Jürgen Feistenauer arbeitet seit 1 ½ Jahren als Leiter der integrativen Arbeitsstruktur beim IFS. Für ihn und seine Mitarbeiter/innen ist diese Arbeit eine Berufung, in der sie viel Sinn erfahren und durch die Begegnung mit den Klient/innen immer wieder reich beschenkt werden.

Das Interview führte Jürgen Mathis

Was genau ist Ihre Tätigkeit?
Jürgen Feistenauer: Mein Aufgabenbereich und der meines Teams ist es, Menschen mit weitreichenden und mehrfachen Behinderungen zum und am Arbeitsplatz individuell zu begleiten und zu unterstützen. Das Unternehmen, das die Arbeitsmöglichkeit anbietet, kann sich auf die Betreuer/innen verlassen, da diese die zu betreuende Person nicht alleine lassen. Die Arbeit selbst richtet sich nach deren Wünschen und erstreckt sich vom Bauernhof mit Tieren, über die Arbeit mit viel Kontakt zu Menschen bis hin zum Hantieren mit schweren Maschinen. Dabei kann die Einarbeitungszeit auch gut ein halbes Jahr brauchen und das bei anfänglich 3 bis 4 Stunden täglichem Einsatz. Für das Unternehmen fallen keine Kosten an, da die Mitarbeiter vom IFS bzw. Land bezahlt werden. Es kommt aber auch immer wieder vor, dass die Klient/innen die Arbeit so gut machen, dass sie vom Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag bekommen und dort auch ohne Betreuung durch die Integrative Arbeitsstruktur bleiben können. Dann reden wir von einem integrativen Arbeitsplatz.

Erinnern Sie sich an besondere Momente?
Feistenauer: Mir fällt da gleich ein junger Mann ein, der in einem Kindergarten in Vorarlberg eine Arbeit bekommen hat. Seine Kommunikationsfähigkeit, seine Offenheit für die Menschen und Freude haben ihn sehr beliebt gemacht und ich wage zu behaupten, dass er inzwischen in dieser Gemeinde bekannter als der Bürgermeister ist. Wenn er am Zebrastreifen steht, wird er mit Namen angesprochen und man merkt, er ist zu einem wichtigen Teil in der Gesellschaft geworden. Man muss wissen, dass Menschen mit einer Behinderung immer noch gefährdet sind, am Rande der Gemeinschaft zu sein oder ungenügend integriert und benachteiligt sind. Es gibt auch Betriebe, die sich bei uns melden und sagen: „Seitdem der/die Klient/in bei uns arbeitet, hat sich unser Betriebsklima zum Positiven verändert. Die Freude mit der er oder sie bei uns arbeitet, steckt an und wir alle bekommen etwas geschenkt, das man mit Geld nicht bezahlen kann.“

Was bewegt Sie persönlich in Ihrer Arbeit?
Feistenauer: Natürlich haben Menschen mit einer Behinderung Vorlieben und Eigenheiten, wie wir alle, auch gibt es große Herausforderungen und Krisen, sie haben mich aber gelehrt, das zu sehen was ich habe und nicht was ich nicht habe. Sie nehmen sehr gut wahr was in Ihrer Umgebung geschieht und wollen ein normaler Teil unserer Gesellschaft sein, sie wollen ihre Fähigkeiten leben und nützen die Chance uns auf Augenhöhe zu begegnen. Für mich sind sie Lehrmeister, so wie sie das Leben annehmen und mit welcher Freude und Energie sie die Arbeit machen und sich einbringen, da geht mir das Herz auf, es motiviert mich, das Leben mit all seinen Herausforderungen zu bejahen. Sie helfen mir dankbar und demütig zu sein. Menschen wie sie sind heilsam für unsere Leistungsgesellschaft!  Ich möchte Menschen vom Rand in die Gesellschaft bringen und sichtbar machen, wie wertvoll sie sind und dass sie die gleiche Würde haben wie wir alle! Wir müssen Räume schaffen für Begegnung, für Beziehungen, das hilft Ängste, die im Zusammenhang mit Behinderungen da sind, abzubauen.