jeweils so, dass „beide Berufungen zugleich nicht realisierbar erschienen“.

Bei seinen Ausführungen bezieht sich Benedikt XVI. unter anderem auf seine Bücher „Der Geist der Liturgie“ und „Jesus von Nazareth“. Auch reflektiert er Erfahrungen seiner eigenen Priesterweihe im Jahr 1951.

Ausnahmeregelungen für verheiratete Priester, wie sie Benedikt XVI. selbst während seiner Amtszeit als Papst für katholisch gewordene, ehemals anglikanische Geistliche verfügte, sind nicht Gegenstand des Beitrags. Auch auf den Umstand, dass in den katholischen Ostkirchen der verheiratete Priester den Normalfall bildet, geht Benedikt XVI. nicht ein.

Franziskus bleibt gelassen

Franziskus indes sieht die Sache gelassen: In einer Organisation mit Hunderten Millionen Menschen weltweit gebe es immer jemanden, der dagegen sei, erklärte er im Interview mit Eugenio Scalfari, dem Ex-Chefredakteurs der italienischen Tageszeitung "La Repubblica". Joseph Ratzinger habe Franziskus überdies all seine Nähe ausgedrückt. Diese „freundschaftliche, ja sogar brüderliche Geste“ habe der Papst angenommen, schrieb Scalfari weiter.

Quelle: kathpress.at (1 / 2) / red