Anfang Mai fand das Abschlussmodul des ersten Vorarlberger Kurses für Kirchenpionier:innen „Church in progress“ statt. 13 Teilnehmende präsentierten stolz ihre Neu.Land!-Projekte.

Der Kurs wurde vom Neu.Land!-Team des Pastoralamtes und vom Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast entwickelt und ausgeschrieben. Er richtete sich an Pionierpersönlichkeiten, mit einem großen Herz für diejenigen Menschen, die sich in der Kirche fremd fühlen.

Dreizehn Teilnehmende

Drei Teilnehmende aus St. Gallen und zehn aus Vorarlberg waren neugierig und ließen sich auf das Experiment ein. Sie entwickelten und realisierten ein konkretes Projekt, im dem sich eine neue Form von „Kirche-sein“ zeigt, und das Menschen berührt, die in der Kirche nicht zuhause sind. Unterstützt wurden sie dabei in drei Kursblöcken von Expert:innen aus den Bereichen Innovation und Theologie und inspiriert von der Begegnung mit kirchlichen Gründungspersönlichkeiten bei der Exkursion in Zürich.

Drei Kursblöcke: Grundlage und Werkzeuge

Der Freiburger Pastoraltheologe Dr. Bernhard Spielberg eröffnete Ende Oktober 2021 den Pionierkurs im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast und bot den Teilnehmenden ein theologisches Fundament für ihre „Kirchenexperimente“ an. In einer Phase der zunehmenden Exkulturation des Christlichen in unserer Gesellschaft bietet sich auch Raum für Neuschöpfungen. Spielberg erzählte von den Erfahrungen der anglikanischen Kirche mit den „freshX“-Gemeindeneugründungen und wies darauf hin, dass die Fähigkeit zum Loslassen in diesen Zeiten überlebensnotwendig sein kann.

Die beiden Organisationsberater:innen Sandra Wohlgenannt und Georg Terlecki-Zaniewicz zeigten den Pionier:innen im November 21 und im Februar 22 Werkzeuge, mit denen auch in den innovativsten Firmen unseres Landes neue Ideen entwickelt werden. Die spezifische Fachsprache war für manche Teilnehmenden befremdend und für andere wieder besonders anregend. In den konkreten Übungen wurde der praktische Nutzen dann für alle deutlich. Besonders der Blick auf das zentrale Anliegen (das WHY) der neuen Idee und auf den konkreten Nutzen für die Zielgruppe war bei der Entwicklung der Projektideen wichtig.

Eine Exkursion: Inspiration und Vielfalt

Im März 22 besuchte die Kursgruppe vier besondere „Kirchorte“ in Zürich und wurde dabei von Nicole Bruderer, der theologischen Geschäftsführerin beim Zentrum für Kirchenentwicklung in Zürich begleitet. Neben den Aktivitäten in einer Kirche in einem Neubauviertel, einem Co-Working-Space, einem Stadtkloster und einem Kirchencafé war besonders die Begegnung mit den Gründungspersönlichkeiten inspirierend. Einen detaillierten Bericht der Reise finden Sie hier.

Zehn Projekte: Gelingen und Scheitern

Beim Abschlussmodul im Mai 22 im Bildungshaus Batschuns präsentierten die Teilnehmer:innen ihre Neu.Land!-Projekte. Mit „churching.ch“ wurde in St. Gallen eine Community von jungen Erwachsenen gestartet, die miteinander Kirche neu gestalten wollen. Die „Kinderkirche in Hohenweiler“ hat die Kleinsten im Dorf im Blick. Bei „Kids und Teens of Hope“ wurde in Weiler ein Verein gegründet, der in Partnerschaft mit Pfarre und Gemeinde Jugendlichen einen Raum für Engagement eröffnet. „Dabei si & …“ bietet Teenagern in Rankweil die Möglichkeit, selbständig und gut begleitet Begegnungen zu organisieren. Andere Projekte zeigten die soziale und politische Sendung der Kirche: wie z. B. ein neuer Kontakt zu Obdachlosen, die sich selber organisieren; die Idee eines Begegnungsraum für einsame Menschen in Koblach; ein spontanes Friedensgebet in Egg mit viel Beteiligung in der konkreten Nachbarschaft. Auch der Ostergottesdienst für Suchende und Zweifelnde „Da blüht uns was“ bekam in diesem Kurs entscheidende Impulse.

Und natürlich gab es auch Erfahrungen des Scheiterns, die im Innovationsbereich notwendig sind. Projektgruppen sind nicht zustande gekommen, Corona und anderes machten Umplanungen notwendig, Ideen haben nicht gezündet, Konflikte sind aufgetreten, der Alltag mit seinen vielfältigen Aufgaben hat die Zeit und Energie für das Neue gefressen. Wie in den sogenannten „FuckUp-Nächten“ rund um den Globus wurden auch im Abschlussmodul diese Erfahrungen geteilt und auf ihre Lernmöglichkeiten ausgewertet.

Fazit: Zum ersten und nicht zum letzten Mal

Die Rückmeldungen der Absolvent:innen des ersten Kurses für Kirchenpioniere in Vorarlberg waren so positiv, dass für 2023 ein Folgekurs geplant ist.

Theresia Abbrederis (Teilnehmerin): "Wertvoll am Kurs war für mich, mit Menschen ins Diskutieren und Visionieren zu kommen, die an einer Kirche der Zukunft mitbauen möchten. Die individuelle Begleitung bei meinem Projekt sowie der Input der Mitlernenden zusätzlich zu den Grundlagen an Wissen und Umsetzungsmöglichkeiten halfen mir, konkret ins Tun zu kommen. Die Exkursion nach Zürich war Highlight und Inspiration zugleich."

Phillip Wirth (Teilnehmer): "Für mich war der Kurs 'church in progress' Motivation zu noch mehr Innovation. Ich hatte so viele Aha-Erlebnisse, die mich bestärken, in meinem Ringen um die Zukunft der Kirche dran zu bleiben. Einige Tools habe ich bereits in der Praxis angewendet."

Thomas Berger-Holzknecht (Kursbegleiter): „Für mich war es eine große Freude und Ehre, die Kirchenpionier:innen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Kirchenträume zu begleiten. Eine besondere Ressource war – neben den tollen Referent:innen die nach Ländern, Alter und Beruf buntgemischte Kursgruppe. Ich freue mich schon auf das nächste 'church in progress'.“

Daniel Mutschlechner (Leiter des Jugend- und Bildunghauses Arbogast): „Wir haben den Pionierkurs 'church in progress' mit dem Neu.Land!-Team von Anfang an mitentwickelt, weil wir noch viele kirchlichen Orte in Vorarlberg brauchen, wo die unterschiedlichsten Menschen – so wie in Arbogast –  andocken und ein kleines Stück Heimat finden können. Auch beim nächsten Lehrgang sind wir auf jeden Fall mit dabei."