Wie geht es mir heute? Haben Sie sich das auch schon mal gefragt? Warum wir uns diese Frage eigentlich täglich stellen sollten und was helfen kann, aus Trauer- und Lockdown-Phasen gestärkt hervorzugehen, erzählte Barbara Pachl-Eberhart beim FrauenSalon.

Drei Tage bevor der FrauenSalon stattfinden hätte sollen, verkündete die Regierung den zweiten Lockdown. Passender hätte der Titel des FrauenSalons "Geht's Ihnen gut? Auftanken: alles tun, was Freude macht" also kaum sein können. Und weil die Organisatorinnen flexibel sind, wurde die Veranstaltung kurzerhand vom "gastlichen Arbogast" in den "nüchternen virtuellen Raum" verlegt.

Vier minus drei

Dass sich (Lebens)pläne ganz schnell ändern können, musste auch Barbara Pachl-Eberhart schmerzlich erfahren. 2008 - kurz nach Ostern - kamen ihr Mann Heli und ihre beiden Kinder Thimo ("nicht ganz 7") und Valentina ("nicht ganz 2") bei einem Autounfall ums Leben. "Diese Zeit war die schlimmste und schmerzhafteste aber auch die würdigste und wertvollste, wichtigste Zeit in meinem Leben", erinnert sich die Clownin, Autorin und Lehrerin für kreatives Schreiben.

Im eigenen Lockdown

Ihre eigene innere Regierung, ihre Seele, habe ihr damals einen Lockdown verordnet, zieht sie Parallelen zu heute. "Ich habe intuitiv ganz viel so gemacht, wie es die Regierung uns heute verordnet", erzählt sie vom alleine zu Hause bleiben, Waldspaziergängen und einem bescheidenen Leben. Damals wie heute sei der Lockdown eigentlich nicht freiwillig gewesen, rückblickend könne sich diese Zeit aber als etwas heilsames herausstellen. Oder als gut. Oder zumindest nicht ganz so schlecht.

Unserer Seele passiert nichts, wenn´s mal schlecht geht

Warum? Zum ersten Mal in ihrem Leben habe sie sich einen Druck und Stress nicht gemacht - nämlich den, "dass es mir gut gehen soll und muss". Bis sie 34 Jahre alt war, habe sie das Gefühl gehabt: "wenn es dir nicht gut geht, hast du etwas falsch gemacht und musst es in Ordnung bringen".  Dann, 2008,  "war ich drin im Schlechten und wusste: das gehört jetzt so". Es habe viele Schattierungen gegegeben zwischen "nicht gut, gar nicht gut und richtig schlecht", erzählt sie vom Weinen, Fühlen, Schreien aber auch Lachen. Eines müsse uns klar sein: "Unserer Seele passiert nichts, wenn´s mal schlecht geht", wir tun ihr keine Gewalt an und man darf sich nicht vor den Herausforderungen des Lebens fürchten.

Eine dieser Herausforderungen ist aktuell der zweite Lockdown - und vielleicht müsse man der Welt auch mal zugestehen, dass es ihr nicht gut geht. Oder dass die Erde, die Menschheit eine schlechte Phase hat. Schlecht sei nur, wenn man das nicht zulassen kann. Wenn man sich zusamenreißen muss und sich überfordert.

Doch was tun?

Na, zum Beispiel mit dem dualen Trauermodell arbeiten, in dem man sich das Leben in Trauer als zwei Inseln vorstellt: eine Insel des nach Innen gehens, des wohligen Erinnerns mit viel Ruhe, Einkehr und Schlaf. Und eine Insel, auf der Entscheidungen getroffen werden müssen und das Leben weiter geht. Es sei ein gelingender Prozess, wenn man lerne selbstbestimmt zwischen den Inseln hin und her zu wechseln, betont Pachl-Eberhart.

Unsere Seele braucht ...

Was braucht die Seele aber nun wirklich, damit sie keinen Schaden nimmt oder sogar gestärkt hervorgeht?

1. Räume, um allein zu sein ohne einsam sein zu müssen.
Nach dem Tod ihrer Familie seien das für sie vor allem Bücher gewesen, erinnert sich Pachl-Eberhart, aber auch sogenannte "Mitfahrgelegenheiten", also Freunde, die da waren, ohne sich aufzudrängen. Oder ihre verstorbene Familie, die sie als "wohlwollende Gesellschaft und höhere Instanz" sieht. Und ihr Tagebuch.

2. einen sicheren Raum, ungestört und unangegriffen
Sie habe damals buchstäblich die Tür zugesperrt und ihr Handy abgedreht und sich immer wieder mal bei Freunden und Bekannten "abgemeldet", erzählt die Autorin. Seinen inneren Kompass spüren, Gedanken nicht beschönigen müssen, im eigenen Rhythmus sein, schreien, rufen, lachen - so beschreibt sie die Zeit "damals". Aber auch Dinge zu ordnen um äußere Sicherheit zu schaffen und die überschwellende Angst in kleine Häppchen zu verteilen, sei Teil des sicheren Raumes.

3. Perspektive und Horizont
Zu sagen "es soll mir wieder gut gehen", war mir zu weit, erklärt Pachl-Eberhart. Deshalb habe sie sich kleine Momente gesucht, "in denen es mir ein kleines bisschen besser geht als vorher". In diesen "kleinen Schritten" sei sie bis heute Meisterin. Die Perspektive unseres Lebens sei nun mal das Sterben - und damit sei der "worst case nicht der worst case", denn "dort wo wir hinkommen, ist es einfach unglaublich".

4. Kraftausdrücke
Sie habe damals getrommelt und gesungen, dass alles in ihr gebebt habe. Oder ein Beet angelegt und versucht Holz hacken zu lernen, spricht sich Pachl-Eberhart dafür aus, Kraft physisch einzusetzen und vieles "ohne Hirn" zu tun.

5. Beschäftigung
Und last but not least brauchen wir auch sinnvolle Beschäftigung, zieht sie wieder Parallelen zum ersten Lockdown, in dem Brotbacken und Handarbeiten zum großen Trend wurde. In Trauerzeiten sei das Gehirn anders durchblutet als sonst und funktioniere nicht so "gut" wie sonst. Umso wichtiger sei es, sich Zeit zum Träumen und zum Lesen zu nehmen - und die Zeit gut zu nutzen.

Lust auf Übungen zur Selbstfürsorge?

Gut auf sich zu achten, ist Barbara Pachl-Eberhart ein großes Anliegen und gibt den Online-Teilnehmerinnen zwei Übungen mit auf den Weg: "Schreibe jeden Tag nur einen einzigen Satz, der jetzt gerade für dich wahr ist. Und es wird ganz viel passieren in deiner Wahrnehmung und Selbstfürsorge". Und: Eine buchstabenfreie Zeit einführen. Also eine Zeit, in der nicht geredet, gelesen oder sonst etwas mit Buchstaben "gemacht" wird. Beziehungsweise ene Liste mit Dingen führen, bei denen ich überhaupt kein schlechtes Gewissen habe.

In diesem Sinne: Lassen Sie es sich gut gehen!