Vor 20 Jahren wurde das Frauennetzwerk Vorarlberg gegründet. Es setzt sich als landesweite Organisation für die Anliegen von Frauen ein, vernetzt Frauen untereinander und setzt durch Veranstaltungen und Vorträge wichtige regionale Akzente. Und es ist zu einem Raum geworden, in dem Frauen ihr Talent entdecken und entwickeln.

Patricia Begle

„Ich habe mich von Anfang an sehr wohl gefühlt im Team“, erzählt Angela Alicke. „Von jedem Treffen bin ich bereichert und beflügelt heimgefahren.“ Die Fraxnerin ist seit zehn Jahren Teil des Frauennetzwerks Vorarlberg: als Frauensprecherin ihrer Gemeinde, als Regionensprecherin und seit einem Jahr als Landessprecherin. Sie schätzt den Austausch, das Diskutieren  unterschiedlicher Meinungen, die Unterstützung, die sie von anderen Frauen erfährt, das Lernen an neuen Aufgaben. „Ich habe mich persönlich extrem entwickelt, bin über mich hinausgewachsen“, erzählt sie begeistert.

Gemeinsames schaffen

Austauschtreffen, Vorträge, Workshops, Ausstellungsbesuche,... die Aktionen, die vom Frauennetzwerk durchgeführt werden, sind vielseitig. Aufgrund der anstehenden Gemeindevertretungswahl lag der Schwerpunkt im vergangenen Jahr natürlich darin, Frauen für die Gemeindepolitik zu gewinnen. Denn während auf Bundes- und Landesebene die Zahl der Frauen in politischen Ämtern stetig angestiegen ist, stagniert sie auf Gemeindeebene fast. Lediglich 23% der Vorarlberger Gemeindevertreter/innen sind weiblich. Immer noch gibt es Gemeindeausschüsse, in denen nur Männer sitzen, also nur Männer entscheiden.

„Es ist wichtig, dass Frauen mitgestalten  und mit-entscheiden können, denn das hat ja unmittelbare Auswirkungen auf die konkreten Lebensbedingungen von Frauen“, erklärt Tanja Kopf. Seit September 2018 leitet sie das Referat Frauen und Gleichstellung im Bregenzer Landhaus. Das Projekt Frauennetzwerk Vorarlberg liegt in ihrem Zuständigkeitsbereich. „Es geht um die Gleichstellung der Geschlechter“, so die Referatsleiterin. „Die faire Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung am Arbeitsmarkt, die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Diskriminierung und Gewalt, die Gleichstellung in Entscheidungspositionen und -prozessen, all dies wird politisch entschieden und meist über Gesetze geregelt, da ist es selbstredend, dass Frauen in der Politik maßgeblich vertreten sein müssen. Und es ist erklärtes Ziel, hier die gläserne Decke zu durchbrechen.“

Gleichstellung erreichen

Zahlreiche Infoveranstaltungen gingen seit Herbst 2019 in den Gemeinden über die Bühne, Flyer wurden gedruckt, die Facebook-Seite bespielt und sogar ein Film zum Thema „Frauen in die Politik“ entstand. Die Netzwerk-Frauen setzten ihr Potential und ihre Kreativität mit hohem Engagement ein. „Viele Frauen trauen sich politische Arbeit nicht zu oder haben mit Kindern und Beruf schon genug“, erklärt Angela Alicke. Manche allerdings brauchen Anstoß und  Ermutigung von außen. Dass dies wirksam ist, zeigen jene Wahllisten, in denen Frauennamen in der Überzahl sind bzw. Frauen als Bürgermeisterin antreten – wie in Röthis oder Weiler. Neue Listen lösen vielfach eine Dynamik aus, die das gesamte politische Geschehen beeinflusst – mit belebendem Effekt.

Gemeindepolitik ist nicht der einzige Wirkungsbereich des Frauennetzwerkes. „Mit dem neuen Angebot ‚Treffpunkt Gleichstellung‘ öffnen wir uns für interessierte Frauen“, blickt die Expertin für Frauenfragen in die Zukunft. Diese Öffnung ist Ergebnis eines Organisationsentwicklungsprozesses, auf den sich die Netzwerkfrauen im vergangenen Jahr eingelassen haben. Überhaupt ist die Zusammenarbeit mit Systempartner/innen von grundlegender Bedeutung im Referat. „Gemeinsam mit 20 Systempartner/innen entwickeln wir seit über 10 Jahren einen Aktionsplan zur Gleichstellung für Frauen und Männer – er umfasst rund 100 Maßnahmen“, erläutert Tanja Kopf.

Harte Bretter

Angela Alicke selbst ist ein Beispiel dafür, dass Netzwerk-Frauen nicht unbedingt Mitglied der Gemeindevertretung sein müssen. Sie hat zwar andere motiviert, sich aufstellen zu lassen, steht jedoch selbst auf keiner Liste. Der Grund dafür liegt allerdings darin, dass sie als Sachbearbeiterin im Gemeindeamt arbeitet. Sie erlebt also hautnah, worum es in der Gemeindepolitik geht und welches die Bedürfnisse der Frauen sind. Kinderbetreuung, Wiedereinstieg, Altersarmut, Gewalt, Scheidung – diese Themen werden an sie herangetragen. Den Frauen, die sie um Rat fragen, gibt sie entsprechende Infos weiter oder vermittelt sie an professionelle Stellen. Zuhören ist immer das Erste und vielfach das Wichtigste.

„Lieber gleich-berechtigt als später“, lautet das Motto des aktuellen Jahresberichtes des Referates für Frauen und Gleichstellung. „Es darf keinen Stillstand geben“, erklärt Tanja Kopf zielstrebig. „Es ist ein Bohren in harten Brettern, immer noch.“

Frauennetzwerk Vorarlberg

Das Frauennetzwerk Vorarlberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, frauen- und gleichstellungsrelevante Themen in die Gemeindepolitik und auf regionaler Ebene einzubringen. Die Frauen arbeiten ehrenamtlich über Parteigrenzen und Ideologien hinweg zusammen. Organisiert ist das Netzwerk auf drei Ebenen:

  • Auf kommunaler Ebene vertreten Frauensprecherinnen die Fraueninteressen und -anliegen. Sie stellen Kontakte her zu Vereinen, Frauenorganisationen und zur Gemeindepolitik.
  • In sechs Regionen des Landes kommen die Frauensprecherinnen regelmäßig zusammen, um sich auszutauschen und Aktionen zu planen.
  • Die landesweiten Aktivitäten und Initiativen des Frauennetzwerks werden in den vierteljährlich stattfindenden Regionensitzungen, an denen das Team der Regionensprecherinnen und das Referat für Frauen und Gleichstellung teilnimmt, geplant und vorbereitet. Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder zu einer Klausur, die der Jahresplanung, der Setzung von Schwerpunktthemen und den netzwerkinternen Entwicklungsprozessen dient.

Zugeordnet ist das Frauennetzwerk dem Referat für Frauen und Gleichstellung. Es ist Teil des Bereiches „Politische Partizipation“, der neben Erwerbsarbeit, Bildung und Kinderbetreuung zu den vier Schwerpunkten des Referates gehört.

Das Frauennetzwerk bietet nach den Gemeindewahlen Workshops zu Gemeindepolitik an.

Interessierte Frauen sind jederzeit willkommen!
Kontakt: E
Mehr Informationen unter www.frauennetzwerk-vorarlberg.at

(aus der frauenZEIT Nr. 30 vom 05. März 2020)