Pastoralamtsleiter Dr. Walter Schmolly zum Stand der diözesanen "Struktur- und Personalplanung 2025"

In den vergangenen Monaten ging es im Rahmen des Pastoralgesprächs „Die Wege der Pfarrgemeinden“ um die Frage, wie die Strukturen der Pfarrseelsorge bestmöglich neu organisiert werden können. Dass es so eine Neustrukturierung braucht, ist allen klar. Nicht nur weil sich abzeichnet, dass die Zahl der Priester deutlich sinken wird, sondern auch weil sich das Leben und das Religiöse stark verändert haben.

Fest steht auch: Die Strukturreform soll mehr als eine Mangelverwaltung sein. Sie soll ihr Maß nehmen am Leben und an seinen Veränderungen und am Auftrag einer Pfarrgemeinde in der heutigen Zeit.

 
Verlässlichkeit für 15 Jahre

Ziel der laufenden Struktur- und Personalplanung ist eine verlässliche Perspektive für 15 Jahre. „Was wird aus uns, wenn unser Pfarrer die Pfarre wechselt? Wenn der Pfarrer der Nachbarpfarre in Pension geht, müssen wir dann unseren Pfarrer mit der Nachbarpfarre teilen?“ Solche Fragen, die landauf, landab gestellt werden, zeigen den Wunsch nach Klarheit und nach einer längerfristigen Perspektive. Das ist auch mehr als verständlich. Pfarrliches Leben ist Beziehungs- und Gemeinschaftsleben, und das braucht Rahmenbedingungen, in denen sich auf Zukunft hin planen lässt.

Unser Ziel ist, die Strukturen in der Pfarrseelsorge jetzt so anzulegen, dass sie dann für 15 Jahre stabil bleiben können. Konkret heißt das, diese Strukturen und Rollen müssen auch noch gut funktionieren mit diözesanweit 40 Priestern weniger.

 
Strukturen, in denen man sich gut engagieren kann.

Der erste Anspruch an die Strukturen ist, dass sie allen Menschen, die bereit sind, sich für das pfarrliche Leben zu engagieren, einen stimmigen Rahmen bieten, in dem sie das einbringen können, was sie gerne tun und gut können und wofür sie Zeit und Energie haben. Das heißt dann natürlich, dass Strukturen vielfältig und recht flexibel sein müssen, denn die Menschen, ihre Charismen und zeitlichen Möglichkeiten sind sehr unterschiedlich.

Viele, die heute in den Pfarren Verantwortung tragen, machen sich Sorgen, ob es möglich sein wird, künftig noch Ehrenamtliche zu finden, die bereit sind, die vielen großen Aufgaben zu übernehmen. Die Bedenken sind natürlich verständlich und berechtigt. Aber schlussendlich steht hier ein Perspektivenwechsel an. Wir werden keine Ehrenamtlichen finden, wenn wir sie von vornherein zu ErhalterInnen unserer Systeme degradieren. Letztlich muss uns nicht die Sorge um die Erhaltung der Strukturen umtreiben, sondern wir dürfen uns freudig an dem ausrichten, was Gott schenkt – im Leben der Menschen und für die Pfarrgemeinden.

Dass es kirchliches Leben in unseren Gemeinden und Städten gibt, hat künftig immer deutlicher damit zu tun, dass es Menschen gibt, die das Geschenk des Glaubens in ihrem Leben erfahren und sich ein Stück weit „berufen“ wissen, das Ihre zum kirchlichen Leben vor Ort beizutragen: als MinistrantIn, in einem Chor, in der Eine-Welt-Gruppe, in einer diakonischen Intiative, für die Vermittlung des Evangeliums, in der Gestaltung der Liturgie, in einem Gebetskreis, in einem Gremium. Wir müssen uns nicht quälen, alles aufrecht zu erhalten, was uns heute lieb und teuer ist. Wir dürfen vertrauen, dass das, was die Menschen gerne und gut beitragen werden, mehr als genug sein wird. Die Aufgabe wird also sein, manche Strukturen loszulassen, die das Leben nicht mehr füllt, und zugleich je neu gastfreundliche und förderliche Strukturen zu entwickeln für das, was stets neu „von unten“ wächst.

