ausFRAUENsicht. Von Petra Steinmair-Pösel.

Es ist eine irritierende Allianz, die in den letzten Monaten immer wieder sichtbar wird: eine Art „Schulterschluss“ zwischen (mehrheitlich männlichen) politisch rechts orientierten Islamgegnern und Feministinnen aus dem linken oder liberalen Milieu? Was sie verbindet: Beide haben in der Schweiz für das Minarettverbot gestimmt, beide empfinden Unbehagen beim Anblick Kopftuch tragender Frauen. Dennoch sollte man die Kritik der Frauen nicht leichthin als Ausdruck eurozentristischer Dominanzkultur bewerten, hieß es kürzlich in der taz.

Tatsächlich ist die Frage äußerst komplex: Selbst unter Musliminnen und Muslimen ist umstritten, ob den Kopf zu bedecken ein im Koran festgeschriebenes religiöses Gebot sei. Europäischen Musliminnen, die betonen, das Kopftuch gerne und freiwillig als Ausdruck ihrer religiösen Überzeugung zu tragen, stehen Frauen aus anderen Ländern gegenüber, denen keine Wahlfreiheit gelassen wird. Aber da sind auch muslimische Mädchen in Europa, die von ihren Kopftuch-tragenden Mitschülerinnen gemobbt werden, weil sie selbst keines tragen.

Ein offener, sachlicher und freier Diskurs ist unumgänglich: Welches Geschlechterverständnis steht hinter dem Kopftuchgebot? Welche Probleme sollen damit gelöst werden? Ist mit dem Verbot des Kopftuchs im öffentlichen Raum automatisch schon die Diskriminierung beseitigt? Und was würde ein solches Verbot für verschleierte christliche Ordensfrauen bedeuten? Was es zu üben gilt: gegensätzliche Positionen zu vertreten, die Argumente wenigstens zu verstehen suchen und zugleich die andere als Person zu achten.