„Die Erde ist schön, es liebt sie der HERR, neu ist der Mensch, der liebt wie er…“ war mir als junger Ministrant immer das absolute Lieblings-Kirchenlied. Nicht nur die beschwingte Melodie, auch der schöne Text hatten bei mir Gefallen gefunden.

Das deutsche Wort „schön“ kommt von „schauen.“ Wir schauen auf das, was wir schön finden. Und umgekehrt: Das, was wir schauen, finden wir meist auch schön. Obwohl das Hören der erste und letzte aller unserer Sinne ist, sind wir eine „Gesellschaft der Zuschauer“ geworden. Die Alten schauen Fußball und die Jungen Youtube. Interessant, dass auch das Wort „schonen“ mit den Worten „schön“ und „schauen“ zusammenhängen. Also: Das Schöne, das wir schauen, werden wir auch schonen…

Das Bild mit dem sich aufrollenden Farns von Pater Christoph ist nicht nur schön, es erinnert auch an einen Bischofsstab. "Bischof" - von griech. episkopos - mein übrigens "Auf-Schauer." Ein Bischof ist also einer, der auf sein Volk schaut, der wie ein Liebender "ein Auge auf die anderen wirft." Er schaut auf die Schönheit seiner Gemeinden und der Schöpfung und schont sie.

Auch was wir persönlich als schön empfinden und somit auch schonen, hängt mit unserem Schauen zusammen. Eine Gesellschaft, die nur noch auf TV, PC und Social Media schaut, wird diese virtuellen Bilder schön finden. Eine Christengemeinde, die auf Gottes Wort und die durch sein Wort hervorgegangene Schöpfung schaut, wird diese schauen und schonen. Ein Kind, das nur zwischen Fußgängerzone und Shopping-Center aufwächst und nur die bunten Auslagen der „Schau“-Fenster sieht, wird diese auch schonen. Ein Kind, das mit Freunden über bunte Wiesen streunt, sich im Wald austobt, in den Bergen unseres schönen Landes wandert oder mit Leib und Seele in einem schönen See badet, schont die Schönheit dieser Schöpfung.

Der russische Dichter Fjodor M. Dostojewski meinte: „Schönheit wird die Welt retten!“ Mit den dramatischen Zahlen und Statistiken der Klimaerwärmung und deren katastrophalen Folgen werden wir Menschen nicht motivieren, an der Schonung der Welt mitzuwirken. Nur wenn wir unsere Kinder wieder lehren, die Schönheit der Schöpfung zu schauen – mit allen Gefahren und allem Zerstörerischem, das der Schöpfung innewohnt - werden sie bereit sein, die Schönheit der Schöpfung zu schonen.

„Muss nur noch kurz die Welt retten…“, singt Tim Bendzko in einem Song. Das ist freilich Schwachsinn. Kein Mensch kann die Welt retten und schon gar nicht kurz. „Wenn die Menschheit den Klimawandel überlebt, ist das ein Wunder, ein Geschenk Gottes“, sagte der Ethik-Professor Michael Rosenberger bei den Österreichischen Pastoraltagen in Salzburg 2018. Nicht unser „Machen“ oder technokratische Lösungen verhindern die globale Katastrophe. Letztlich ist es allein Gott, der die Schönheit seiner Schöpfung schaut und schont: „Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, HERR, du Freund des Lebens“ (Weish 11,26).

Als Gläubige sind wir freilich Co-Creator*Innen Gottes, Mit-Schöpfer*Innen von Gottes Werk und seine Statthalter*Innen. Die Schöpfung ist uns anvertraut, um sie achtsam zu bebauen und in Ehrfurcht zu hüten. Gott ist es ein wesentliches Anliegen, das Leben zu erhalten. Ihn in diesem Anliegen zu unterstützen, ist somit unsere heilige, innere Pflicht. Lasst uns die Schönheit der Schöpfung schauen und schonen!