 
Dem Auftrag der Kirche dienlich

Der zweite Anspruch an Strukturen ist, dass sie für die Erfüllung des Auftrags der Kirche vor Ort hilfreich und dienlich sind. Dieser Auftrag einer Pfarre ist nicht immer derselbe, er entwickelt und akzentuiert sich entlang der Veränderungen im Leben der Menschen und der Gesellschaft. Es gibt für den Auftrag der Kirche ein Hier und Heute. Die erste Hälfte des Pastoralgesprächs hat sich im Wesentlichen mit dieser Frage auseinander gesetzt und einige wesentliche Dinge entdeckt.

Zum Beispiel, dass es in einer Pfarrgemeinde immer wichtiger wird, dass dort Menschen mit der Gegenwart und dem Wirken Gottes in ihrem Leben in Kontakt kommen, dass Engagement und Spiritualität sich verbinden und dass der Weg der Pfarre sich am strukturierten Hören auf Gott und seinen Ruf ausrichtet.

Oder dass es in einer Zeit, in der die Kirche kleiner wird, ganz entscheidend ist, nicht die Sendung zu allen Menschen, mit denen wir in einer Stadt oder Gemeinde leben, aus den Augen zu verlieren. Gott hat in seiner Liebe mit jedem Menschen eine Geschichte. Eine christliche Gemeinde steht immer im Dienst all dieser Lebensgeschichten und darf nie in eine Vereinsmentalität verfallen, der es nur noch um das Wohl der eigenen Gruppe geht.

Oder dass der Dienst des Leitens in einer Pfarrgemeinde künftig ganz wesentlich im „Befähigen“ besteht, d.h. im Wahrnehmen von Begabungen, im Ermutigen von Engagement, im Entwickeln von stimmigen Strukturen für dieses Engagement, im Unterstützen und Begleiten von Gruppen, v.a. auch in der spirituellen Begleitung.

Oder dass die Gastfreundschaft in einer Pfarre ein ganz zentrales Thema ist, insbesondere auch jenen Menschen gegenüber, die sich nicht regelmäßig am gemeindlichen Leben beteiligen, sondern wie PilgerInnen in bestimmten Situationen mit dem Wunsch nach Segen und seelsorglicher und ritueller Begleitung in einer Pfarrgemeinde einkehren. Es entspricht dem Auftrag der Kirche, den Menschen fröhlich zu geben, was ihnen hilft. Wenn wir heute die Strukturen neu organisieren, dann muss das also im Blick auf diese Herausforderungen geschehen.

 
Kirche in der Stadt

Besonders spannend ist die Frage, was unter heutigen Bedingungen der konkrete Auftrag der Kirche im städtischen Raum ist, wo die mit der Moderne verbundenen Veränderungen im Leben und Lebensgefühl der Menschen noch deutlicher zutage treten als anderswo. Man darf zumindest die Vermutung haben, dass die Kirche auf diese Veränderungen auch auf der strukturellen Ebene wird reagieren müssen. Ein Aspekt wird sicher sein, dass die Stadt und das in ihr angesiedelte Leben als Ganzes und damit auch die Lebensbereiche, in denen die Kirche faktisch nicht (mehr) präsent ist, deutlicher in den Blick kommen.

 
Die nächsten Schritte

Nachdem die Beratung im Priester- und Pastoralrat Anfang November ein deutliches Votum für die Grundausrichtung des Vorhabens erbracht hat, steht nun der nächste Konkretisierungsschritt an.

Und das selbstverständlich wieder im Gespräch mit den Pfarrgemeinden ...

 

Dr. Walter Schmolly
Pastoralamtsleiter