von Petra Steinmair-Pösel

Steinmair-Pösel Pösel IIKaum noch überschaubare Komplexität hat die Diskussion um die Missbrauchsfälle in der Kirche nach einigen Wochen erreicht. Komplexität ruft nach Vereinfachung. Und da kommt es schon einmal vor, dass eine Vergewaltigung und eine Ohrfeige mit ein und demselben Wort „Missbrauch“ übertitelt werden. Da erscheinen plötzlich alle Priester als potentielle Kinderschänder und die Kirche als Ganze als ein Raum scheinheiliger Doppelmoral.

Bei allem Schaden und Verlust an Glaubwürdigkeit, birgt die Krise doch auch immense Chancen. Zuerst die Chance für die Opfer – innerhalb und außerhalb der Kirche: Dass Standards verbessert, Aufmerksamkeit vergrößert, Schweigen gebrochen und zukünftigem Missbrauch vorgebeugt wird. Dann aber auch eine Chance für die Kirche selbst, wenn die Verantwortlichen bereit sind, die Stimme der Gläubigen ernst zu nehmen und mutig zu handeln.

Laut einer aktuellen Umfrage* erwarten Menschen von der Kirche vor allem eine Erneuerung in folgenden Bereichen, um ihre Glaubwürdigkeit wieder zu gewinnen: Zusammenarbeit mit der Justiz (87%), die sofortige Offenlegung unangenehmer Vorfälle (84%), eine zeitgemäße Haltung zur Sexualität (79%), die Abschaffung des Pflichtzölibats (77%), das Hören auf die Anliegen der Gläubigen (76%), die Höherbewertung des Wohls der Menschen gegenüber dem Image der Kirche (72%), mehr Transparenz (72%) und die Gleichberechtigung von Frauen (68%). Dass sie die Zeichen der Zeit versteht und die Chance nicht verstreichen lässt – das wünsche ich meiner Kirche!

* Für Österreich repräsentative Market-Umfrage vom 16./17.3.2010.