Vorarlberg ist das erste Bundesland, in dem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Kurse zur Sexualaufklärung besuchen – verpflichtend. Eine Autorin des Magazins „biber“ sprach mit einem von ihnen über Liebe, Sex und Zärtlichkeit.

In Kabul gibt es keine „Bravo“. Und selbst wenn es sie gäbe: Viel ändern würde sie nicht. Weil sie die meisten Jugendlichen gar nicht lesen könnten – die Alphabetisierungsrate in Afghanistan liegt bei gerade einmal 36 Prozent. Weil die entscheidenden Seiten schnell überblättert würden, schamesroten Kopfes. Weil das mit der Jugend und der Sexualität und der Religion eben alles nicht so einfach ist.

Ein großes Tabu

Das hat auch Delna Antia gelernt, eine Autorin des multikulturellen Magazins „biber“, die mit Faruk, einem jungen Afghanen, genau über diese Themen gesprochen hat. Faruk lebt mit 28 anderen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus Afghanistan im Haus Jonas in Lauterach – und gehört zu den ersten, die dort an einem sexualpädagogische Workshop teilgenommen hat. Initiiert und organisiert wurde dieser Aufklärungsunterricht von der Flüchtlingshilfe der Caritas Vorarlberg – Teilnahme verpflichtend. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich der Wissensstand der Jugendlichen zu diesem Thema bei null befindet“, erklärt Koordinatorin Cornelia Neuhauser. „Es gibt kaum bis gar kein Bewusstsein über die eigene Geschlechtlichkeit und die eigene Anatomie. Ein über alle Maßen tabuisiertes Thema in dieser Zielgruppe, ein Tabu, das uns gelingen muss zu durchbrechen, wollen wir die Integration erfolgreich bewältigen!“

R.E.S.P.E.C.T.

Man fängt ganz klein an: Mit Fragen – ob Selbstbefriedigung blind macht zum Beispiel, woran man eine „Jungfrau“ erkennt, wie überhaupt ein Kind entsteht. Es in den Workshops um Verhütung und Geschlechtskrankheiten, um die Art und Weise, wie man Frauen begegnet, sie anschaut, mit ihnen spricht, um Homosexualität.

Ein Credo der Kurse sei, „vergleichen und gegenüberzustellen“, d. h. wechselseitig zur Kenntnis zu nehmen, dass Gesetze, Kultur und Praxis in der alten und neuen Heimat anders sind, dass es den Status Quo in Österreich aber zu respektieren gilt.

Zum Weiterlesen

Was Faruk aus dem Kurs mitnimmt und wie es ihm und seinen Mitbewohnern geht, wenn sie am Bodensee Mädchen im Bikini begegnen, ist auf www.dasbiber.at zu lesen.

Einen Bericht über ein ähnliches Projekt mit Flüchtlingen in Deutschland gibt es unter www.zeit.de.