von Petra Steinmair-Pösel

„Nur wenn du dich in die Schuld hinein stellst, kann sie zur felix culpa, zur glücklichen Schuld, werden.“ Noch immer klingen diese Worte in mir nach, die mir vor einem Jahr eine weise Frau zugesprochen hat. Sich in das eigene Dunkel hineinstellen. Wie schwer das ist. Wie sehr bemühen wir uns, gut dazustehen: vor uns selbst und vor den anderen. Oft und meist unbewusst schieben wir eigene Schuld auf andere ab, weil wir nicht damit umgehen können, sie uns un(er)tragbar erscheint. Oder wir bemühen uns heroisch, unsere Unschuld zu wahren – ein utopischer Versuch.

Auch wenn wir heute nicht mehr gerne von „Schuld“ sprechen, weil – andere beschuldigend – der Begriff allzu oft moralistisch missbraucht wurde: Leben heißt schuldig werden, heißt, immer wieder anderen und sich selbst nicht gerecht zu werden. Im Großen und im Kleinen. Das sagt der Kopf. Aber wenn es konkret wird? Dann steigt doch immer wieder die archaische Angst auf, das Leben – das eigene und das anderer – und die Liebe zu verspielen. Zeugt aber nicht gerade diese Angst von fehlendem Vertrauen, von Unglauben?

„Ein Mensch kann gar nicht eine so große Sünde begehen, dass sie die unendliche Liebe Gottes erschöpfte“, lässt Dostojewski in seinem Roman „Die Brüder Karamasow“ den lebenserfahrenen Starez Sossima sagen. Was könnte vertrauensvoller die österliche Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass wir alle, wenn uns der Boden unter den Füßen wegbricht, in die Arme dessen fallen, dessen Liebe am Kreuz jedes menschliche Maß übersteigt.