Stichwort Inklusion: Im Kindergarten, in der Schule, am Arbeitsplatz werden die Fortschritte allmählich sichtbar. Zeit, auch andere Bereiche anzugehen, in denen sich Menschen mit Behinderung einbringen können und wollen, meint die Organisation Jugend Eine Welt.

Kopfkino

Mal ein kleines Gedankenexperiment: Woran denken Sie, wenn sie an „Freiwilligendienste im Ausland“ denken? An junge engagierte Jungen und Mädchen, die noch an das Gute in der Welt glauben? Oder haben Sie eher die Unkenrufe im Ohr, dass diese Dienste vor Ort vor allem eines sind: Selbstverwirklichung gut situierter Maturanden zwischen Schule und Studium?

Welches Bild auch immer sie im Kopf haben – wir haben noch ein zweite Frage: Welche Assoziationen ploppen auf, wenn Sie „Menschen mit Behinderungen“ hören? Sehen Sie Menschen im Rollstuhl, in Werkstätten, Heimen, denen andere – Angehörige, Zivildiener, Pfleger – behilflich sind, wo es nur irgend geht? Oder haben Sie aktive, selbstbestimmte und engagierte Frauen und Männer im Sinn, die sich so oft und so gern in die Gesellschaft einbringen wie viele andere auch, Stichwort Inklusion?

Pilot für die Zukunft

Halten Sie das letzte Bild fest – es ist nämlich Gegenwart und Zukunft zugleich. Zumindest, wenn es nach Jugend Eine Welt geht und der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA): Sie sind Initiator bzw. Finanzier eines Pilotprojekts, das professionelle Rahmenbedingungen für inklusive Freiwilligeneinsätze schaffen soll. Auf Deutsch: Menschen mit Behinderungen gehen ins Ausland, um sich dort mit ihren spezifischen Fähigkeiten in Projekte einzubringen.

So wie Erwin Buchberger, ein junger Mann im Rollstuhl, der sich 2012 an einer integrativen Schule in Lettland u. a. um EDV-Angelegenheiten kümmerte. Oder Elisabeth Stöhr, die an einer inklusiven Schule in Tansania bei der Unterrichts-und Freizeitgestaltung half. Ihre Botschaft bei einem Pressegespräch zum Pilotprojekt lautet: „Ganz viel ist möglich, auch wenn intensive Vorbereitung nötig ist. Nur Mut!“

Hürden überwinden

Diese Vorbereitungen sind Kern der Initiative, denn die Hürden für solche Einsätze sind bislang hoch. Nach aktueller Gesetzeslage können Menschen mit Behinderungen zum Beispiel wichtige Leistungen wie das Pflegegeld oder geförderte Wohnplätze gestrichen werden, wenn sie für längere Zeit ins Ausland gehen.

„In der ersten Phase sind wir auf der Suche nach drei Entsendeorganisationen, die sich verpflichten, inklusive Strukturen zu schaffen“, erklärt Bernhard Morawetz von WeltWegWeiser, der Servicestelle für internationale Freiwilligeneinsätze von Jugend Eine Welt, beim Pressegespräch. Danach folge die Entwicklung spezifischer Angebote und die Suche nach Interessenten in den spezifischen Zielgruppen. Erste Einsätze soll es ab Sommer 2018 geben – inklusive sorgfältiger Vor- und Nachbereitung sowie einer umfassenden Evaluierung.
„Jeder Einsatz muss individuell geplant und betreut werden“, bestätigt auch Barbara Eglitis von der österreichischen Organisation „Grenzenlos“, die schon bisher inklusive Einsätze innerhalb Europas vermittelte und ein erster Partner des Projekts wird. „Nicht jedes Projekt und jede Region passt für jeden, unabhängig von der jeweiligen Behinderung.“

Wertvoll – für alle Beteiligten

Dass das alles aber ganz hervorragend klappen kann, beweisen ähnliche Initiativen aus Deutschland: Innerhalb eines Jahres konnte die Zahl von Menschen mit Behinderungen, die sich bei Auslandseinsätzen einbringen, verdoppelt werden – von 13 Männern und Frauen 2016 auf 26 2017, wie Rebecca Daniel von der deutschen Organisation „bezev“ beim Pressegespräch berichtet. Auf der Website von bezev gibt es übrigens Videos, die zeigen, wie solche Einsätze aussehen können – und wie wertvoll sie für alle Beteiligten sind.

Quelle: Jugend Eine Welt / WeltWegWeiser / red