Kleiner Outdoor-Textil-Ratgeber des EthikCenters für die Wintersaison. Ein Beitrag zum gesteigerten "ökofairen" Ski- und Wintervergnügen.

Der alte Skianorak hat heuer endgültig ausgedient und es muss ein neuer her. Die Funktionsunterwäsche könnte ebenfalls eine Erneuerung vertragen. Vielleicht darf es auch ein neuer Pullover, ein neuer Mantel oder ein neuer Schal sein? Wer bei der von der Dreikönigsaktion und „Südwind“ organisierten Kleider-Tausch-Börse nicht fündig geworden ist, der wird sich nach einem neuen Artikel umsehen müssen. Wenn sich unser Wetter wieder dazu entschließt, nass, kalt und windig zu werden und die Bergspitzen immer weißer werden, dann muss mitunter neue Kleidung für uns und unsere Liebsten gekauft werden.

Brennende Fabriken und giftige Substanzen
Gleichzeitig hören wir in den Nachrichten, dass wieder einmal eine ganze Fabrik in Bangladesch in Flammen aufgegangen ist. 100 Menschen mussten ihr Leben lassen, weil niemand kontrolliert hat, ob sich diese Firmen auf solche Notfälle vorbereiten und ob genügend Notausgänge vorhanden sind. Wir hören auch von einem Greenpeace-Bericht, wonach krebserregende und giftige Chemikalien in den Textilprodukten von nahezu allen bekannten Labels gefunden worden sind. Haben Sie auch genug davon und wollen ein Zeichen setzen gegen solche Missstände?

Eine Mission

Die Zeit scheint reif für eine Mission, die viel Zeit benötigt aber auch Spannung und interessante Erkenntnisse verspricht. Die Mission heißt:
Wie komme ich bekleidungstechnisch fair und ökologisch durch die lange Wintersaison?
Gibt es in Vorarlberg Möglichkeiten, sich für den Winter einzukleiden, ohne dies auf Kosten der Natur und / oder anderer Menschen zu tun?

Wie schwierig ist es, sich ökologisch und gleichzeitig fair zu kleiden? Um eines gleich vorweg zu nehmen: Das Unternehmen ist nicht unkompliziert und es offenbart sich bei genauerem Hinsehen ein dichter Dschungel an Organisationen, Kriterien, Labels, Zertifikaten, Abkommen und fragenden Blicken…


Fairtrade im Einkaufstempel: große Augen
Ein Besuch im Dornbirner Messepark zeigt, dass das Thema noch nicht wirklich in den Geschäften und in den Köpfen der Menschen angekommen ist: Die Damen von H&M oder von Esprit schauen mich mit großen, ungläubigen und leicht irritierten Augen an, als ich sie nach Fairtrade-Produkten in ihrem Laden frage. Bei H&M schickt man mich in die Unterhemden-Abteilung, als ich mich nach Produkten in Bioqualität erkundige. Gefunden habe ich allerdings nichts dergleichen. Bei den Labels von Hervis oder bei Peek&Cloppenburg oder auch im kleinen Jeansladen ergeht es mir gleich... Was nun? Aufgeben? Ja, ich muss wohl vorerst aufgeben, in einem Einkaufstempel wie dem Messepark in Dornbirn eine Aufbesserung meines Kleiderkastens mit Fairtrade-Kleidung zu erreichen. Oder werde ich vielleicht doch noch fündig? Wissen die VerkäuferInnen vielleicht zu wenig über die Themen „Fairtrade“ oder „Bio“ und kennen ihre eigenen Produkte nicht? Ich will mehr darüber wissen…

Lohnende Recherche im Internet: "saubere" Kleidung
Zuhause angekommen schnappe ich mir meinen Laptop und beginne, die große weite Welt des Internets nach „fair, bio und Wintermode“ zu durchforsten. Ich will mich nicht von meinem Vorhaben abbringen lassen, meinen Spaß auf der Skipiste und mit einem neuen Winter-Pullover nicht auf Kosten anderer auszuleben…
Da es zum Glück viele andere Menschen gibt, die sich zum Thema Gedanken gemacht haben, werde ich bald fündig. Zunächst finde ich die „Clean-clothes“, die „Saubere – Kleidung“ – Kampagne, welche schon einen recht guten Überblick zum Thema liefert.

