von Petra Steinmair-Pösel

Warten ist nicht meine Stärke. Lieber ist mir, ich kann etwas aktiv angehen, in die Hand nehmen, verändernd gestalten. Damit bin ich wohl Kind meiner Zeit und in vielen Bereichen ist es im wahrsten Sinne des Wortes Not-wendig, anzupacken, auf Zukunft hin zu gestalten oder negativen Entwicklungen Widerstand zu leisten. Doch dann mache ich von Zeit zu Zeit die Erfahrung, dass es Dinge gibt, die Geduld brauchen, die wachsen und reifen müssen.

In solchen Situationen bin ich gefordert, das Warten zu lernen. Nicht ein passives, desinteressiertes Sich-Zurücklehnen, sondern ein höchst aktives, waches und achtsames Warten. Vor mir sehe ich das Bildnis eines jungen Mannes mit Stirnlocke und Flügeln an den Füßen: der altgriechische Gott „Kairos“*, der günstige Augenblick. Flüchtig ist er, rasch eilt er dahin und wer ihn nicht – geistesgegenwärtig – beim Schopfe packt, hat ihn schon verpasst.

Wie der Kairos lädt die Zeit des Advent zum erwartungsvollen Wachsein. Auch wenn das Noch-Nicht der Sehnsucht im Vordergrund steht, ist diese Zeit doch schon durchglüht von der Hoffnung auf das Kommende: zukunftsschwanger. „Attente de Dieu“ (wörtl. Erwartung Gottes) nannte die jüdische Philosophin und Mystikerin Simone Weil diese Haltung. Aufmerksam ganz gegenwärtig sein - das ist ein ebenso anspruchsvolles wie adventliches Projekt, denn ich darf weder in die Vergangenheit noch in die Zukunft flüchten. Lernen, wartend ganz präsent zu sein – und so selbst zum Präsent werden.

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Ich lade Sie ein, mich durch diesen Advent zu begleiten! Unter www.mein-advent.at finden Sie ab dem 1. Adventsonntag täglich einen kurzen Impuls als kleine Einladung in dieser Zeit des Wartens und Präsent-Seins.

 

*) Das Bild zeigt ein Steinrelief des Kairos aus Trogir / Kroatien.