Eine Zwischenbilanz von Petra Steinmair-Pösel

Steinmair-Pösel Pösel IIAuch wenn er ausgerechnet dieses Jahr mit dem Faschingsdienstag denkbar ungünstig fällt: der internationale Frauentag wird heuer zum 100. Mal gefeiert und allenthalben wird Bilanz gezogen. Schon seit Tagen bewegt das Frauenthema – und damit die Frage nach dem Zu- und Miteinander der Geschlechter – die mediale Diskussion.

Damals und heute

„Vor 100 Jahren haben Frauen für ihr Wahlrecht gekämpft. Das, worum es heute geht, ist nicht per Gesetz zu verordnen, aber trotzdem unverzichtbar: die Beteiligung der Männer am ‚anderen‘ Leben jenseits von Karriere und Beruf“ – formuliert punktgenau Doris Helmberger in der österreichischen Wochenzeitung Die Furche. Während damals der Skandal des Ausschlusses der Hälfte der Bevölkerung mit einer Vehemenz ins Bewusstsein trat, welche nur sieben Jahre später die Einführung der Stimmrechts „aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts“ zur Folge hatte, scheinen heute den Frauen alle Möglichkeiten offen zu stehen: Ob Soldatin oder Feuerwehrfrau, Philharmonikerin oder Topmanagerin: (fast) überall sind heute auch Frauen anzutreffen – vielerorts zwar (noch) als „Exotinnen“, aber immerhin.

Und die katholische Kirche?

Die bisherige Weigerung der katholischen Kirche, Frauen zu den Weiheämtern zuzulassen, wird von vielen – insbesondere jungen – Frauen als Indiz dafür wahrgenommen, dass sie in dieser Institution fehl am Platz sind, dass sie weder gebraucht, noch geschätzt, noch als gleichwertige Partnerinnen anerkannt werden. Auf abstoßende Weise verdeutlichen Postings wie dieses auf der (wohl gar nicht so katholischen) Internetseite www.kath.net jene chauvinistische (und damit gar nicht christliche) Haltung, die Frauen mehr als suspekt ist: Ein User mit dem sprechenden Nickname „Mundkommunion“ schreibt (Anm.: Rechtschreibung wurde nicht angepasst): „Halleluja! Das Zölibat, wo wie es ist, ist richtig. Das kann man immer an diesen Utopischen Forderungen von den Frauen sehen :-) Geht wohl nicht in die Köpfen, dass dies nicht möglich ist. Vielleicht sollte man ein Kochrezept entwickeln, mit Bildern, dass die es besser verstehen ! Also liebe Frauen, ihr sollt Euren Männern treu sein, ihr sollte den Männern den Rücken stärken, ihr sollt beten, beten, beten. Die Priesterweihe ist und bleibt in der nachfolge Christi den Männern aufgetragen worden.“

Glücklicherweise ist das jedoch nicht das Niveau, auf dem über die großen Fragen um die Gleichstellung der Frauen heute innerkirchlich nachgedacht und diskutiert wird. Glücklicherweise gibt es starke Signale auch von der höheren Kirchenleitung, dass mann sehr wohl darum weiß, dass Frauen auch in kirchlichen Leitungspositionen im wahrsten Sinne des Wortes not-wendig weil not-wendend sind. Auch wenn eine oft übermächtig erscheinende Tradition, die globale Dimension und die Macht der Gewohnheit den Leitungsverantwortlichen Veränderungen nicht unbedingt leicht machen: Die Ernennung einer (feministischen!) Theologin zur Seelsorgeamtsleiterin in der Erzdiözese Wien ist aktuell wohl das sprechendste Zeichen des Umdenkens in diese Richtung.

Geschlechtergerechte Welt – Ist noch was zu tun?

Ist also für Frauen alles in bester Ordnung (oder zumindest auf dem Weg dortin)? Wohl kaum, konstatierte letzte Woche in einem Vortrag an der Dornbirner Fachhochschule die Innsbrucker Politikwissenschaftlerin Erna Appelt. Denn von jener Gleichberechtigung, welche de iure allen Frauen zugesprochen ist, ist de facto oft nur wenig zu spüren. Die auch unter Vollzeitbeschäftigten eklatanten Gehaltsunterschiede sprechen eine eindeutige Sprache, ebenso wie die trotz Bildungsbooms nach wie vor nicht gleichen Aufstiegschancen für Frauen. Was also tun?

Quote – ja oder nein?

Angesichts der beschriebenen Problematik scheinen nicht nur der Frauenministerin die oftmals ungeliebten Quoten in manchen Fällen eine sinnvolle und gangbare (Zwischen-)Lösung. Nicht weil Frauen schlechter wären als Männer und deshalb Hilfe nötig hätten. Viele Frauen lehnen selbst Quoten ab: Frau will keine Quotenfrau sein und auch nicht in die Rolle des „armen Opfers“ schlüpfen oder gedrängt werden. Andererseits: Wo über Jahrhunderte gewachsene Strukturen faktisch so sind, dass die eine Gruppe bevorzugt und die andere benachteiligt wird, braucht es vielleicht eine Zeit lang strukturelle Gegenimpulse. Quoten wären in diesem Sinn als Hinweis darauf zu lesen, dass in manchen Fällen individuelle Lösungen zwar möglich, aber auf Dauer allein zu wenig und zudem überfordernd sind.

Lebensqualität für alle

Die Lösung aller Fragen und Probleme werden aber auch Quoten nicht bringen können. Da ist wohl noch einmal tiefer zu graben und anzusetzen: Welche Gesellschaft wollen wir wirklich? Muss es sein, dass die beiden für die Lebenszufriedenheit und Sinnerfüllung so zentralen Standbeine Beruf und Familie in Widerspruch zueinander stehen? Dass mann / frau irgendwann gezwungen ist, sich zwischen beiden zu entscheiden? Gilt es nicht vielmehr darum zu ringen, dass Männer und Frauen beides leben können und gerade darin zu Ausgeglichenheit und Ganzheit finden können? Das wäre ein Ziel, für das es sich auch nach 100 frauenbewegten Jahren noch lohnen würde, auf die Straße zu gehen: für Frauen und Männer!