Wohin geht man, wenn man losgeht? Kamingespräch mit Carla Böhnstedt, Pastoralreferentin für Citypastoral in Berlin-Mitte.

"Was möchten Sie tun, bevor Sie sterben?" - Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich Carla Böhnstedt seit 2017 im Rahmen ihres Projekts "Before I die" . Im Rahmen des Kunstprojektes fragt Böhnstedt Passanten nach dem Leben nach dem Tod - und es kommt an.  "Was ich möchte bevor ich sterbe ist für Menschen relevant, auch wenn sie nicht gläubig sind, es ist eine Lebensfrage", erzählt Böhnstedt, und weiter: „Es gibt dabei die sogenannten Etwassisten! Diese Menschen glauben an etwas, aber sie sind nicht sicher ob es Gott ist. Diese Menschen können wir gut erreichen.“

"Bei Apatheisten ist das schon viel schwerer, da sie in ihrer Glaubenseinstellung eher apathisch abweisenden sind", sagt Böhnstedt. Sie könnten sich zum Beispiel entschließen, an einem öffentlichen Ort stehen zu bleiben, wenn ein Straßentheater zum Abendmahl von Leonardo da Vinci als Flashmob plötzlich stattfindet. Tische werden aufgestellt, jeder Jünger nimmt seinen Platz ein, der junge Mann, der die Rolle des Jesus übernommen hat setzt sich mit ausgebreiteten Armen an den Tisch und bewegt sich dann nicht mehr. Das bewegt die zufälligen Zuschauerinnen und sie kommen ins Gespräch, über die Abendmahlszene, über Ostern, über den Gründonnerstag, über den sie sich noch nie Gedanken gemacht haben. Es klingt etwas an bei den zufälligen Zuschauer:innen. Es ist skurril und vielleicht auch verrückt und so plötzlich wie die Szene aufpoppt, ist sie auch schon wieder weg.

„Jetzt müssen wir die Köpfe hochkrempeln. Und die Ärmel natürlich auch!“, zitiert Böhnstedt den Fußballer Lukas Podolski. Und sie macht das immer gemeinsam mit anderen. Eine Idee, die zu einem Projekt oder einer Aktion wird, kann nie von ihr alleine durchgeführt werden, der erste Schritt ist, andere für die Idee zu begeistern, z. B. Vereine, Kolleginnen aus andern Religionsgemeinschaften oder Menschen von der Diakonie oder der Caritas. Erst gemeinsam kann die Idee Formen annehmen und so reifen, dass sie detaillierter wird. Wie beim paradEIS – dem himmlischen Eistruck. Da geht die Citypastoral unter die Eisverkäufer - nein Eisverschenker! „Es gibt Eissorten wie „Wagemut, Trostgold oder Aroma Amor“, die Mitarbeitenden kommen bei der Eisauswahl mit den Menschen ins Gespräch und sie erzählen, warum sie genau diese Eissorte heute gerne hätten. Die kostbaren Augenblicke, die dabei entstehen, sind nicht zu unterschätzen“, erzählt Carla Böhnstedt von ihrem Sommerprojekt.

Bei jeder Aktion und jedem Projekte ist es nicht das Ziel, die Kirchen am Sonntag wieder zu füllen, es geht darum, mit der Anwesenheit von Kirche an Orten des Alltags eine Resonanz im Leben der Menschen, der Besucher:innen, Zuseher:innen und Eisschlecker:innen auszulösen, das genügt.

The gift of not fitting in ...

... als Motor für Veränderungen in der Kirche (Zitat von Jonny Baker, Direktor der Missional Pioneer Ausbildung in Oxford). Was wir als Kirche lernen dürfen ist, Neues und Anderes wagen, das einfach nur den Kontakt als Ziel hat. Dabei lernen wir – also diejenigen die das tun - von den Passanten und das wirkt auch in uns.

„Die Menschen müssen von der Kirche erwarten dürfen, dass diese ihnen etwas anbietet, das sie unmittelbar angeht. Denn das ermöglicht Begegnungen auf Augenhöhe und ein Miteinander-und-Voneinander-lernen, bei dem jeder involviert ist und ermutigt wird, sich selber auseinanderzusetzen und seine Sicht auf „Gott und die Welt“ in den (gesellschaftlichen) Diskurs einzubringen. So kann Glaube zu einem Leben auf der Höhe der Zeit befähigen. Denn Christsein sollte dazu inspirieren, dem Geheimnis seines Lebens auf die Spur zu kommen.“ sagt Carla Böhnstedt.

Mehr über Carla Böhnstedt:
Artikel im Magazin für missionarische Pastoral