"...da fängt das Leben an." Die Diskussionen um eine Frau in der Schweiz, für welche dieser Liedtext im wörtlichen Sinn zutrifft, werfen mehrere ethische Fragen auf, denen hier nachgegangen werden soll.

Mama werden mit 66
Der Fall einer 66-jährigen Frau aus der Schweiz, welche nach erfolgter Eizell- und Samenspende mittels künstlicher Befruchtung schwanger wurde und vor zwei Wochen gesunde Zwillinge zur Welt brachte, entfachte eine lebhafte Diskussion. Zur Sachlage: Die Frau ist alleinstehend und pensioniert und lebt zurückgezogen in einem kleinen Bergdorf in den Schweizer Alpen. Aufgrund der Gesetzeslage in der Schweiz, die eine Eizellspende (wie auch in Österreich) verbietet, führte die besagte Frau die Befruchtung in der Ukraine durch und kehrte als Schwangere wieder in die Schweiz zurück. Dort kamen die beiden Buben nun mittels Kaiserschnitt zur Welt.

Die Bedenken
Bedenken aus ethischer Sicht sind zum einen aufgrund des hohen Alters der Mutter einzubringen. Ist es zu verantworten, dass die Buben in zehn Jahren eine 76-jährige Mutter haben werden? Die Wahrscheinlichkeit, dass altersbedingte Gebrechen und Einschränkungen die Erziehung doch erheblich erschweren, ist groß. Es stellt sich auch die Frage, ob es nicht auch bei guter Gesundheit der Frau schlichtweg eine Überforderung darstellt, sich als gut 80-Jährige mit zwei pubertierenden Jugendlichen herumzuschlagen. Hier scheinen die biologischen und psychologischen Uhren doch klar gegen eine solches Unterfangen zu sprechen.

Ein zweiter Aspekt hat nicht unbedingt nur mit dem hohen Alter der Gebärenden zu tun, sondern weist auf ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft hin:
Die Einstellung, wir hätten zur persönlichen Verwirklichung einen Rechtsanspruch auf eigene Kinder.
Die großen Fortschritte in der modernen Medizin mögen suggerieren, dass uns keine Grenzen mehr gesetzt sind, was die Möglichkeiten zur Reproduktion und zur Selbstgestaltung betrifft. Sei es im Bereich der plastischen Chirurgie oder im Bereich der Fortpflanzungstechniken: es ist nahezu alles machbar, was gewünscht ist.

Die Frage nach der Ethik
Ist nun alles, was gewünscht und machbar ist, auch ethisch vertretbar? Das würde das Nachdenken über Moral und die Art und Weise, wie wir zusammen leben möchten, überflüssig machen.
Wie lebt es sich in einer Gesellschaft, in der Kinder nicht mehr als Geschenk, sondern als Mittel zur Selbstverwirklichung gleichsam „bestellt“ und eingefordert werden können?
Wir lassen uns nicht mehr beschenken, so scheint es, sondern holen uns, was uns (vermeintlich) zusteht – koste es, was es wolle.

Michael Willam, EthikCenter

Weiterführende Links:
Der Standard
Focus Online