Der Gesellschaftspolitische Stammtisch des EthikCenters widmete sich der Frage, welche Probleme die Coronakrise sichtbar gemacht hat. Das Thema war wie immer aktuell, die Form war allerdings neu: Die rund 60 Teilnehmer/innen trafen sich auf der Online-Kommunikationsplattform ZOOM, und zur Freude aller funktionierte das bewährte Format auch digital sehr gut.

Wolfgang Ölz

In ihrem Impulsvortrag betrachtete Magdalena Holztrattner, Leiterin der Katholischen Sozialakademie (ksoe), die Krise aus soziologisch-ethischer Sicht und warf dabei Fragen auf, die eine Ahnung davon vermittelten, was der Preis der Covid-19-Pandemie für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen ist. Die Krise trifft vor allem Frauen, die mehr als Männer zwischen Homeoffice, Homeschooling und Haushalt aufgerieben werden. Direkt betroffen sind auch Jugendliche, die keine Lehrstelle mehr finden, weil im Herbst 7000 Lehrstellen fehlen werden.

Wo wird das Geld gedruckt?

Eine Antwort ist für die Leiterin der ksoe etwa eine CO2-Bepreisung. Auch Online-Konzerne sollten zur Kassa gebeten werden und ihre Profite, die sie in Österreich erwirtschaften, hier auch versteuern. Stefan Hagen, Vizepräsident der Vorarlberger Wirtschaftskammer, gab zu bedenken, dass neue Steuern nur ein Tropfen auf den heißen Stein seien. Es bräuchte ihm zufolge ein neues System, das aber in unserer Demokratie durch die Politik und die emotionalisierenden Medien schwer durchsetzbar wäre. Hagen brach auch eine Lanze für die Unternehmer/innen, die hier in der Region nicht ausbeuterisch, sondern sehr verantwortungsvoll seien. Im harten Wettbewerb gehe es meist nicht um Gier, sondern ums Überleben.

Strukturelle Änderungen nötig.

Caritasdirektor Walter Schmolly zeigte sich erfreut über das hohe Maß an Rücksichtnahme und Empathie, die die Coronakrise ausgelöst hat. Allerdings führe die Pandemie wie in einem Brennglas vor Augen, wie bereits schwelende Probleme Feuer fangen können. Durch Homeschooling werde etwa die Chancen-Ungleichheit zwischen Jugendlichen verstärkt. Der Caritasdirektor ist ähnlich wie Stefan Hagen überzeugt, dass hier punktuelle Hilfe alleine nicht ausreicht, sondern der Einsatz für mehr Gerechtigkeit strukturell und nachhaltig sein muss.

Rolle der Kultur.

Das Publikum brachte Gedanken und Fragen über die Chat-Funktion schriftlich ein. Unter anderem ging es dabei um die Frage, welche Dienstleistungen nötig bzw. unnötig sind, was also wirklich wichtig ist.
Außerdem wurde die Rolle der Kultur diskutiert. Holztrattner verwies darauf, dass im Kulturellen die „Sehnsucht nach dem Schönen“ Resonanz finde. Und dass wir auch in der Krise die Schönheit nicht aus den Augen verlieren sollten. «

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 22 vom 28. Mai 2020)