Franz Ulbing ist Krankenhausseelsorger, Vikar in Hohenems und passionierter Radfahrer. Im Gespräch mit Jürgen Mathis, Referent für einfach.fair.leben, spricht er über das Fasten, das Loslassen und die gewonnene Zeit, die der Umstieg vom Auto auf die Öffis und das Rad ihm gebracht hat.

Franz UlbingSie haben kein Auto, dafür ein E-Bike. Ist das eine ökologische Entscheidung oder hat es sich so ergeben?
Franz Ulbing: Das hat sich so ergeben, weil ich kein Geld für ein Auto hatte und so habe ich mir gedacht, probiere ich es eben ohne. Und es klappt sehr gut. Gerade hier im Rheintal mit dem gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmitteln, ist das kein Problem. Jetzt ist es für mich aber auch schon eine ökologische Entscheidung geworden. Wenn ich jetzt Priester in einer Bergpfarre oder einem Tal wäre ohne guten Anschluss an die Öffis, bräuchte ich vielleicht auch ein Auto.

Wie stehen Sie zum Thema Ökologie und den sozialen Zusammenhängen – sprich Öl und Gas - aktuell aus Russland?
Ulbing: Für mich geht es hier um wichtige christliche Werte. Die Schöpfung ist ein Geschenk Gottes, wir sind verantwortlich für sie und müssen sie schützen und bewahren. Die Rohstoffabhängigkeit kann nicht das einzige sein. Wir sollten daher versuchen alle Möglichkeiten zu nutzen, die wir bei uns haben, um Energie zu erzeugen. Das heißt unsere lokale Wasserkraft, Windkraft, Sonnenergie zu nützen. Die Themen Friede, Gerechtigkeit und Schöpfung gehören zusammen, das ist ein franziskanisches Leitwort!

Fühlen Sie sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad unfreier und angebunden oder sehen Sie mehr die Vorteile – und welche sind das?
Ulbing: Für mich ist Entschleunigung ein großer Vorteil. Ich nütze die Zeit im Zug, um nach der Arbeit in der Krankenhausseelsorge die schweren Dinge loszulassen und auf dem Fußweg vom Bahnhof in die Pfarre innerlich gut dort anzukommen. Ich werde sozusagen gezwungen nicht zu hetzen, sondern gut zu planen. Zudem kann ich im Zug ein paar Nachrichten anschauen, die mir wichtig sind. Auch in meiner Freizeit, wenn ich nach Gapfhol zum Skitouren gehen, dann ist die Anreise mit dem Zug und Bus, das Hinauflaufen im Schnee und schließlich der Blick von oben auf unser schönes Land echte Erholung. Das tut meinem Körper und meiner Seele gut auch im Wissen, die Natur geschont und etwas Wertvolles für mich getan zu haben. Beides ist möglich. Natürlich gibt es auch Momente, in denen ich mich ärgere, wenn es z.B. zu Verspätungen kommt, dann kann ich mich aber darin einüben, damit umzugehen.


Haben Sie Ideen wie mehr Begeisterung für die Öffis und das Fahrrad entstehen könnte, um dadurch weniger PKW-Verkehr auf den überfüllten Straßen zu erreichen?
Ulbing: Was ich tun kann, ist von meinen Erfahrungen zu erzählen, zu sagen, dass man nicht immer ein Auto braucht, sondern vieles auch ohne geht und es vielleicht sogar einfacher ist und mehr Vorteile hat. Gerade wenn man etwas mit anderen vorhat, kann man die Verwendung von Öffis miteinplanen und vorschlagen. Dann sind Begünstigungen und Anreize sicher auch wichtig.


Sie haben ja als ehemaliger Kapuziner eine gute Schule für einen einfacheren Lebensstil einüben können. Auch in der Fastenzeit wäre ein „Weniger“ eine Hilfe zu mehr Besinnung und dem Erlernen eines nachhaltigen Lebenswandels. Wie geht es Ihnen mit unserer Konsumgesellschaft, einem ungerechten und unökologischen Wohlstand und den dadurch bestehenden Verflechtungen unseres Lebensstiles mit der Klimakatastrophe, Kriegen, sozialen Unruhen und vielem mehr?
Ulbing: Ein Leitgedanke in der franziskanischen Spiritualität ist: „Weniger ist oft mehr.“ Lernen, bewusst mit dem zufrieden zu sein, was ich jetzt habe. Das sind auch meine Wurzeln. Gerade das Fasten hat ja drei Dimensionen. Die Gesundheit, das heißt, weg zu lassen was den Körper belastet und ihm auch einmal eine Pause geben. Es hilft auch zur körperlichen Reinigung. Dann die soziale Dimension. Fasten hat ja keinen Selbstzweck. Die Einschränkung hilft mir mit anderen zu teilen. Und schließlich die spirituelle Dimension. Wenn der Körper entlastet wird, hilft es auch dem Geist klarer zu werden, klarer auf den Mitmenschen hin und klarer auf Gott hin.
Und letztlich hängen Lebensstil und Klimakrise eng zusammen. Ich glaube nicht, dass wir diese Katastrophe ohne Reduktion bewältigen können. Wir müssen lernen auch einmal zufrieden zu sein, auch mit wenig, sonst geht es nicht.