Sie haben für den Outdoor-Bereich eine Liste mit allen namhaften Labels erstellt und die Firmen entsprechend ihres Engagements für faire Arbeitsbedingungen mit grün, gelb, orange, rot und schwarz gekennzeichnet. Grün steht dabei für „Fortgeschritten“ (Firma gibt sich Mühe, ist quasi „o.k.“), gelb steht für „Durchschnittlich“, orange für „Einsteiger“, rot für „Nachlässig“ und schwarz für „Verweigerer“. Folgende Kriterien waren für die CCK („Cleanclothes Kampagne) maßgeblich:
1. Transparenz
2. Explizite Anerkennung der Arbeitsrechte
(Verhaltenskodex, von CCK ausgearbeitet und den Unternehmen vorgelegt),
3. Massnahmen zur Kodexumsetzung und zur Anpassung der Beschaffungspolitik,
4. Kontrollen und Überprüfung von sozialen Mindeststandards.

Die Untersuchung stützte sich auf die Eigenangaben der Firmen sowie auf zusätzlichen Recherchen (v.a. im Internet). Die Befragung fokussierte auf soziale Nachhaltigkeit, das heißt es wurden Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben analysiert.

Was außerdem noch wichtig ist: Ökologische Aspekte wie Verpackung, Umweltbelastung in der Textilherstellung und -verarbeitung, Ökobilanz der Headquarters und der Ladengeschäfte sowie Ressourceneinsatz für Transportwege, etc. wurden nicht in die Befragung und Bewertung seitens der CCK miteinbezogen.

Die Liste der Cleanclothes-Kampagne
Positiv bewertet wurden Firmen, die öffentlich und regelmäßig über ihr Engagement bezüglich Unternehmensverantwortung berichten, dazu konkrete Zielsetzungen und Ergebnisse dokumentieren und transparent über ihre Zulieferkette Auskunft geben.

Folgende Labels, bei uns in Vorarlberg im gut sortierten Fachhandel (also auch z.B. im Messepark;) erhältlich, wurden von der CCK grün, also mit „Fortgeschritten“ bewertet:

Haglöfs
Jack Wolfskin
Maier Sports
Mammut
Odlo
Patagonia
Schöffel
Switcher
Vaude

Von CCK wurden ausschließlich Marken überprüft, welche auch in Billiglohnländern produzieren. Es gibt jedoch auch Marken wie z.B. Löffler (www.loeffler.at) aus Österreich, welche ihre Produktion in Österreich halten. Auch diese Unternehmensphilosophie gilt es in Zeiten der weit verbreiteten Produktionsauslagerung in Billiglohnländer zur Profitmaximierung ausdrücklich zu würdigen und zu fördern.

Fairtrade, aber giftig?
Wem Fairtrade nicht weit genug geht und auch noch eine ressourcenschonende Herstellung von Produkten oder auch schadstofffreie Bioqualität möchte, der muss sich schon ein wenig mehr anstrengen… und wird aber ebenfalls fündig. Die oben in punkto Fairness positiv genannten Hersteller verwenden nämlich zur Verarbeitung z.B. der wasserdichten Membran der Outdoor-Kleidung giftige Chemikalien, die sich langsam aber sicher überall in der Natur niederschlagen. (Einen Bericht des ZDF dazu finden Sie hier)
Immerhin gibt es die Zielvereinbarung, dass die großen Hersteller laut Angaben des ZDF bis 2015 gänzlich darauf verzichten wollen.

Wie überall gibt es auch hier jetzt schon löbliche Ausnahmen. So bietet Pyua, ein norddeutscher Hersteller, schadstofffreie Recycling-Bekleidung und ein ganzes Recyclingsystem für seine Produkte. Pyua ist der erste und weltweit einzige Sportbekleidungshersteller, dessen Sortiment ausschließlich aus Textilien besteht, welche aus recycelten Materialien gefertigt sind und auch wieder vollständig recycelt werden können. (Diese Marke ist erhältlich z.B. bei „bergfex.at“ oder bei der Firma Strolz)

Auch „Sympatex“ (www.sympatex.com) verwendet für die Herstellung der wasserdichten Schichten der Jacken etc. als einziger Hersteller keine giftigen Chemikalien. Sympatex ist weit verbreitet und in Kombination zu anderen Materialien verarbeitet in fast allen Sportbekleidungsgeschäften Vorarlbergs zu finden. 

