Eine Woche lang weilten Ngari Khangtsen Mönche auf ihrer Europatournee in Vorarlberg. Dabei gaben sie eindrückliche Einblicke in ihre Tradition. Ihre Friedensbotschaft bekam durch ihre fröhliche und unkomplizierte Art ein Gesicht. Ein strahlendes.

Aglaia Mika

Wenn wir an Flüchtlinge denken, so erscheinen vor unserem inneren Auge möglicherweise Schreckensbilder von ertrinkenden Menschen im Mittelmeer. Wenn wir an den Buddhismus denken, kommen vielleicht eher verklärte, stille Eindrücke, wie etwa ein Bild des lächelnden Buddhas in tiefer Meditation. Beide Gesichter, die der Flüchtlinge und die des Buddhismus, wurden vergangene Woche in ein anderes Licht gerückt. Eine kleine Gruppe tibetischer Mönche, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind und nun im Exil in Südindien leben, ist derzeit auf Tournee durch Europa und hat auch vor der Elfenküche in Dornbirn und im Sozialzentrum Innerbraz (Haus Klostertal) Station gemacht. Mit einer beeindruckenden Performance über die reiche Tradition ihres Landes sowie mit typischen Kunsthandwerken wie etwa Gebetsfahnen oder Schals sammelten sie Spenden für den Bau eines erweiterten Klosters. Denn ihre Gemeinschaft im Exil wächst ständig.

„Free Tibet“ haben wir etwa schon so oft gehört wie „Free Palestine“ – doch worum geht es hier? Ein kurzer Blick auf die politische Situation Tibets zeigt uns, dass der Himalayastaat schon lange von seinem angrenzenden Nachbarn China in eine schwierige Position gebracht wird: Die gegenwärtige Zugehörigkeit Tibets, das bis ins 20. Jahrhundert hinein ein eigenes Staatswesen besaß, zur Volksrepublik China ist völkerrechtlich umstritten. Doch gibt es derzeit keinen Staat bzw. keine internationale Organisation, der bzw. die sich auf diplomatischer oder politischer Ebene aktiv für Veränderungen einsetzt. Seit 1959 besteht eine Tibetische Exilregierung, die international nicht anerkannt ist, aber von vielen Ländern unterstützt wird.

Groß war die Zahl der ZuschauerInnen, welche der Aufführung der Mönche am Sonntagnachmittag im Haus Klostertal sogar teilweise stehend beiwohnten. Darunter waren auch einige Kinder sowie Bewohner des Sozialzentrums, mit denen während der Woche angeblich sehr schöne Begegnungen möglich waren. Zusätzlich zur szenischen Präsentation arbeiteten die Mönche während der Woche an einem Sandmandala, welches sofort nach Fertigstellung in den Fluss Alfenz gestreut wurde, als Zeichen der Vergänglichkeit. Solch ein Mandala wird als Konzentrationsübung von Mönchen angefertigt. Es fand zeitweise auch in der Kapelle des Sozialzentrums Platz, als interreligiöse Geste. Ebenso Raum für interreligiöse Begegnung wurde die Fronleichnamsprozession in Braz, da Pater Peter Brugger die sechs Mönche einlud, von Station zu Station mitzugehen.

Das Schauspiel

Doch nun zurück zum temperamentvollen Buddhismus, der mit tanzenden Schneelöwen und hitzigen Debatten Jung und Alt begeisterte:
Zu Beginn der Vorführung huldigten die Mönche ihrem direkten Oberhaupt, dem 14. Dalai Lama, welcher auch ihr Exil in Indien teilt und durch ein Foto auf der Bühne anwesend war. Ebenfalls als spirituelle Einstimmung zur Aufführung wurden mit charakteristischem Obertongesang Gebete rezitiert. In der Folge wechselten sich informative Vorträge in Bild und Ton, erläutert von Martin Schwall, der die Mönche auch in seinem Familienhaus in Dalaas beherbergte, ab mit überaus lebendigen Tänzen, vorgeführt von Mönchen in traditionellen Kostümen und Masken.

Im Vortrag wurde deutlich dass die Tibeter, einst ein kriegerisches Volk, durch den Buddhismus zur friedliebendsten Kultur der modernen Gesellschaft wurden, und seither das Bestreben haben, so viele Erleuchtete wie möglich hervorzubringen. Da der Buddhismus den Glauben an die Wiedergeburt aller Wesen beinhaltet, gilt das menschliche Leben als besonders wertvoll, da (nur) Menschen durch die Entwicklung von Weisheit und Mitgefühl erleuchtet werden können.
Durch die Tänze wurden weitere Ideale sichtbar, wie etwa Wahrheit, Furchtlosigkeit und Herzensgüte im überaus dynamischen Tanz des Schneelöwens, oder die disziplinierte Erhaltung der Lebensenergie im rhythmischen Tanz des schwarzen Hutes.

Energiegeladener als alle Tänze war jedoch eine Debatte, durch welche die Kultur des Debattierens und Diskutierens in den Klöstern veranschaulicht wurde. Wie auch in der christlich monastischen Kultur, ist im Buddhismus die Bildung sehr hoch gestellt, und der tibetische Titel „Geshe“ ist mit einem westlichen Doktortitel vergleichbar. Eine zentrale Geisteshaltung in der Debatte zwischen dem stehenden Argumentierenden und dem sitzenden Zuhörenden ist die Spontaneität, durch welche Einheit und Weisheit erlangt werden können.

Geschlossen wurde die Vorführung mit einem Tschöd (Opferritual), welches dem Ablegen des Egos dienen sollte.
Ziel der Aufführung war, diese materiell arme, doch traditionell überaus reiche Kultur den Menschen in Europa veranschaulichen zu können. Die gesammelten Spenden gehen zu 100% an das laufende Bauprojekt.

Mehr dazu finden Sie auf der Seite www.himalayan-sacred-arts-for-peace.org.

Spenden können auf folgendes Konto überwiesen werden:
IBAN: FR76 1027 8022 5900 0201 5590 193
BIC: CMCIFR2A