Zu viel Bauch, eine zu große Nase und diese blöde Cellulite - na, wer kennt's? Meist sind wir selbst unsere größten Kritiker/innen, aber warum ist das mit dem „guten Körperbild“ so eine große Sache?

Simone Rinner

Spätestens so um das sechste Lebensjahr, also in der Vorschulzeit geht es los: Wir beginnen ein Gefühl für unseren Körper zu entwickeln und können uns selbst beschreiben. „Wenn ich von meinem Umfeld immer die Bestätigung bekomme, dass ich gut bin, wie ich bin, werde ich das verinnerlichen“, erklärt Susanne Fritz, wie wichtig Eltern, Familie aber auch Freunde sind. Divergieren die innere und äußere Wahrnehmung, geraten wir in einen Zwiespalt, der zu Essstörungen und / oder Depressionen führen kann. Und als Sahnehäubchen verstärkt die Reiz- und Bilderflut der (sozialen) Medien das Ganze auch noch. Ein Teufelskreis.

Fett, faul und nicht leistungsfähig.

„Wir leben in einem sehr auf das Äußere bezogenen Zeitalter, in dem der Körper im Vordergrund steht“, bestätigt Fritz. Und in dem suggeriert wird: „Wenn du schlank bist, sportlich, gut gekleidet, bist du auch geistig auf der Höhe.“ Schnell werde verinnerlicht, dass ein rundlicher Mensch faul und nicht so leistungsfähig sei. Kaum verwunderlich, dass die meisten Essstörungen in der (frühen) Pubertät und nur selten im Erwachsenenalter entwickelt werden. Corona war für diesen Trend ebenfalls nicht förderlich, schließlich verstärkte die Pandemie bei den Jugendlichen das Gefühl, dass ihnen vieles entgleite - soziale Kontakte wurden auf ein Minimum beschränkt, Schule fand online statt, berufliche Perspektiven veränderten sich. „Plötzlich habe ich scheinbar nur mehr die Möglichkeit Kontrolle über mich und mein Leben über Essen zu steuern,“ spricht die Suchtberaterin aus ihrem Alltag.

Ein gutes Körperbild? Üben, üben, üben! Aber wie komme ich denn jetzt zu einem guten Körperbild?  „Selbstannahme“ laute die vermeintlich einfache Antwort, so Fritz. Man soll versuchen aus diesem Perfektionismuswahn auszusteigen, der von Selbstvergleich, permanenter Beurteilung und eigener Abwertung begleitet wird. Und: „Versuchen Sie eine gute emotionelle Belastbarkeit aufzubauen um damit eine gesunde Verbindung zu den eigenen Gefühlen und Gedanken zu bekommen“,  so die Expertin.

Spieglein, Spieglein...

Und ganz konkret? Übungen für jeden Tag! Ein positives Körperbild zu stärken sei Training und komme nicht von heute auf morgen. Eine gute Übung kann deshalb sein, sich vor den Spiegel zu stellen und mindestens drei Dinge zu nennen, die mir an mir gefallen. Am besten wäre natürlich eine schriftliche „Top Ten“, lacht Fritz.  Und sonst? „Sich mit positiven und motivierenden Menschen umgeben, und nicht nur mit denen, die mich permanent runterziehen und kritisieren. Sich kleiden, wie man sich wohl und selbst schön fühlt. Beim Medienkonsum kritisch(er) werden. Sich selbst und anderen mindestens einmal in der Woche etwas Gutes tun. Und das Umfeld bitten, etwas Nettes zu mir zu sagen.“ Los geht's. «

Susanne Fritz ist Stellenleiterin der Suchtfachstelle Unterland der Caritas Vorarlberg.