„Und? Glücklich?“ fragt Sinnforscherin Dr. Tatjana Schnell. 75 Frauen, die gerade ihren Stift oder Finger quer im Mund haben, damit die Mundwinkel nach oben ziehen, fangen an zu lachen. Ein perfekter Einstieg für einen FrauenSalon, der sich auf die gefährliche Suche nach Glück begibt. Und stattdessen vielleicht Sinn findet.

Die schlechte Nachricht gleich vorweg: Je mehr wir nach Glück streben, desto geringer ist das „Glückserleben“. Mehr noch: Die Suche nach Glück sei ein Risikofaktor, weil der „Glückszwang“ zu überhöhten Erwartungen und der Vermeidung negativer Gefühle führe, erklärt Schnell. Dazu komme der „negativity bias“ - eine höhere Sensibilität für negative Gedanken, Gefühle oder Erlebnisse, die uns stärker in Erinnerung bleiben, als positive. Kein guter Start für einen FrauenSalon, der die Suche nach Glück zum Thema hat.

Glück ist

Glück sei laut Definition aus Sicht der Psychologie ein „hohes Ausmaß positiver Gefühle und möglichst wenig negativer“. Unsere Lebensumstände hätten in unserer Wohlstandsgesellschaft aber nur einen geringen Einfluss (ca. 10 Prozent) auf unser Glücksgefühl, erklärt Schnell und betont: Auch ein Lottogewinn hebe das Glücksgefühl nur wenige Monate, bevor man dank der „hedonischen Tretmühle“ wieder zum ursprünglichen „Glückslevel“ zurückkehre, das bei jedem Mensch unterschiedlich hoch ist. Die gute Nachricht: Bei negativen Ereignissen wie Scheidungen passiert das gleiche.

„Es zählt, wie wir handeln"

„Es zählt, wie wir handeln“, macht Schnell Mut. Hinter jeder Entscheidung stehe nämlich Verantwortung. „Und wo mir Verantwortung zugetraut wird und ich mich identifiziere, entsteht Sinn“, bringt es die Sinnforscherin auf den Punkt. Schon Aristoteles wusste um die Bedeutung der „Eudämonie“ - also eines guten/gelingenden Lebens, das darauf fußt, dass wir so handeln, dass es uns entspricht. Oder anders formuliert: Man sollte so leben, dass man die eigenen Begabungen umsetzt und das freiwillig, verantwortlich und aus eigenem Antrieb (intrinsisch) macht. Und auch Gerechtigkeit, soziale Einbindung und Selbsttranszendenz spielen eine Rolle.

Sinnerfüllung und Sinnkrise

„Sinnerfüllung ist grundlegendes Vertrauen darein, dass es sich zu leben lohnt. Es basiert auf einer Bewertung des eigenen Lebens als kohärent, orientiert, bedeutsam und zugehörig“, erklärt Schnell, dass Sinn kein bestimmtes Gefühl ist und so erntet sie auf die Frage „darf ich mal ihr Sinngesicht sehen?“ nicht nur fragende, sondern v.a. auch lachende Gesichter. Sinn könne am ehesten mit dem festen Boden unter den Füßen verglichen werden. Wenn dieser anfange zu bröckeln, fallen viele Menschen in eine Sinnkrise, die mit Depressionen, Ängstlichkeit, Pessimismus, einer negativen Stimmung und Suizidalität einhergeht. Studien zeigen, dass immer mehr Menschen von dieser „Sinnleere und Sehnsucht nach Sinn“ betroffen sind (2005: 4% der Bevölkerung; heute: 14%). Die Grundannahmen über die Welt würden plötzlich nicht mehr stimmen und positive Illusionen zu bröckeln beginnen. Sinnkrisen machen keinen Halt vor einem bestimmten Bildungsstand oder Wohnort. Sie sind ein Produkt kritischer Lebensereignisse (44%), von Übergangsphasen wie Berufswechsel/ Pension (36%) oder haben kein besonderes Ereignis als Auslöser (20%).

Krise als Chance

Aber: Die Bewältigung schwieriger Lebensereignisse kann auch zu einem posttraumatischen Wachstum führen, das ganz neue Perspektiven eröffnet. Persönliche Beziehungen intensivieren sich, neue Möglichkeiten werden entdeckt und man wird sich der eigenen Stärke (und Verletzlichkeit) bewusst. Viele schätzen und repriorisieren das Leben mehr, sind dankbar für die kleinen Dinge des Lebens und offener für „Nichtmaterielles und Selbstüberschreitung“. Große Wertschätzung ist auch beim ersten „echten“ FrauenSalon in Batschuns nach langer Online-Zeit spürbar, den viele herbeigesehnt haben. Es wird gegessen, geredet, gelacht und sinniert.Und viele „sinnvolle“ Momente reflektiert.