Dr. Walter Schmolly, Leiter des Pastoralamtes


”Verkündigt immer das Evangelium, wenn nötig auch mit Worten!“ hat Papst Franziskus im Sommer 2013 Jugendlichen zugerufen. Dieses Evangelium von Jesus Christus, dem „Licht der Völker“, dem Alpha und Omega, umfasst alles und fordert in jeder Situation neu heraus. Und wenn eine Pfarre baut, dann hat dies vor allem auch mit diesem Evangelium und mit dem pastoralen Auftrag der Pfarre zu tun.

Immer gilt: Wer baut leistet damit einen Offenbarungseid – er zeigt, was ihm wichtig ist, worum es ihm geht, was ihm „heilig“ ist. Wenn beispielsweise eine Pfarrgemeinde ihren Kirchenraum renoviert, dann ist das ein Bekenntnis, dass es in der Mitte des Ortes, dort wo die Lebenswege sich kreuzen, ein Gebäude geben soll, das uns erinnert, dass Gott auf all diesen Wegen gegenwärtig ist. Es ist das Bekenntnis, dass Religion nicht nur Privatsache ist, sondern im öffentlichen Raum ihren Platz haben soll. Es ist das Bekenntnis, dass wir in einer kulturprägenden religiösen Tradition stehen, die im Heute auf Zukunft hin neu erschlossen und gestaltet werden will. Es ist das Bekenntnis, dass nicht alle Tage gleich sind, sondern der erste Tag der Woche der Tag des Herrn sein soll, an dem wir uns jenseits aller alltäglichen Zwänge von unserem Schöpfer her neu empfangen dürfen. Und es ist das Bekenntnis, dass wir dem Evangelium Jesu Christi zutrauen, dass es auch heute noch – und vielleicht gerade wieder heute – Menschen „mitten ins Herz trifft“ (Apg 2,37), sie berührt und versammelt.

Nicht anders ist es beim Bau eines Pfarrheims. Ein solches ist ein unübersehbares Zeichen, dass die Pfarrgemeinde das Evangelium auch in Form von Gastfreundschaft leben will. Es ist ein Zeichen des Vertrauens, dass dort, wo zwei oder drei einander wirklich begegnen –
singend, tanzend, beratend, neugierig aufeinander, staunend über das Leben, miteinander im Gespräch, den Schmerz und die Trauer teilend oder das Leben feiernd – Gott mitten unter ihnen ist. Und wenn wir uns beim kirchlichen Bauen auf Standards des ressourcenschonenden und nachhaltigen Bauens verpflichten, dann ist das ein Zeugnis dafür, dass wir in der Nachfolge Jesu nicht auf Kosten anderer Menschen, der Schöpfung und auch nicht nächster Generationen leben wollen.

Der in dieser Broschüre dargelegte Ablauf eines kirchlichen Bauvorhabens räumt der Reflexion von dessen pastoraler Bedeutung einen wichtigen Stellenwert ein. Das ist gut für das Bauwerk, denn damit ist besser gewährleistet, dass dieses sich einfügt in die Entwicklungen des pfarrlichen Lebens und der Pastoral. Aber es hilft auch der Pastoral. Ein Bauvorhaben wird dadurch für eine Pfarrgemeinde zur Herausforderung, sich Rechenschaft zu geben, worum es ihr letztlich geht, was sie vor Ort zum Leben beitragen will und kann und welche Entwicklungsperspektiven sie leiten. So kann ein Bauprojekt zu einem Katalysator der Pfarrgemeindeentwicklung werden.
 
Möge das Potential dieser gegenseitigen Bereicherung vielerorts eingelöst werden!