Skinfit, eine bei den VorarlbergerInnen durchaus beliebte Outdoor-Bekleidungsfirma mit Sitz in Vorarlberg betont ihr Bemühen um faire Arbeitsbedingungen an ihrem Hauptproduktionsstandort in Tunesien sowie die Erfüllung bestimmter Ökostandards. Schriftliche Belege für dieses Bemühen wie z.B. die Unterzeichnung von Fairtrade-Abkommen etc., die eine unabhängige Überprüfung der Arbeitsbedingungen gewährleisten würden, sucht man bei Skinfit jedoch vergeblich.
Womöglich haben bislang noch zu wenig Kundinnen und Kunden danach gefragt?

Bio, aber leider nicht fairtrade?
Im Labyrinth des großen weiten Internets findet sich ein Portal, welches sehr ausführlich über das Thema der ökologischen und fairen Bekleidung informiert, nämlich www.world-of-eco-fashion.de. Mit einer Sammlung von knapp 800 größtenteils unbekannten Eco-Designern und Brands, die übersichtlich mit den jeweiligen Zertifikaten, die für die Firmen zutreffen, gekennzeichnet sind, ist Eco-fashion eine riesige Fundgrube für alle, die keine Kompromisse machen (wollen). Hier gelangen Sie zur Homepage und zur Liste von „World-of-eco-fashion“
http://www.world-of-eco-fashion.de/index.php/designer-marken-brands.html


Der ökofaire Einkauf
Wie jetzt deutlich wird, ist es kein Kinderspiel, sich für den Winter und insbesondere für die Skisaison mit ökofairer Kleidung auszustatten. Ich habe während meiner Recherche keinen Anbieter gefunden, welcher z.B. speziell Skijacken ausgewiesen ökologisch und fair im Sortiment hat. Während im Ski-Bekleidungsbereich noch großer Nachholbedarf herrscht, so ist bei normaler Winterkleidung abseits der Pisten bereits viel geschehen. Verlässliche Anbieter bieten auf übersichtlichen Seiten im Internet gleichzeitig ökologische und fair gehandelte Textilien aller Art an. Hier eine kleine Auswahl solcher Anbieter und Labels:

Hessnatur
http://at.hessnatur.com/shop/showCmsContent.action?contentID=home&et_cid=8&et_lid=14&et_sub=oeko%20mode

Zündstoff
http://www.zuendstoff-clothing.de/

Armedangels (leider keine Winterjacken im Sortiment!)
http://www.armedangels.de/

Glore
http://www.glore.de/xtcommerce/shop_content.php?coID=5


Siegel, die für Qualität stehen
Als kompetenter Konsument sollte man auch die wichtigsten Qualitätssiegel für den ökofairen Einkauf kennen. Auf folgende vertrauenswürdige Siegel gilt es vermehrt zu achten:

 

 IVN zertifiziert Naturtextil Best

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Das Siegel kennzeichnet Stoffe, die aus ökologischer Produktion stammen. Es gelten dabei die höchsten Standards. Schädliche Substanzen sind bei der Verarbeitung verboten, außerdem gelten Sozialstandards wie Verbot von Kinderarbeit.

 

Global Organic Textile Standard (GOTS)

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Das Siegel garantiert, dass bei Kleidungsstücken aus Naturfasern auf den Einsatz bedenklicher Chemikalien in der Verarbeitung und Textilveredelung verzichtet wurde. Betrachtet wird der gesamte Produktionsprozess von der Rohstoffgewinnung über die Verarbeitung bis hin zu den Arbeitsbedingungen. Es gibt zwei Varianten von GOTS: Heißt es "ökologisch", müssen mindestens 95 Prozent der Fasern aus Bio-Anbau stammen. Steht auf dem Label "x % kbA/kbT" müssen nur 70 Prozent Bio-Fasern enthalten sein.

Europäisches Umweltzeichen

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Das Europäische Umweltzeichen kennzeichnet Textilien, die umweltfreundlich hergestellt wurden und insbesondere die Gewässer weniger verschmutzen als konventionell hergestellte Textilien. Herausgeber ist die Europäische Kommission. Soziale Standards werden nicht berücksichtigt.

