Sozialdiakon Marcel Grob ist bei der reformierten Kirche Zürich Hirzenbach angestellt. Dort ist er mit einem engagierten Team unterwegs. Seine Erfahrungen teilt er mit Interessierten in einem Neu.Land!-Kamingespräch.

„Ich möchte weder Optimist noch Pessimist sein, sondern Possimist – eine Person, die die Möglichkeit (possibilities) sucht", sagt Marcel Grob. Er engagiert sich für den Gemeindeaufbau in einem sich stark entwickelnden Quartier, dem bereits jetzt rund 13.000 Menschen angehören, in einem Außenbezirk von Zürich. 1500 Menschen davon gehören zur Gemeinde der reformierten Kirche vor Ort.

Kirche im Sozialraum

Als Kirche im Sozialraum präsent sein, war und ist das Ziel der Kirchgemeinde. So kam es zur Gründung von Coffee&Deeds, einem Quartiercafé, das von der Kirche getragen ist und sich doch selber trägt. Es hat sechs Tage die Woche offen und bietet so eine leicht zugängliche Plattform. „Öffnungszeiten“, so Grob, „sind eine große Chance die Menschen anzusprechen“. Vom Kaffeehaus bis zum Deutschkurs ist an diesem Ort sehr viel möglich und die Unterschiedlichkeit der Gäste und der engagierten „Betreiber:innen“ spricht für sich.

Die Gründung hat weitere Lernings hervorgebracht, wie beispielsweise das Thema Schönheit. "Es spricht die Menschen an, wenn es schön und einladend hergerichtet ist", so Grob, und weiter: "Es ist sogar eine Form von Wertschätzung, und Ästhetik kommt an." Mit diesen geballten Lernerfahrungen hat die Leitung der Kirchgemeinde entschieden, sich noch genauer und intensiver mit der Gemeindeentwicklung auseinander zu setzten.

Kirche und Innovation

Das Ergebnis war, dass „ChurchLAB“ ins Leben gerufen wurde. In Zusammenarbeit mit Jean-Philippe-Hagmann wird hier Innovation in der Kirche gelebt. Klar ist, dass der Wandel Zeit kostet und Mehrarbeit schafft und Entwicklung auch Ressourcen braucht. Der Aufwand lohne sich aber, es würden Denkweisen adaptiert werden und es entstehe ein neues Mind-Set und eine neue Haltung dem Neuen, dem Anderen, dem Fremden gegenüber. "Es ist ein richtiger Auftrag zur Erneuerung mit Verunsicherung, mit Experimenten, mit Lernen durch Scheitern", so der Vortragende.

Im Team Kirche sein

Eine weitere Innovation sind die Gartengespräche, wobei der Impuls dazu übrigens von Tomas Sjödin kam. Wenn die ganze Gemeinde wie ein Garten gesehen werde, liege manches im Licht und manches im Schatten, das sei verständlich. "Es ist auch einleuchtend, dass so ein Garten ein sehr empfindliches Ökosystem ist", so Grob. "Dieses System mit allen ihren Bestandteilen muss aber erst einmal verstanden werden." Ein ganzes Team (auch Freiwillige) bietet daher „Gartengespräche“ an, um Menschen kennenzulernen. Alle Parteien können hier (vielleicht) lernen, wo sie ihren Platz haben oder wo sie vielleicht einen Platz finden könnten. Die Gespräche werden von zwei Personen geführt. Eine Person spricht mit dem Gast und die andere Person macht sich Notizen. So investieren Engagierte in die Bindungsarbeit und das Gegenüber hat eine gute Erfahrung mit Kirche gemacht und echtes Interesse verspürt. Außerdem bieten diese Gespräche die Möglichkeit, dass Menschen aufblühen können und es entstehen neue Beziehungen.

Mit Vorschussvertrauen vieles ermöglichen

Grob erzählt auch davon, wie es dann weitergeht: „Für Herzensanliegen und Ideen geben wir relativ schnell grünes Licht und schicken damit auch viel Vertrauen voraus. Dieser ermöglichte Freiraum ist wie ein Motor.“ Ein Zeithorizont wird abgesteckt und die Initiativen werden reflektiert. „Wir wollen lernen und wir wollen Lernende bleiben“, ergänzt der Ermöglicher.

Die reformierte Kirche in Hirzenbach ist ein innovatives Kirchenlabor. Es sind kreative Vordenkerinnen und Vordenker auf dem Weg. Die Quartiersentwicklung und ihr Ersatzneubauprojekt im Stefansviertel sind dafür einfach ein weiteres Beispiel.

Grob Grob hat sich in unserem Neu.Land! Kamingespräch den Fragen der Teilnehmenden gestellt und kam mit uns in Gespräch. Merci dafür!



Mehr zu Grob und was ihn leitet:

  • Ein Bericht über das Ersatzneubauprojekt ist hier aufzurufen
  • Grob wurde und wird in seinem Denken geprägt von Jean-Philippe-Hagmann, Buch «Hört auf, Innovationstheater zu spielen!» eine Zusammenfassung davon steht auf seiner Website zum Download
  • Thomas Sjödin, Artikel von ihm und sein Buch «Wo du richtig bist» haben Grob zum «Gartengesprächen» motiviert.