24 Begriffe führen, so die Ausführungen von Bischof Elmar Fischer, ins Zentrale: hin zum Sinn - zum Wert - zur Liebe und damit hin zur Gestaltung der Beziehung: "im Geist Jesu", so der Diözesanbischof. "Geltung" ist einer dieser Begriffe. Von Petra Steinmair-Pösel

Auf den ersten Blick ist Geltung vielleicht kein Begriff, den ich mit persönlicher Freundschaft oder gar (partnerschaftlicher) Beziehung in Verbindung bringe. Mag sein, dass er eher an Gesetze und Normen erinnert, die Geltung haben oder eben nicht.

Bei genauerem Hinsehen eröffnen sich jedoch noch ganz andere, tiefer reichende Verstehenskontexte. Schon eine einfache Google-Recherche ergibt, dass Geltung mit Achtung zusammenhängt, mit Ehre und Ansehen. Und all das hat zuinnerst mit intensiven und erfüllten zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun. Schließlich handelt es sich dabei um menschliche Grundsehnsüchte und Bedürfnisse.

Wo diese Grundbedürfnisse auf Dauer auf Missachtung stoßen, wird sich zumindest einer der Partner zurückziehen oder die Beziehung bleibt zwar bestehen, wirkt sich aber kränkend, ja krank machend aus. Aber es gilt auch umgekehrt: Wenn ich in einer Freundschaft oder in einer partnerschaftlichen Beziehung Geltung erfahre, wenn ich mich also geachtet, geehrt und als die/der, die/der ich bin, wirklich gesehen erlebe, kann Leben aufblühen. Dann kann ich wachsen, kann ich immer mehr die/der werden, die/der ich sein soll. Wenn ich selbst Geltung erfahren habe, wird es mir auch leichter fallen, andere gelten zu lassen.

Und dennoch bleibt es ein Charakteristikum menschlicher Grundwünsche, dass sie im Letzten maßlos sind, dass sie auf Ewigkeit und Unendlichkeit aus sind. Für diese Maßlosigkeit kann jedoch kein menschliches Gegenüber im umfassenden Sinne einstehen. Deshalb wird das, was wir an Achtung, an Ehre, an Ansehen, also an Geltung von einem menschlichen Gegenüber erfahren, letztlich immer hinter dem zurückbleiben, was wir uns in der Tiefe unseres Herzens wünschen.

Darauf gibt es verschiedene Antworten: Eine ist, den Wunsch als solchen aufzugeben, zu verdrängen, auf verschiedenste Weise zu betäuben, zu resignieren. Eine andere, bei immer neuen Partnern, in immer neuen Freundschaften, rast- und ruhelos (und doch zum Scheitern verurteilt) die Erfüllung des maßlosen Wunsches zu erhoffen. Eine dritte Antwort ist in der Lage, in den Momenten gelingenden Lebens und Liebens Spuren jener noch ausstehenden Wirklichkeit zu erkennen, die uns von Gott her verheißen und zugedacht ist.

Wenn biblisch vom Menschen als Abbild Gottes gesprochen wird, ist das ein im Grunde unüberbietbarer und auch unzerstörbarer Zuspruch von Geltung an jede und jeden einzelnen. Ein Zuspruch, der wachsen und aufrecht gehen lässt. Ein Zuspruch, der dazu einlädt, sich selbst aber auch dem/der anderen mit Achtung zu begegnen. Ein Zuspruch, der dazu einlädt, in jedem Menschen diese Gottebenbildlichkeit zu erkennen. Vielleicht ist das die tiefste Form, einem Menschen Geltung zuzusprechen: In ihm / ihr die Spuren Gottes zu ent-decken...