Stehenbleiben ist nicht das Ding von Elisabeth Böhler. Die engagierte Mutter und Autorin bildete sich stets weiter - immer nach ihren ureigensten Interessen und besten Möglichkeiten. Im Alter von 57 begann sie sogar ein Studium.

Elisabeth Willi

Elisabeth Böhler, 70 Jahre und aus Wolfurt, ist ein Familienmensch. Sie war das älteste von fünf Geschwistern, hat sechs Kinder und 13 Enkelkinder - das 14. ist auf dem Weg. Zudem ist sie eine wissbegierige Frau, die ihre verschiedenen Interessen miteinander verknüpfen, aber auch warten kann, bis die Gelegenheit dafür gut ist. So dauerte es fast 40 Jahre, bis sie ihren Wunsch nach einem Studium verwirklichte.

Bereits nach ihrer Matura hätte Elisabeth Böhler gerne studiert - aus persönlichen Gründen entschied sie sich jedoch, die Pädagogische Akademie in Feldkirch zu besuchen. Danach arbeitete sie als Volksschullehrerin, bald darauf kam das erste Kind zur Welt. Es folgte eine Kinder- und Familienzeit. 1980 - die gebürtige Schwarzacherin war 30 Jahre alt - begann sie mit der ersten von mehreren Fortbildungen: der Familien- und Gruppenarbeiterausbildung. Fortan war sie Referentin in der Erwachsenenbildung, etwa bei Ehevorbereitungskursen, Frauenerholungstagen und Alt.Jung.Sein-Kursen. Im Laufe der Jahre übte sie weitere Tätigkeiten - berufliche und ehrenamtliche - aus. Daneben arbeitete sie stets im Holzbaugeschäft ihres Mannes mit.

Ihr ehemaliger Wunsch, ein Studium zu absolvieren, erwachte, während vier ihrer Kinder in Innsbruck studierten. Als dann die jüngsten beiden Kinder zur Universität gingen, sah sie die Zeit dafür gekommen -  die Familie brauchte sie nicht mehr so sehr wie früher. Also inskribierte Elisabeth Böhler im Jahr 2007 in Pädagogik. Zu dem Zeitpunkt war sie 57 Jahre alt. Dieses für Student/innen ungewöhnliche Alter war nie ein Problem für sie oder ihr universitäres Umfeld.

Jeweils am Mittwoch pendelte Elisabeth Böhler nach Innsbruck und belegte an manchen Wochenenden Blockseminare - immer im Hinblick darauf, ob die Termine mit der Familie vereinbar sind. Die ersten Monate waren noch eine Art Probezeit, um zu schauen, ob es funktioniert. Das tat es - und zwar so gut, dass die Seniorstudentin im Jahr 2010 zusätzlich mit dem Studium der Europäischen Ethnologie begann. Von Vorteil war, dass ihr Abschluss an der Pädak sowie einige ihrer Weiterbildungen angerechnet wurden. „Das war motivierend“, erklärt Elisabeth Böhler. Innerhalb von fünf Jahren schloss sie beide Studien ab.

Weshalb sie gerade diese beiden Fächer belegte, ist schnell erklärt: Als Lehrerin hatte sie seit jeher Interesse an der Erziehungswissenschaft, die oft auch von volkskundlichen Einflüssen - der Ethnologie - geprägt wird. „Ich habe einfach mein Leben reflektiert und mein Wissen aktualisiert“, sagt Elisabeth Böhler. Warum sie sich generell oft weitergebildet hat, begründet sie so: „Ich bin am Leben und den Menschen interessiert. Auch treiben mich Fragen um wie ‚Was gibt es Neues?‘“ Fragen nach dem Leben und viele Beobachtungen verarbeitete sie übrigens über Jahre hinweg in Gedichten, geschrieben in Hochsprache oder Hofsteiger Mundart. 2014 goss der Bucher-Verlag eine Dialekt-Auswahl in das Buch „Klöpplschpitz“.

Und wie geht es in Zukunft weiter - gibt es neue Projekte?  „Nicht wirklich“, winkt Elisabeth Böhler ab. „Ich habe zwar einiges in der Schublade, warte aber gelassen ab, was sich als nächstes ergibt. Vorerst möchte ich meine Fremdsprachenkenntnisse erweitern.“ Dann schmunzelt sie und fügt hinzu: „Wenn es in Vorarlberg eine Universität gäbe, würde ich wieder studieren gehen.“

(Aus der frauenZEIT Nr. 31 vom 3. Dezember 2020)