von Petra Steinmair-Pösel

Aschermittwoch – Beginn der Fastenzeit: Zeit des Weniger, der Reduktion. Gerade in einer Überflussgesellschaft, in der wir trotz Wirtschaftskrise noch immer leben, gewinnen solche Zeiten für viele Menschen an neuer Plausibilität. Wir spüren, dass uns so manches an unserem Lebensstil zu viel wird: zu viel Essen, zu viel Stress, zu viel Fremdbestimmung, zu viel Leben im Außen. Es wächst die Sehnsucht nach Einfachheit, nach einem Leben ohne Masken, nach dem Wesentlichen. Lessness –weniger ist mehr – ist in.

Doch das Loslassen fällt bisweilen schwer, zu verzichten kann auch schmerzhaft sein. Da ist es wichtig, achtsam die innere Haltung in den Blick zu nehmen: Geht es um Selbstkasteiung, um ein gewaltsames „Abtöten“ von Wünschen und Bedürfnissen getragen von einer leib- und lebensfeindlichen Haltung? Eine solche findet sich keineswegs nur in problematischen Frömmigkeitstraditionen, sondern auch in einem von wirklichkeitsfernen Idealbildern verordneten Hungern um der Figur willen. – Oder ist der Verzicht getragen von einer liebevollen Aufmerksamkeit für das, was ist. Von der hoffnungsschweren Ahnung, dass gerade in der entstehenden Leere neues Leben aufbrechen kann: dass ich klarer wahr-nehme, was mir wichtig und wertvoll ist, dass ich meinem Leben bewusst eine (neue) Richtung geben kann.

Reduktion kommt vom Lateinischen re-ducere, was wörtlich zurückführen bedeutet. Sie führt mich zurück zum Wesentlichen, zu mir selbst und zu jener innersten Mitte, wo ich erahne, welches Leben in Fülle uns zugedacht ist – wenn wir uns dafür öffnen. Meister Eckhart meint, wenn ein Glas mit Wasser voll ist, kannst du es nur dann mit Wein füllen, wenn du es zuvor leerst.