Fairtrade

http://bilder.feelgreen.de/b/48/97/13/96/id_48971396/tid_da/index.jpg

Das Fairtrade-Siegel gibt es für Baumwolle. Zertifiziert wird in erster Linie der faire Handel. Dazu gehören bestimmte soziale Standards bei den Produzenten. Illegale Kinderarbeit und Zwangsarbeit sind verboten. Fairtrade ist noch kein Bio-Siegel, der biologische Anbau wird jedoch besonders gefördert. Besonders schädliche Substanzen sind verboten.

Textiles Vertrauen

http://bilder.feelgreen.de/b/49/03/61/22/id_49036122/tid_da/index.jpg

"Textiles Vertrauen - Standard 100“ kennzeichnet schadstoffgeprüfte Textilien. Es gibt Grenzwerte für schädliche Stoffe wie Formaldehyd, bestimmte Farbstoffe sind verboten. "Textiles Vertrauen Standard 100plus" ist die höhere Stufe. Hier wird auch die umweltverträgliche Produktion eingeschlossen, es gelten soziale Standards wie Verbot von Diskriminierung und Zwangsarbeit.
( Hier gelangen Sie zur Quelle für diese Daten)

Was heißt hier „ethischer Konsum“?
Je tiefer man in die Thematik eindringt, umso deutlicher werden zwei Dinge:
1. Es besteht ein dichter Dschungel an Informationen, in welchem man sich zunächst kundig machen muss. Als verantwortungsvolle KonsumentInnen müssen wir uns zuerst ein gewisses Wissen aneignen, bevor wir handeln können.
2. Ethischer Konsum kann für jeden etwas anderes bedeuten, je nach dem wie eng man die Toleranzgrenzen für sich definiert. Ethischer Konsum beginnt nicht erst beim Kauf des absoluten „High-End-Ethik-Produkts“, das alle möglichen sozialen und ökologischen Kriterien erfüllt. Das ist leider oft, wie im Falle von Skibekleidung, nur schwer möglich. Ethik beim Konsum beginnt dann, wenn wir unser Handeln, in diesem Fall unsere Kaufentscheidung, nach bestimmten moralisch-ethischen Kriterien beginnen auszurichten. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle.

Best in class
Ethischer Konsum hat sehr viel mit strategischem Konsum zu tun. Durch unseren Einkauf können wir gezielt Firmen fördern, welche z.B. „best-in-class“ sind, wie es oben in der Liste der Outdoor-Bekleidungshersteller zum Ausdruck kommt. Wir kaufen zwar nicht das nach ökofairen Gesichtspunkten absolut beste Produkt (da es dieses Produkt mitunter noch gar nicht gibt), sondern das beste (das „ethischste“) im Vergleich anderen, vergleichbaren Produkten und Firmen. Dieser Ansatz, den „Besten einer Klasse“ unter bestimmten ethischen Gesichtspunkten zu unterstützen, hat die Macht, eine ganze Branche in die gewünschte Richtung zu verändern. Dass die Anzahl der Unternehmen, welche ihre Produktionskette transparent machen und die Kontrollen verschärfen, wächst, hat einen Hauptgrund: Der/die KonsumentIn will das so!

Die Macht der Konsumenten
Folgende konkrete Aktionen helfen mit, die Macht, die wir als KonsumentInnen in einer Marktwirtschaft besitzen, gezielt für die „gute Sache“ einzusetzen:

1.      Fragen Sie nach! Auch wenn weit und breit keine fair produzierten und biologischen Artikel im Laden zu sehen sind – danach bei der Verkäuferin zu fragen zeigt Wirkung!

2.      Werden Sie aktiv! Aktive Unterstützung alternativer Anbieter durch gezielten und überlegten Konsum (Fairer Handel, Beachtung der ökofairen Labels, Recherche nach ethischen Beurteilungen etc.)

3.      Seien Sie kritisch! Einreichung kritischer Fragen an die Geschäftsleitungen, der in Österreich vertretenen Kleidungsgeschäfte (z.B. zu den Produktionsbedingungen, unter denen die Kleidung hergestellt wird) – die Unternehmen werden reagieren. Vielleicht nicht bei den ersten 20 Anfragen, aber mit Sicherheit, wenn hunderte Mails dazu geschrieben werden.

 

Linktipp:
Eine ausführliche Sammlung an Firmen des Fairen Handels

Dr. Michael Willam
EthikCenter