Wie viele Ressourcen stehen jedem Menschen auf dieser Welt zur Verfügung? Eine Gerechte Aufteilung ist schon längst überfällig. Nur so können wir den Kampf gegen Armut und die Klimakrise gewinnen. Auf was warten wir?

Pro-Kopf-Verbrauchsbudget,
für mehr Gerechtigkeit und gegen die Klimakrise

Himmelschreiende Ungerechtigkeiten existiert in unserer Welt in vielen Bereichen. Manche  erscheinen weit weg und nur diffus sichtbar. Andere bestimmen unser persönliches Leben. Gemein ist diesen „entwürdigenden“ Situationen, dass wir sie nicht einfach ändern können und oft nicht wissen wo und wie wir beginnen sollen. Ich denke dabei an die 10.000 täglichen Hungertote, an Menschen die unter sklavenähnlichen Bedingungen Kleider herstellen oder in Drecklöchern nach seltenen Erden graben. Die vielen Notleidenden in irgendwelchen Kriegen oder Flüchtlingslagern, die wider anderslautenden Parolen, dennoch unsere Schwestern und Brüder sind. Doch auch bei uns gibt es Armut und Not. Mir fallen hier die Poor Worker ein, die von ihrem 40 Stunden Job nicht leben können. Oder alleinerziehende Menschen, die nicht wissen, wie sie sich das Überlebensnotwendige leisten können. Makaber wirkt hier so manches große Einkommen, bei dem ich meine Zweifel habe, wie dieses viele Geld mit „ehrlicher“ Arbeit verdient werden kann.  Auch das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen und die Zugangsbeschränkungen für Frauen in manchen Berufen, ist nach wie vor eine ungerechte Realität. Zudem gehen so der Menschheit viele wertvolle Fähigkeiten und Charismen verloren. Nicht zu vergessen, dass es immer noch Länder gibt, in denen weibliche Föten abgetrieben werden, weil sie Frauen sind.

Moralische Entwicklung

Legt uns die Paradiesgeschichte wirklich den Glauben, an eine vollkommen gerechte und soziale Welt nahe?[1] Oder müssen wir nicht vielmehr, von einer immer schon evolutionsbedingten hierarchisch verzwickten Menschheitsgeschichte ausgehen? Auch das Matthäus Evangelium greift die Frage der Gerechtigkeit auf und zitiert Jesus: „Darum sage ich euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“[2] Theologisch sollte die Jenseitsvertröstung und der Himmel als Belohnung ausgedient haben. Vielmehr sind alle Menschen berufen, auf eine Welt hinzuarbeiten, die gerechter, sozialer und „besser“ ist, als der Status qou. Es geht um das Jetzt unserer aktiven Verantwortung und nicht das einseitige Erwirken unseres Seelenheiles, wie Jesus in Mt 6,33 andeutet.[3]  Was aber ist Gerechtigkeit im Hinblick auf Armut und Not? Wenn die Aufteilung der Güter dieser Welt gerecht sein soll, dann steht jedem der 7,5 Milliarden Menschen ca. 1,7 ha Boden für seine Bedürfnisse zur Verfügung. Zugleich darf jeder Mensch heute nur ca. 1,5 Tonnen CO2 im Jahr produzieren, sollte die Erderwärmung unter 2°C bleiben. Leider braucht ein durchschnittlicher Europäer 5,3 ha an Landfläche und produziert zwischen 8 und 12 Tonnen CO2. Was bedeutet unser Lebensstil? Sind wir die Diebe und Räuber von denen Jesus in Joh 10,8 spricht[4], weil wir die Lebensgrundlage anderer Menschen verbrauchen? Für die Kirche war und ist der Privatbesitz nicht absolut, sondern hat, wie Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si betont, immer eine soziale Dimension.[5] Auf den Punkt gebracht: „Ist unser Maßloser Konsum und Wohlstand nicht Mord, an den unzähligen Armen dieser Welt, an denen wir „achtlos“ vorüber gehen, wie im Beispiel des barmherzigen Samariters?“[6]

Reichtum gewährt keinen Anspruch auf maßlosen Konsum

Da stellt sich mir die Frage, ob wir freiwillig bereit sind, unsere Privilegien und unseren „ungerechten“ Wohlstand zu verringern? Verneinend habe ich den Eindruck, dass wir vielmehr alles festhalten werden, was uns lieb und bequem geworden ist. Die Frage nach Gerechtigkeit und Ökologie wird sich auch nicht durch unseren technischen Fortschritt verändern lassen, denn der kommt oft wieder nur den Reichen zugute. Noch ist es so, dass das Geld die Erlaubnis und Möglichkeit darstellt, viel zu konsumieren. Nämlich mehr, als dem Einzelnen zusteht und gut für das Klima ist. Wenn die Verursacher der Klimaerwärmung aber schon heute Todesopfer und Notleidende verschulden, gehören „sie“ bestraft und in „Schranken“ gewiesen. Es ist wie mit dem Besitz von Alkohol oder einer Waffe. Diese Dinge sind  kein Freibrief betrunken Auto zu fahren oder einen unschuldigen Menschen auf offener Straße einfach zu erschießen. Das ist bei uns zum Glück schon längst verboten.

Verbindliches Pro-Kopf-Verbrauchsbudget

Wenn es wirklich eine gerechte(re) Welt geben soll, müssen wir unseren Lebensstil und Konsum hinterfragen und begrenzen. Ich plädiere daher, für ein gesetzlich verbindliches Pro-Kopf-Verbrauchsbudget[7]. Aber sind die Wohlhabenden Staaten bereit so etwas einzuführen und durch zu setzen, auch im Konsens mit der Weltgemeinschaft? Wenn es nach dem Evangelium gehen würde, führt kein Weg an einer gerechten Aufteilung der Ressourcen vorbei. Freiwillig in der Bereitschaft zu teilen und zustimmend, sich von außen begrenzen zu lassen. Armut und Klimakrise sind keine Glaubensfragen, sie sind Realitäten, die sich ändern können, wenn wir es nur wollen und an die „Macht“ unserer kleinen und großen Schritte glauben.

5 Schritte auf dem Weg dahin

  1. Akzeptieren und reflektieren: Der erste Schritt zur Veränderung ist, Anzuerkennen, dass es ein Problem gibt.
  2. Informieren: Auch ohne Experte oder Expertin zu sein, kann man grundsätzliche Zusammenhänge des Klimawandels und der Wirtschaftsethik verstehen. 
  3. Sich Ziele im eigenen Verhalten stecken: Ziele spielen eine große Rolle bei der Verhaltensänderung.
  4. Beispiel sein für andere: Es geht nicht darum, andere zu bekehren. Es geht darum, klimabewusstes oder nachhaltigeres Handeln vorzuleben.
  5. Lösungsansätze und Good Practice Beispiele kommunizieren: Viele Menschen, brauchen Impulse um zu handeln. Wer Bescheid weiß, wie man nachhaltig handeln kann, wird es vielleicht tun.[8]

 



[1] Gen 1,1f
[2] Mt 5,20
[3] Mt 6,33 Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben.
[4] Joh 10,8: „Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.“
[5] Enzyklika LAUDATO SI, Nr. 93.
[6] Lk 10,31-32: „Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber.“
[7] Christian Felber und Marielle Rüppel, Zum Weltgemeinwohl, in Diakonie, 51. Jahrgang, Heft 2, Mai 2020, S84.
[8] Vgl. Christian H. Meyer, https://www.christianhmeyer.de/die-drachen-der-untaetigkeit-oder-was-vom-nachhaltigen-handeln-abhaelt/