Manuela Gangl schafft, was viele in der Kirche nicht sofort vermuten würden: Platz für Ideen und Menschen, die sie umsetzen. Neu.Land!, so heißt das Projekt dazu.

Interview: Veronika Fehle

Neuland und Kirche, wie passt das zusammen?
Gangl: Das Projekt Neu.Land! ist aus dem Wissen entstanden, wie sehr die ganze kirchliche Welt im Umbruch ist. Genau das ist auch eine Qualität dieses Projekts. An vielen gegenwärtigen Trends und Bewegungen fällt auf, dass sie immer wieder auf zutiefst christlichen Werten basieren: Nächstenliebe, der Dienst am Menschen, die Schöpfung. Mit Neu.Land! knüpfen wir an diesen Bedürfnissen an und gehen an Orte, die für Menschen im Alltag Relevanz haben.

Ist Neu.Land! auch eine Reaktion auf die überschaubarer werdende Kirchengemeinde?
Gangl: Wenn man den Kirchenbesuch als Parameter nimmt, dann stellt man einen Trend fest, der so nicht nur für Vorarlberg gilt, sondern für ganz Europa. Kirche hatte lange eine sehr hohe, gesellschaftliche Relevanz. Das hat sich geändert. Die Menschen sind zwar immer noch auf der Suche nach Sinn, verbinden das aber nicht mehr automatisch mit der Kirche. Unsere Aufgabe ist es, Angebote und Orte zu schaffen, in denen sie Spiritualität erleben können in der Form, in der es für sie passt.

Für wen ist Neu.Land?
Gangl: Neuland ist im Grunde für Menschen, die sich in ihrem Verständnis von Glauben und Kirche in den Angeboten, die wir kennen, nicht mehr wohl fühlen. Neu.Land! ist aber gleichzeitig auch für Menschen, die noch gar nichts oder fast nichts mit „dem Glauben“ zu tun hatten. Und mitten drin sind dann auch noch die, die sich in ihrem bestehenden Glaubens-Umfeld schon wohl fühlen, aber auch noch eine gewisse Sehnsucht nach etwas Anderem spüren. Für alle geht es darum, dass sie die Liebe und die Nähe Gottes spüren können in der Form, in der es für sie passt.

Wo hätte mir Neu.Land! begegnen können?
Gangl: Im Sommer in den größeren Städten. An den Markttagen haben wir dort einen Stand aufgebaut und waren einfach einen Vormittag lang da. Es war erstaunlich, mit wie vielen Menschen wir so ins Gespräch gekommen sind. Genau das ist auch Neu.Land!

Ein „Ergebnis“ von Neu.Land! ist auch die Dialogbox. Was kann die?
Gangl: Für die Box haben wir Menschen gesucht, die neue Ideen für größere und kleinere Aktionen hatten, um mit vielen Menschen in Kontakt zu kommen. Da haben wir schnell gemerkt, das sind ganz schön viele. Klar, auch Corona hat uns da einen Schubser gegeben. Da musste man kreativ werden, um den Kontakt zu halten. Die kreativen Erfinder/innen haben wir gebeten, uns Ihre Ideen für die Box zur Verfügung zu stellen, damit andere das nachmachen können. Ich vergleiche die Box gerne mit einer Rezeptkartei, wie sie meine Oma hatte. Wenn sie einmal nicht wusste, was sie kochen sollte, dann hat sie einfach in dieser Kartei geblättert und jedes Mal etwas gefunden.

Ganz persönlich, warum arbeiten Sie für die Kirche?
Gangl: Eigentlich komme ich ja aus der Wirtschaft und habe erst später, vor mittlerweile 10 Jahren, zur Kirche gewechselt. Mit meinen Fähigkeiten konnte ich mich immer gut einbringen. Aber ich habe es auch sehr geschätzt, dass man mir nie gesagt hat, du „musst“ jetzt etwas Theologisches machen. Das hatte auch viel mit dem Pfarrer vor Ort zu tun, der uns Ehrenamtliche ernst genommen und uns zugehört hat. Es war ihm wichtig, dass er versteht, welches Verständnis von Theologie wir haben und dass er uns da auch weiterbringt. Ich durfte so in der Pfarre und auch in der Diözese meinen persönlichen Glaubensweg gehen und das in Verbindung mit neuen Formen von Kirche. Das war und ist spannend.

Wann wäre für Sie Neuland in Sicht?
Gangl: Neuland ist schon in Sicht. Aber es wird nie der Punkt kommen, an dem wir sagen, so, das war‘s jetzt. Neu.Land! ist ein stetiger Entwicklungsprozess, der nicht nur der katholischen Kirche gut tut. Ich glaube, dass da im Bezug auf die Formen des Glaubens in den nächsten Jahren vieles in Bewegung kommen wird. Wenn wir da jetzt nicht mitlaufen und einen Geschmack daran finden können, dass es auch anders sein kann, dann werden wir in den nächsten 15-20 Jahren noch mehr an Relevanz verlieren. Das wäre schade, denn ich durfte in diesem Glauben die Erfahrung machen, dass mich etwas in meinem Leben trägt und ich glaube, es gibt viele Menschen, die etwas trägt. Und es wäre doch schön, wenn wir die alle zusammenbringen könnten.

Mehr über das Projekt Neu.Land! und aktuelle Termine: www.kath-kirche-vorarlberg.at/neuland

Neu.Land!-Dialogbox
Die Dialogbox versammelt in sich mittlerweile über 50 Ideen und Projekte aus Pfarren, die sich leicht auch an anderen Orten umsetzen lassen.

  • Ziel der Dialogbox ist es, mit niederschwelligen Aktionen und Initiativen in Kontakt mit Menschen zu kommen.
  • Ideen und Ansätze finden Sie unter: www.kath-kirche-vorarlberg.at/dialog